Untergrombach-Open im Zeichen eines Supertalents

von Manfred Menacher
10.01.2022 – Das 38. Open des SC Untergrombach ist am Samstag nach sieben Runden mit dem Sieg der jungen Niederländerin Eline Roebers zu Ende gegangen. Als einzige Spielerin hatte die 15-jährige letztlich einen Score von 6,5 Punkten vorzuweisen - sämtliche Titelträger unter den Teilnehmern hatte sie damit hinter sich gelassen. Manfred Menacher berichtet.

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Das 38. Schachopen in Untergrombach war in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Turnier. Es verlangte den umtriebigen und hervorragenden Organisatoren eine Menge ab. Monate vorher musste man mit den Planungen starten obwohl das Damoklesschwert einer behördlich angeordneten Absage aufgrund der Coronapandemie ständig über dem Turnier schwebte. Man machte sich daran, allen voran der gelassene und stets freundliche Turnierleiter Ralf Toth, allen Gegebenheiten gerecht zu werden zum Wohle der Turnierteilnehmer. Alle Genesenen und Geimpften erhielten Ausweise mit Namen und Verein. Die Geboosterten mussten keinen weiteren Test vorweisen. Es herrschte die 2G+-Regel für alle anderen. Es gab aufgrund der Auflagen und anderer Gründe ein paar wenige Absagen kurz vor dem Turnier, aber dennoch konnten die Veranstalter eine stolze Zahl von 188 Teilnehmern begrüßen, 135 davon im A-Turnier. Für das leibliche Wohl wurde bestens gesorgt und Konditoreien können sich eine Scheibe bei der ungeheuren Schlemmerauswahl an Kuchen und Torten beim Küchenteam abschneiden.

Großer Favorit war GM Vyacheslav Ikonnikov, der nicht nur der einzige Großmeister im Feld war, sondern auch der Rekordsieger des Turniers mit 5 vorzuweisenden Erfolgen. Bei der Durchsicht des Teilnehmerfeldes im Vorfeld des Turniers stieß ich auf den Namen Eline Roebers, einem Riesentalent aus den Niederlanden, das in den letzten Monaten für Furore gesorgt hatte.

Die 15-Jährige schaltete im Mai 2021 mit ihren damals noch 2066 Elo den griechischen Großmeister  Athanasios Mastrovasilis (2521) beim European Qualifier mit 3:2 aus. Dann gab es bemerkenswerte Erfolge bei Open. So gewann sie die offene belgische Meisterschaft, das Brugse-Masters, vor etlichen Titelträgern.

Im November bezwang sie dann viele international namhafte Spielerinnen bei der Team-EM der Damen in Gibraltar wie etwa IM Iuliya Osmak, WGM Olga Dolzhikova, IM Corina-Isabela Peptan, WIM Inna Agrest, IM Elena Sedina und IM Gulnar Mammadova. In einem halben Jahr gewann sie atemberaubende 300 Elopunkte hinzu und wie könnte es anders sein, ein Ende ist nicht in Sicht bei ihrem Alter.

Da ich endlich nach Jahren auch mal wieder Zeit hatte ein Turnier zu spielen meldete ich mich an und war sehr gespannt auf meine Leistung und auf die von Eline Roebers. Ich ahnte noch nicht, dass fast alle Kontrahenten und ich selbst Opfer Roeberscher Dynamik und Rechenkraft werden sollten.

Gespielt wurde in der Bundschuhhalle, die einen räumlich großzügigen Veranstaltungsraum bot. Das Turnier startete wie viele andere mit Überraschungen in den ersten drei Runden.  IM Chernov verlor bereits in Runde 1 gegen Joscha Schmitt-Schott, GM Ikonnikov musste gegen den Niederländer Sasa Albers ein Remis abgeben und Lara Schulze erlebte eine Zeitnottragödie gegen den gewieften Taktiker Manuel Pietzsch aus Leipzig. Sie überschritt im 39. Zug die Zeit.

