Viele Gewinner in Erfurt

von Fiona Sieber
07.08.2017 – Die deutschen Frauen bewiesen beim Erfurter Frauenschachfestival gegenüber den internationalen Gästen große Gastfreundlichkeit, meinte Fiona Sieber in ihrem Abschlussbericht. Nur Elisabeth Pähtz machte eine Ausnahme und gewann ihr Match gegen Alexandra Kosteniuk souverän. (Foto: Klaus Steffan)

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Erfurt: Hochburg des Frauenschachs

Nach dem Erfolg des 1. Internationalen Erfurter Frauenschachfestival vor drei Jahren folgte nun die erweiterte Neuauflage. Im Rahmen dieses Festivals fanden sechs Frauenturniere mit 140 Teilnehmerinnen statt, von denen einige sogar an zwei Turnieren teilnahmen. Bei aktuell weniger als 6% Frauenquote im DSB stellt das eine beachtliche Konzentration von Frauenpower in Thüringens Landeshauptstadt dar. Die Bandbreite reichte dabei von der (noch) elolosen Spielerin bis zur Großmeisterin. Dieses Frauenschachfestival ist einzigartig in Deutschland. Gespielt wurde wieder im 17. Stock des Radisson-Blu Hotels mit einem atemberaubenden Blick über die Erfurter Altstadt.

Das Festival fand seinen Auftakt mit der neunrundigen Deutschen Schnellschach Einzelmeisterschaft der Frauen: Hier machte die Lokalmatadorin Elisabeth Pähtz gleich auf sich aufmerksam und gewann den Titel souverän mit zwei Punkten Vorsprung. Vizemeisterin wurde Marta Michna.

Im Anschluss fanden drei Turniere parallel statt: Das "Ladies Champions Match", das "Young Masters" und das "Women‘s Open".

Im Ladies Champions Match lieferten sich die beiden Ex-Weltmeisterinnen Alexandra Kosteniuk und Elisabeth Pähtz ein spannendes Duell. Chessbase berichtete bereits am 01. und 03.08. Daher hier nur kurz zum abschließenden achtrundigen Blitzschachduell. Hier herrschte nach fünf Partien noch Gleichstand, aber durch Siege in den zwei folgenden Runden gelang es Kosteniuk, den Blitzschachteil für sich zu entscheiden.

Da die Punkte aus dem Blitzschach aber nur mit 50% gewichtet werden, reichte das in der Gesamtrechnung der 66 ELO-Punkte stärkeren Alexandra nicht mehr, ihren Punkterückstand aus dem Lang- und Schnellschach auszugleichen. Nicht nur viele Zuschauer, sondern auch Elisabeth selbst war über ihren Gesamtsieg sichtlich überrascht!

 



Alexandra Kosteniuk (links) und Elisabeth Pähtz bei der Eröffnungsveranstaltung. (Foto von Klaus Steffan)

So spielt man Sizilianisch!

Auf dieser DVD stelle ich die wichtigsten Systeme der Sizilianischen Verteidigung vor. Anhand eigener Partien zeigt Elisabeth Pähtz, was die typischen Pläne und Strategien sind und welche taktischen Motive eine Rolle spielen.

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Young Masters

Das Ziel des neunrundigen "Young Masters" ist es, Nachwuchsspielerinnen starke Gegnerinnen zu bieten und das Erzielen von Normen zu ermöglichen. Das erstere ist geglückt, das letztere leider nicht so ganz. Der Turniersiegerin Marina Brunello gelang eine IM-Norm, die sie aber nicht mehr benötigt. Auch Fiona Sieber gelang eine WIM-Norm, die ebenfalls gegenstandslos ist, da ein entsprechender Antrag bereits der FIDE vorliegt. Eine erfolgreiche Norm gelang dennoch im Young Masters - und zwar Daniel Wanzek, obwohl er nicht einmal mitspielte. Als Schiedsrichter errang er eine begehrte Norm zum International Arbiter.

