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"Komm Vlasty, lass dich nicht hängen und mach mit!" Ich hörte diesmal aufmerksam zu. Warum? Bodo Schmid kenne ich seit meiner Spieler- und Trainertätigkeit in Porz. Mein früherer Mannschaftskollege ist hart, aber fair. Er versuchte eine starke Seniorenmannschaft für den Wettkampf in Radebeul zusammenzustellen mit Robert und mir. Ja, das wäre es gewesen und ich glaube, dass Germany 1 in der Aufstellung 1. Hübner, 2. Hort, 3. Schmid, 4. Buchal es auf das Siegerpodest hätte schaffen können. Bodo hatte seine Überredungsnetze sehr weit ausgeworfen. Er und ich kennen uns schon seit 40 Jahren, Bodo und Robert scih sogar noch länger. Soweit unser Schach-Dreieck. Robert und Vlasty? Unsere ersten zwei Partien hatten wir beim Länderkampf CSSR-BRD in Bamberg 1968 (Resultat 1:1) ausgetragen.
"Jetzt, in der Rente habe ich viel mehr Zeit für Schach", versuchte Bodo mir meine Teilnahme schmackhaft zu machen. Sollte ich etwas früher als geplant mit dem Seniorenschach anfangen? Es war mir bekannt, dass in diesem Wettkampf der Mannschaften die Schachsparten 50+ und 65+ existieren. Allerdings hatte ich bisher vorgehabt, erst mit 80 Jahren dort einzusteigen… Natürlich war mir klar, dass ich nicht mehr Weltmeister werden konnte.
Jedoch! Die Mannschaft Germany 1 lockte mich. Echte Schachkameradschaft, die gemeinsame Schachvergangenheit und vielleicht ein paar Jahre gemeinsame Schachzukunft waren dabei die entscheidenden Argumente in meinen Überlegungen.
Stephan Buchal kannte ich noch aus der 1. Bundesliga und von Jürgen Hackert hatte ich auch schon gehört. Ein unbeschriebenes Blatt für mich blieb nur Ulrich Schulze, unser viertes Brett. In seinem Bemühen, Robert Hübner für Germany 1 zu gewinnen, versuchte Bodo Schmid all seine Überredungskünste und alle möglichen und unmöglichen Hebel einzusetzen. Auch meine Frau Brigitte hätte sich gefreut, Robert dabei zu sehen. Die beiden führen immer angeregte Gespräche über Literatur und über alles, was es außer Schach sonst noch Interessantes gibt. Gescheitert, gescheitert. "Robert, wir alle drei respektieren deine Einstellung und Entscheidung. Wie ich Bodo kenne, wird er es in Zukunft aber immer wieder versuchen, man weiß ja nie... Ich habe mal einen blöden Spruch gehört: Man muss es immer wieder versuchen, so sagen es die Eunuchen! An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Gerhard Maiwald bedanken. Endlich mal ein Schachfunktionär nach meinem Gusto!
Der Turniersaal
Neugierig wie ein Affe, erschien ich am Tatort, dem Radisson Blu Hotel in Radebeul. All die vergessenen Erinnerungen purzelten plötzlich wieder an die Oberfläche. Wer nur geht da, außer mir, noch mit einem Stock? Es war Andreas Dückstein mit seiner Ilse. Der mehrmalige österreichische Meister besiegte bei der Schacholympiade München 1958 den amtierenden Weltmeister Michail Botvinnik. Geboren am 2. 8. 1927 in Budapest war er nun als einer der ältesten Teilnehmer mit dabei. Mit 91 Jahren immer noch dabei! Ein Schach-Phänomen!
Andreas Dückstein, re.
Seine weltmeisterliche Partie flog damals um die ganze Welt.
Aus der WDR-Fernsehsendung "Schach der Großmeister" bin ich in der Szene so bekannt wie ein bunter Hund. Immer noch werde ich auf diese beliebte Sendung angesprochen. Auch in Radebeul. Nein, leider kann ich keinem bekannten oder unbekannten Senioren erklären, warum es mit der Sendung nicht weiter ging. Auch ich bedauere das sehr.
"Schade, die Einschaltquoten waren in ganz Europa gar nicht so schlecht und es gibt genügend Schachfans, die Videos von vielen Jahrgängen wie einen Augapfel hüten."
