In der heutigen Runde 4 der Schachbundesliga gab es einige erwartbare Kantersiege zu verzeichnen. Werder Bremen gelangen mit 7.5 die meisten Brettpunkte, lediglich ein einziges Remis konnte sich der Aufsteiger Norderstedt erkämpfen. Dass diese Begegnung für Norderstedt unter keinem guten Stern stand, deutete sich früh an: Lawrence Trent unterlief am Spitzenbrett ein haarsträubender Fehler und er musste bereits nach 15 Zügen die Niederlage eingestehen.
Immerhein drei Remis erspielten sich die wackeren Amateure vom FC Bayern München. Ihre Gegner aus Baden Baden brachten im Schnitt um die 250 Elopunkte mehr auf die Waage. Für Baden Baden kann der Saisonstart nach vier Runden als gelungen bezeichnet werden: 8-0 Punkte und 24 Brettpunkte bedeuten die Tabellenführung für den Meister, ihnen punktgleich auf den Sohlen ist lediglich Solingen. Weiterhin sehr ambitioniert tritt der Aufsteiger der 2. Liga Süd, Deizisau, auf. Gegen den Vizemeister Hockenheim entschieden sie die hochkarätigste Begegnung des Tages mit 4.5-3.5 für sich. Entschieden wurde die Begegnung an den hinteren drei Brettern: Für Deizisau punkteten Alexander Graf (Brett 6) und Rustem Dautov (Brett 7), für Hockenheim lediglich Arik Braun (Brett 8) voll.
Ebenso zu einem hohen Sieg kam der Meister der Saison 2015/16, die SG Solingen. Während man sich am Samstag noch sehr hart mit den widerspenstigen Berlinern tat - mehr dazu im Nachtrag weiter unten -, wurde Dresden heute mit 6.5-1.5 abgestraft. Schön, da so klassisch, das Ende der Partie zwischen Hans Moehn und Predag Nikolic:
Überraschend knapp fiel das Ergebnis zwischen Schwäbisch Hall und Hofheim aus. Die haushohen Favoriten aus Schwäbisch Hall hatten in Form von Li Chao und Maxime Matlakov immerhin zwei Topstars aufgeboten, dennoch stand es am Ende nur 4.5-3.5. Dies lag auch daran, dass der deutsche Nachwuchsspieler Thore Perske (2443 Elo) den russischen Nationalspieler und amtierenden Europameister Matlakov bezwingen konnte. Besonders sehenswert war Perskes positionelles Qualitätsopfer im Mittelspiel.
Perske entschied sich hier für das interessante Opfer 18.Txf5!-exf5 19.e6, wonach der schwarze Läufer auf g7 vollständig begraben lag.
The Art of the Positional Exchange Sacrifice
Positionelle Qualitätsopfer gehören zu den wichtigsten und faszinierendsten strategischen Waffen im Schach. Auf dieser DVD erläutert Sergey Tiviakov, warum das positionelle Qualitätsopfer eine so starke Waffe ist und wie man es einsetzt.
Mehr...
Hofheim ging unterm Strich zwar leer aus, der Aufsteiger zeigte allerdings Zähne. Zufrieden mit der Leistung konnten auch die SF Berlin sein. Trotz der Niederlage gegen DJK Aachen, hatte man lange gut mithalten können - und das trotz einer bemerkenswert schwachen Aufstellung. Dennoch, 0-4 Punkte an diesem Wochenende bleiben unterm Strich stehen. Im Dezember wartet Baden Baden, da wird es nicht einfacher.
Einen Saisonstart zum Davonlaufen hat der Hamburger SK zu verzeichnen. Nur ein Punkt gegen das Pärchen Dresden/Berlin und nun zwei Niederlagen gegen Bremen und Mühlheim. Auf die Tabelle blickt man in der Hansestadt zur Zeit mit Unbehagen: 1-7 Punkte bedeuten einen Abstiegsplatz. Ebenso im Tabellenkeller befindet sich der MSA Zugzwang München. Gegen eine stark angetretene Mannschaft aus Speyer gab es heute nichts zu holen.