Nicht nur dem König, sondern auch der Dame darf ein Regenschirm im Endspiel nicht fehlen! Die Teilnehmerinnen des Young Masters bei der Eröffnungsveranstaltung: (von links nach rechts) Teodora Rogozenco, Jana Schneider, Filiz Osmanodja, Fiona Sieber, Atousa Pourkashiyan, Bahnchef Dr. Richard Lutz, Josefine Heinemann, Sarah Hoolt, Irina Bulmaga, Karina Szczepkowska, Marina Brunello, Klaus Deventer vom DSB (Foto von Klaus Steffan)

Mit Ausnahme des zweitletzten Tages wurden jeweils zwei Runden pro Tag gespielt. Um jedes Ergebnis und jeden halben Punkt wurde hart gekämpft. Die Remis-Quote liegt bei lediglich 26% und auch diese Partien waren meist ausgekämpft. Zum Vergleich: beim German Masters der Herren in Dresden lag die Remisquote bei über 60%!

Die Endplatzierungen dieses Turniers sind ein Beispiel für wahre Gastfreundschaft: Die deutschen Teilnehmerinnen haben allen ihren ausländischen Konkurrentinnen bei den vorderen Plätzen höflicherweise den Vortritt gelassen! Die sehr stark spielende Italienerin Marina Brunello konnte sich mit einem schnellen Remis in der letzten Runde den 1. Platz und damit stolze 1.400€ Preisgeld sichern. Beste deutsche Teilnehmerin wurde Josefine Heinemann auf Platz 5.

Endstand

Rg. Name  Wtg1 
1 Brunello Marina 7,0
2 Bulmaga Irina 6,5
3 Szczepkowska Karina 6,0
4 Pourkashiyan Atousa 5,5
5 Heinemann Josefine 5,0
6 Sieber Fiona 4,5
  Hoolt Sarah 4,5
8 Schneider Jana 3,0
9 Osmanodja Filiz 2,5
10 Rogozenco Teodora 0,5

 

Die Sieger des Young Masters vor Sponsorenplakaten: (von links nach rechts) Marina Brunello (Platz 1), Irina Bulmaga (Platz 2), Karina Szczepkowska (Platz 3) (Foto von Klaus Steffan)

Irina Bulmaga wird von ihrer Gegnerin (Jana Schneider) mit dem Läuferspiel überrascht. (Foto von Klaus Steffan)

Bei Filiz Osmanodja (links) brachte die Geheimwaffe Läuferspiel zumindest einen halben Punkt gegen Atousa Pourkashiyan (rechts) ein. (Foto von Klaus Steffan)

 

Das Women‘s Open

Im Women‘s Open duellierten sich 58 Teilnehmerinnen aus 14 Nationen. Nur knapp über die Hälfte der Spielerinnen kamen aus Deutschland. Wer jetzt denkt, so ein Frauenturnier sei schlecht besetzt, der täuscht sich gewaltig: 38% der Teilnehmerinnen waren Titelträgerinnen und die ELO von 16 Spielerinnen überstieg die 2200!

In der ersten Runde konnte die Favoritin Subbaraman Vijayalakshmi aus Indien (links) in einer interessanten Partie die Deutsche Meisterin der U12, Antonia Ziegenfuß (rechts) besiegen. Ironischerweise verlor Subbaraman die letzten vier Runden und landete im Endeffekt direkt hinter Antonia auf Platz 16. (Foto von Klaus Steffan)

Bildunterschrift: Die Siegerinnen des Women’s Open: (von links nach rechts) Bahkti Kulkarni (2. Platz), Mihaela Sandu (1. Platz), Judith Fuchs (3. Platz) (Foto von Klaus Steffan)

Auch in diesem Turnier zeigte sich die vorbildliche deutsche Gastfreundschaft in der Endtabelle.