Was soll es, die Sendung ist weg und wir sind noch da. Und morgen werden wir uns vielleicht als Gegner am Brett treffen. Meine Brigitte hat recht, wenn sie sagt: "Hic Rhodus, hic salta."
In einem Mix aus Russisch, Deutsch, Englisch kommunizieren wir jetzt miteinander. Unser erstes Treffen liegt schon lange zurück – 1961 bei der Jugendweltmeisterschaft in Den Haag. Er war damals nur begeisterter Zuschauer. Was ist Zeit, wo ist sie geblieben? Seltsamerweise konnte ich mich noch an die Partie Zuidema-Hort erinnern. Ich verlor und verpasste den Einzug ins Finale. Auch eine andere Schachbeziehung datiert aus diesem Turnier, die zu Dr. Helmut Pfleger.
Damals konnte ich mich auf das Turnier nicht richtig konzentrieren. Meine verspätete Pubertät und das Amsterdamer Rotlichtviertel waren an meinem Scheitern zweifellos mit Schuld.
Mr. Robert Bellin, ein sympathischer Gegner." Ja, einmal haben wir doch schon gespielt", da ist Bellin sich ganz sicher. "In Hastings 1975-76." "No, sorry Mister Bellin, ich kann mich daran wirklich nicht, überhaupt nicht erinnern." Nimzoindisch sollte es gewesen sein. Die Partie ist aus meinem Gedächtnis total verschwunden. Wie ein Stein, der spurlos im tiefen Meer versunken ist.
Stewart Reuben, 81 Jahre, wie schnell doch die Zeit vergeht. Eigentlich ist man immer in Zeitnot, das ganze Leben. Bei der Schacholympiade in Dresden 2008 hatten wir uns das letzte Mal gesehen. Seine aufmerksame Gastfreundschaft während meiner Auftritte in England war sehr angenehm und ist mir noch immer in guter Erinnerung. Er war es, der mich mit nach Wimbledon nahm und mich mit seinem Mathematikverständnis in die hohe Kunst des Pokerspiels einweihte. Damals lebte noch seine Mutter, die ich bei meinen Besuchen noch kennlernen durfte.
Wir fanden eine Weile, die guten alten Zeiten zu bewundern. "Nein Vlasty, ich spiele kein Poker mehr, ich bin alt geworden und kann nur Geld verlieren." "Ja, Stewart, Schach ist besser und ist kein Glücksspiel", antworte ich. Seine Spielstärke im Poker - großmeisterlich! Wir trafen uns wahrscheinlich zum ersten Mal bereits 1961 in der CSSR, als er dort mit einem Studententeam gastierte. Unsere Gesprächsthemen heute: Lieber Schach als Brexit! Wer wird der nächste FIDE-Präsident? "Hat Nigel Short überhaupt den Hauch einer Chance?", will ich wissen. Always glad to see you, Stewart!
Bei der Abreise warte ich vor dem Radisson Blu Hotel auf ein Taxi. Noch eine Begegnung. Wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesehen, jedoch etliche Partien verbucht. Mein Gegner aus dem Turnier Polanica Zdroj 1967 war schwer zu besiegen. Eine echte deutsche harte Sohle. Ein Blick reicht mir und sein sächsischer Akzent verrät ihn, es ist IM Heinz Liebert.
"Du hast, Heinz, die DDR überlebt?" " Ich konnte mich auch der roten Bestrahlung der CSSR entziehen." Schnell sind wir einig. Vor allem Gesundheit ist, was wirklich zählt. Also darauf ein Prosit, lieber Heinz.
Eine klitzekleine Anekdote zum Abschluss des ersten Teils:
Es geschah in Hamburg 1930. Am Start war auch der polnische Meister, Kazimierz Makarczyk (1901-1972), der kein Deutsch versteht. Ich fand den Begegnungsbericht in verschiedenen Literaturquellen und werde die Story deshalb absichtlich verkürzen. Sofort zur Pointe:
"Mahlzeit" - "Makarczyk", "Makarczyk"- "Mahlzeit."
Meine Partien gegen die Weltmeister
Hort stellte einige seiner Partien gegen die Weltmeister vor und weiß viel über diese großen Persönlichkeiten des Schachs zu berichten.