Tabelle nach 4 Runden:
Alle Partien der 4. Runde:
Was tun, wenn in Zeitnot das Licht ausgeht? Ein Nachtrag zur 3. Runde in Aachen
Mein Kollege Klaus Besenthal hatte hier ja gestern bereits den knappen Sieg der Solinger Favoriten gegen die schwach angetretenen Schachfreunde aus Berlin sowie das gerechte 4-4 zwischen Gastgeber und Aachen und USV TU Dresden gemeldet. Da ich selbst in Aachen zugegen war, erlaube ich es mir, hier noch einen kurzen - und bitte nicht allzu ernst zu nehmenden - Nachtrag zu liefern.
Licht und Schatten - oder genauer gesagt "Licht und Dunkelheit" - gab es im Kampf zwischen Solingen und den SF Berlin zu sehen. Oder noch genauer gesagt, manchmal gab es auch fast nichts zu sehen, als Spieler fühlte man sich im ein oder anderen Moment an ein Blindschach Event erinnert. Grund für die immer wieder einkehrende Finsterheit im Aachener Spiellokal waren die denkbar ungünstig platzierten Lichtschalter. Als erstes tappte der Solinger Teamchef Herbert Scheidt in die Falle. Das Licht ging kurz aus, Dunkelheit kehrte ein - doch alles in allem konnte dieser erste Zwischenfall noch als relativ unproblematisch bewertet werden, schließlich spendeten die zahlreichen Fenster noch genug Tageslicht - was sich im Laufe des Nachmittag noch ändern sollte. Dennoch, ein frühes Ausrufezeichen der Solinger, die mit 1-0 durch Scheidt in Führung gehen. Auf den Brettern befindet sich bis dahin noch alles im Gleichgewicht, größere wie kleinere Eröffnungskatastrophen blieben aus, das Duell am Spitzenbrett zwischen Alexander Mista (SF Berlin) und Pentala Harikrishna (SG Solingen) nimmt allerdings Fahrt auf, ein weißer Königsangriff zieht herauf. In der Lichtschalterwertung schaffen die Schachfreunde aus Berlin dann nicht nur den Ausgleich durch Ilja Schneider, sondern gehen gar in Führung. Protagonist abermals Ilja.
Mein persönlicher Held der 3. Runde: Ilja Schneider von den SF Berlin
Er schafft es zuerst, eines der beiden Lichter auszuschalten, der Versuch, es wieder anzubekommen geht jedoch nach hinten los, sodass auch das andere Licht noch ausgeht. Ilja probiert und probiert, doch es mag nicht recht klappen. Schließlich ein resignierendes "Ich bekomme es nicht hin" von Seiten Iljas, am Ende klappt es dann doch. Dennoch, 2-1 für die Schachfreunde, damit hatte wirklich keiner gerechnet! Doch Solingen wäre nicht Solingen, wenn es sich nicht schnell von diesem Rückschlag aufrappeln könnte. Als die Zeitnot heraufnaht, fasst sich Herbert Scheidt abermals ein Herz und erzielt das 2-2, es geht wirklich spannend zu in Aachen! Mitten in der Zeitnot dann die Entscheidung, Scheidt macht den Hattrick komplett! Es ist mittlerweile nach 17:30 Uhr, draußen ist es stockfinster!
Der Schock, den Kampf nach Führung wieder aus der Hand gegeben zu haben, sitzt bei den Berlinern tief. Lange hoffen die Schachfreunde noch, zumindest auf den mittlerweile zum Nebenschauplatz verkommenen Kampf an den Brettern ein Unentschieden zu erzielen. Doch Solingen zeigt sich auch hier als das abgebrühtere Team. Das Endsresultat von 4.5-3.5 geht wohl so in Ordnung, Matchwinner Alexander Naumann ist jedoch alles andere als zufrieden. Erst die knappe Kiste gegen die Bayern in Runde 2, nun musste der Meister der vorletzten Saison auch gegen schwach angetretene Schachfreunde aus Berlin bis zum Schluss zittern. Bekanntermaßen springt das gute Pferd jedoch nur so hoch es muss.
Eine geputzte Brille für klare Sicht - doch was tun, wenn das Licht ausgeht?
Turnierseite