Endstand

Rg. Name  Wtg1 
1 Sandu Mihaela 7,5
2 Kulkarni Bhakti 7,0
3 Fuchs Judith 7,0
4 Rapport Jovana 6,5
5 Khomeriki Nino 6,5
6 Harazinska Ewa 6,5
7 Doluhanova Evgeniya 6,0
8 Hejazipour Mitra 6,0
9 Majdan Joanna 6,0
10 Krumina Linda 6,0
11 Havlikova Kristyna 5,5
12 Olsarova Karolina 5,5
13 Frayna Janelle Mae 5,5
14 Sazonova Elena N. 5,5
15 Ziegenfuss Antonia 5,5
16 Vijayalakshmi Subbaraman 5,0
17 Patil Mitali Madhukar 5,0
18 Muetsch Annmarie 5,0
19 Limanovska Elizabete 5,0
20 Sazonova Anastasia 5,0
21 Miturova Magdalena 5,0
22 Birkholz Olga 5,0
23 Harazinska Magdalena 5,0
24 Koehler Inken 5,0
25 Vanduyfhuys Daria 5,0
26 Dellert Lena 5,0

... 58 Spielerinnen

Deutsche Blitzschachmeisterschaft der Frauen und Mädchen Grand Prix

Abschließend fanden noch bis zum 06. August die Deutsche Meisterschaft der Frauen im Blitzschach und das Finale des Mädchen Grand Prix statt.

An der Deutschen Meisterschaft im Blitzschach nahmen 26 Spielerinnen teil, die doppelrundig gegeneinander antreten. Nach einem starken Auftakt am ersten Tag begann Elisabeth Pähtz den zweiten Tag mit einem klassischen Fehlstart und nur einem Punkt aus den ersten drei Runden. Das Turnier wurde dadurch wieder spannend. Elisabeth fand aber zurück in die Spur und gab in den folgenden 22 Runden nur noch 1,5 Punkte ab. Damit konnte sie ihren Titel knapp, aber erfolgreich verteidigen. Vizemeisterin wurde genau wie beim Schnellschach Marta Michna.

Endstand nach 50 Runden

Rg. Name  Wtg1 
1 Pähtz Elisabeth 44,5
2 Michna Marta 44,0
3 Fuchs Judith 39,0
4 Mütsch Annmarie 38,5
5 Hoolt Sarah 38,0
6 Osmanodja Filiz 37,0
7 Mader Manuela 33,0
8 Dämering Katrin 30,5
9 Rath Alina 30,5
10 Kunze Kerstin 27,0
11 Frank Michelle Viviane 26,5
12 Hegeler Anja 26,5
13 Erbs Susan 25,0
14 Schmidt Andrea 23,5
15 Leib Britta 22,0
16 Birkholz Olga 22,0
17 Aden Dagmar 21,0
18 Silz Elisa 21,0
19 Ziegenfuß Antonia 17,5
20 V.D. Weth-V. Nordheim Petra 17,0
21 Kluge Heidemarie 16,5
22 Zimmer Elke 15,0
23 Kinzel Tiffany 11,0
24 Kube Hannelore 9,0
25 Schott Maria 8,0
26 Mader Lena 6,5
 


Das letzte und jüngste Turnier ist der Mädchen Grand Prix. Wenn Sie den Mädchen Grand Prix noch nicht kennen, ist das nicht überraschend, denn dieses Turnier existiert erst seit 2015. Auf regionalen Vorturnieren qualifizieren sich jeweils die drei Bestplatzierten in verschiedenen Altersklassen für die gemeinsame Endrunde. Eine schöne Maßnahme für die Mädchenförderung im Breitenschach! Nach fünf Runden standen die Gewinnerinnen fest: Anastasia Erofeev von Werder Bremen vor Elisa Reuter von Empor Erfurt.

Endstand Mädchen Grand Prix

                                             

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Erofeev Anastasia 4,5 15,0
2 Reuter Elisa 3,5 15,0
3 Habersetzer Elyse 3,5 14,0
4 Roncea Andrea-Alexandra 3,5 14,0
5 Alferova Ekaterina 3,5 13,5
6 Ziegenfuss Larissa 3,5 13,5
7 Lorenz Anouk 3,0 16,5
8 Tornay Haizea 3,0 13,0
9 Mundt Alexandra 3,0 13,0
10 Petzold Annika 3,0 12,5
11 Adelmeyer Nelly 2,5 12,0
12 Evering Enna 2,5 10,0
13 Evering Kira 2,0 14,0
14 Buchholz Maja 2,0 12,0
15 Lorenz Keana 2,0 12,0
16 Cwiklinski Lena 2,0 10,5
17 Alferova Emily 2,0 9,0
18 Goetz Fenja 1,5 12,5
19 Komp Mona Philine 1,5 12,0
20 Juenk Ellen 1,5 11,5
21 Cwiklinski Katja 1,0 9,5
22 Irrgang Natascha 0,5 10,0