In Runde 4 gab es dann die ersten direkten Duelle spielstarker Teilnehmer mit Chancen auf den Turniersieg. Schulze-Bezwinger Pietzsch knöpfte Eline Roebers mit aktivem Spiel ein Remis ab und ich gewann nach Mithilfe meines Gegners FM Oliver Stork (Deutscher U-18-Meister) im Turmendspiel.

In Runde 5 erzielte ich einen weiteren glücklichen Sieg über FM Armin Farmani Anosheh als ich alles auf eine Karte gesetzt hatte und GM Ikonnikov kam gegen FM Benedikt Dauner nicht über ein Remis hinaus, aber Eline Roebers schlug Lukas Schimnatkowski überzeugend, sodass sich folgendes Tabellenbild ergab:

Die letzten beiden Runden standen dann ganz im Zeichen von Eline Roebers. Sie wählte gegen meinen Paulsen-Sizilianer Marke Eigenbau die optimale Aufstellung. Sie schien durch nichts zu überraschen zu sein und weiß einfach, wo die Figuren hingehören. Ich war chancenlos, hatte aber auch keinen guten Tag erwischt. Roebers hatte damit die Tabellenführung mit 5,5 Punkten erklommen und GM Ikonnikov, FM Stork, FM Cofmann zogen mit mir gleich und hatten ebenfalls 5 Punkte. Die letzte Runde versprach maximale Spannung, denn wenn Roebers nicht gewinnen sollte, aber ich gewinnen kann, dann bin ich aufgrund des besten Gegnerschnitts Turniersieger. Leider kam es anders.

Ikonnikov und Roebers lieferten sich ein tolles wechselhaftes Duell mit beiseitigen Chancen und Fehlern. Der Großmeister griff in Gewinnstellung und Zeitnot dramatisch fehl und Roebers gewann auch dieses Duell zum großartigen Triumph mit 6,5 Punkten.

 

Ikonnikov gegen Roebers

Ich hatte gegen FM Cofmann die Eröffnung sehr gut gespielt und mein Gegner eigentlich keine Kompensation, aber ich spielte ungenau und das führt gegen das Wolgagambit oft zu Schwierigkeiten. Mit einem brillanten taktischen Schlag, den ich völlig übersehen hatte, musste ich mich auch in der letzten Runde meinem Schicksal fügen und aufgeben.

Menacher gegen Cofmann

FM Oliver Stork sicherte sich mit einem starken Schwarzsieg gegen Benedikt Dauner den zweiten Platz.

Oliver Stork

Eline Roebers ist die erste weibliche und natürlich die jüngste Turniersiegerin in der Geschichte des Opens.

Für die "tragischen" Figuren Ikonnikov und Menacher (meine Wenigkeit) blieben nur die geldpreislosen Plätze 9 und 8.

Abschlusstabelle nach 7 Runden

Auch das B-Open sollte Erwähnung finden. Dort gab es in Runde 5 die unglaubliche und einzigartige Spitzenpaarung zischen dem 10-Jährigen Bayastan Sydykov und dem 7-Jährigen Yunqi Li. Der Kirgise Sydykov gewann das Turnier mit 6 Punkten - großartig!

Es war ein tolles Turnier mit wunderbaren Organisatoren, das man nur weiterempfehlen kann.

In Eline Roebers haben wir vermutlich eine künftige Frauen-Top-Ten-Spielerin erleben dürfen. Man kann gespannt sein welche Elo-Sphären dieses Supertalent noch erreichen wird.

 

Meldung auf der Seite des SC Untergrombach


1965 in Deggendorf geboren. Hat im Alter von 17 Jahren zum ersten Mal einen Schachverein besucht. Seine größten Erfolge waren der Gewinn der bayerischen Meisterschaft 1993, 1994 und 1997 und 1999 der Turniersieg beim Internationalen Offenen Schachturnier (OIS) in München. Manfred Menacher spielt jetzt SC Bavaria Regensburg von 1881.

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