Der Vollständigkeit halber hier auch noch einmal das Endergebnis der Deutschen Frauen- Schnelllschachmeisterschaft, mit der das Festival eröffnet wurde:

Endstand Deutsche Schnellschachmeisterschaft

Rg. Name  Wtg1 
1 Paehtz Elisabeth 8,5
2 Michna Marta 6,5
3 Rath Alina 6,0
4 Mader Manuela 5,5
5 Hess Olena 5,5
6 Fuchs Judith 5,5
7 Daemering Katrin 5,5
8 Zahn Alina 5,5
9 Muetsch Annmarie 5,0
10 Rogozenco Teodora 5,0
11 Osmanodja Filiz 4,5
12 Ries Jutta 4,5
13 Birkholz Olga 4,5
14 Zimmer Elke 4,5
15 Ganser Ganokorn 4,0
16 Zschischang Marine 4,0
17 Perez Celis Alba 4,0
18 Mader Lena 4,0
19 Kinzel Tiffany 3,0
20 Bachmann Sylvia 2,5
21 Yueksel Anja 1,0
22 Mueller Sophie Charlotte 0,0
 


Erfurt bot in den letzten Tagen nicht nur verschiedene Frauenschachturniere, es war wirklich ein "Schachfestival" im besten Sinne des Wortes. Die Spielbedingungen waren erstklassig, die Organisation reibungslos und die Atmosphäre familiär. Die Partien wurden live ins Internet übertragen und kommentiert. Dem Organisationsteam unter Leitung von Thomas Pähtz gelang auch die Aktivierung von Sponsoren, ohne die solche Events nicht möglich wären. Diese waren zum Teil sogar persönlich anwesend und wussten Marketing auf kreative Art zu betreiben. Um für nachhaltige Planung bei der Stromgewinnung zu werben, machte sich UKA sogar die Mühe, ein Modellwindrad im Spielsaal aufzustellen und die Deutsche Bahn AG verteilte Werbegeschenken mit Slogans wie ,,RolltBeiMir“ an Nachwuchstalente.

Auch an Veranstaltungen für die Öffentlichkeit hatte das Organisationsteam gedacht. Im naheliegenden Shoppingzentrum Anger 1 gab es für Kinder Schachunterricht und ein Schnellschachturnier mit attraktiven Preisen. Elisabeth und Alexandra luden zu einer Autogrammstunde ein und den Zuschauern wurde ein sehenswertes Blitzturnier mit Livekommentaren geboten.

Das Schnellschachturnier im Einkaufszentrum konnte auch den einen oder anderen Passanten für unseren Sport begeistern. (Foto von Klaus Steffan)

Zum Abschluss ein herzlicher Dank an Klaus Steffan, der nicht nur die umfangreiche und stets aktuelle Internet-Site des Turniers betreute, sondern mir auch freundlicherweise die Nutzung seines Bildmaterials für diesen Bericht gestattete.


Turnierseite Erfurter Frauenschachfestival...

Ergebnisse bei Chess-results...

 


Fiona Sieber (Jahrgang 2000) spielt seit ihrem 7. Lebensjahr Schach. Von 2013-15 war sie Deutsche Meisterin ihrer Altersklasse. 2015 erreichte sie den 4. Platz bei der WM und 2016 wurde sie Europameisterin in der U16w. Bereits fünfmal wurde sie bei der Deutschen Schachjugend zur "Schachspielerin des Jahres" gewählt. Fiona ist einer der jüngsten C-Trainer des DSB und spielt in der Frauenbundesliga am ersten Brett für den SK Lehrte. Sie gehört seit 2016 zum C-Kader des Deutschen Schachbundes.

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