Dietmar Kolbus (1966-2024)

von André Schulz
24.07.2024 – Während seiner Turnierteilnahme am Meister Open beim Schachfestival Biel verstarb der Internationale Meister und Mäzen Dietmar Kolbus. Er hatte zehn Jahre lang die Bundesligamannschaft der SG Trier gesponsert und war dann mit seinem Team in die 4NCL umgezogen. Kolbus war ein großer Schachliebhaber und spielte regelmäßig bei Open mit. | Foto: Gerd Densing

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Dietmar Kolbus, (* 17. Januar in Rahden) stammte aus Rahden. Er kam Mitte der 1980er Jahre aufgrund seines Informatik-Studiums nach Trier und trat dort in die SG Trier ein, für die er Oberliga Südwest, der Oberliga Rheinland-Pfalz und der 2. Bundesliga Süd Mannschaftskämpfe bestritt. In der Oberliga Südwest erreichte Dietmar Kolbus in der Saison 2004/05 mit 9 Siegen in 9 Partien eine DWZ-Leistung von 2730.

Dietmar Kolbus arbeitete nach seinem Studium für SAP und war dann mit einer eigenen Firma finanziell erfolgreich, die für SAP Aufträge ausführte. Als Mäzen verpflichtete der begeisterte Schachliebhaber nun Großmeister für die 1. Mannschaft der SG Trier, spielte dort selber mit und brachte das Team bis in die 1. Bundesliga, wo die Mannschaft von der Saison 2007/08 bis 2016/17 an der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft teilnahm. Dietmar Kolbus engagierte sich in dieser Zeit auch intensiv im Verein und kümmerte sich vor allem um die Pressearbeit.

Nach Differenzen mit der Vereinsführung der SG Trier zog Kolbus die Mannschaft dann aber 2017 aus der Bundesliga zurück und nahm stattdessen mit einer Mannschaft in fast gleicher Besetzung an der privat organisierten Four Nations League (4NCL) in Groß Britannien teil. Dort spielte die Mannschaft als "Manx Liberty" für die Isle of Man, wo Dietmar Kolbus seit einigen Jahren seinen Wohnsitz hatte. Nach der Saison 2021/22 konnte das Team dort den Titel gewinnen. Ab 2021 war Dietmar Kolbus auch für den Verband der Isle of Man international spielberechtigt. 

In Trier war Dietmar Kolbus als sehr starke Blitzspieler bekannt. Er spielte nach dem Studium zudem bei vielen internationalen Open mit und konnte dort immer wieder Achtungserfolge erzielen. 2005 verlieh ihm die FIDE den Titel eines internationalen Meisters. Die Normen dafür hatte Kolbus schon früher erzielt, erreichte aber erst 2005 die erforderliche Mindestelozahl von 2400. Nach dem Umzug auf die Isle Of Man nahm Kolbus regelmäßig bei Turnieren auf der Insel teil und gewann 2009 die Schnellschachmeisterschaft der Isle of Man. Er spielte auch in den sehr stark besetzten Open auf der Isle of Man und erhielt einen Ausrichterfreiplatz, nachdem die Turniere als "Grand Swiss" zu einem Qualifikationsturnier für das Kandidatenturnier aufgewertet worden waren. Außerdem war Kolbus wiederholt Teilnehmer bei den Britischen Landesmeisterschaften. Dietmar Kolbus war zudem regelmäßiger Gast beim Schachfestival in Biel.

   

Dietmar Kolbus starb am 20. Juli in Biel (Schweiz), wo er am Meister Open des Schachfestivals Biel teilnahm. Er wurde 58 Jahre alt.

André Schulz


Erinnerungen von Gerd Densing

Nachruf IM Dietmar Kolbus -der geheimnisvolle Schachmäzen

Vor vielen Jahren studierte ich immer die Mannschaftsergebnisse des stärksten Schachvereins des Schachbezirks Trier, der SG Turm-Trier, später SG Trier. Die beiden „K’s“, das Duo Körholz & Kolbus bildete damals die äußerst erfolgreiche Spitze des über viele Jahre überaus erfolgreichen Oberliga-Südwest-Teams.

Danach habe ich seinen Namen etwas aus den Augen verloren. Später trat er dann als Mäzen in Erscheinung und finanzierte über mehrere Jahre die Bundesliga-Mannschaft der SG Trier. Am Rande eines Heimspiels in Trier als Zuschauer kam ich mit ihm ins Gespräch. Er war ein sehr ruhiger und bedachter Gesprächspartner für mich. Ihn umgab ein wenig eine geheimnisvolle und unnahbare Aura. Als Informatiker führte er eine eigene Firma und verfügte um genügend Geldmittel, um als Mäzen die Trierer Mannschaft zu finanzieren. Nach Differenzen mit der Trierer Vereinsführung , endete das Abenteuer „Trierer Bundesligamannschaft“ dann plötzlich. 

Was ich von der Stimmung damals mitbekam, waren seine Spieler immer sehr gerne Teil des Teams und dem Team sehr treu und zuverlässig. Dietmar Kolbus mischte sich auch nicht in den laufenden Mannschaftskampf ein. Er meinte mal zu mir, dass seine Spieler viel besser einschätzen könnten, ob/wann sie Remis machen und wann nicht. Er überließ ihnen die Verantwortung, war aber stets ein kritischer Schach-Kiebitz. Nach der Trennung von der SG Trier nahm er einige Spieler mit in ein neues Team seiner Wahlheimat, der Isle of Men (IOM), um mehrere Jahre in der 4 Nations League zu spielen. Die dortige Entwicklung habe ich nicht weiter verfolgt, aber mitbekommen, dass Dietmar Kolbus sich auf seine eigenen Schach-Aktivitäten konzentrierte und sehr viele Open spielte. Wege seines Wohnortes auf der Isle of Men hatte er die Möglichkeit, bei Grand Swiss-Turnier im Jahr 2023 dort (als Setzlistenletzter) an den Start zu gehen. Während seiner Karriere gelangen ihm immer mal wieder Überraschungscoups und Remis bzw. Siege gegen GM.

Zuletzt traf ich ihn im Februar 2023 beim Open in Island (Reykjavik). Bereits seit meiner ersten Begegnung hatte ich gelegentlich den Eindruck, dass Dietmar Kolbus aufgrund seiner Statur womöglich auch gesundheitliche, chronische Probleme haben könnte. Was möglicherweise zu seinem viel zu frühen Tod am Rande des Schachturniers 2024 in Biel am 20.07.2024 führte. Ich habe durch Zufall über einen Facebook-Eintrag von seinem Tod erfahren. Der englischsprachige Wikipediaeintrag enthält die entsprechende Information.


Ein Leserbrief von Helge Delion:

Mit Schrecken habe ich auf chessbase vom frühen Tod von Dietmar Kolbus gelesen. Auch wenn ich ihn nicht gut kannte, waren wir doch an der gleichen Uni und spielten 1990 im Finale (genauer letzte Runde) der Uni-Meisterschaft gegeneinander. Ich hatte vor der Partie einen halben Punkt Vorsprung und gab in folgender Stellung mit Schwarz am Zug auf: Weiß: Bauer a2, König c4, Schwarz Bauer f7, König c2.

Eine Aufgabe ist (besser: scheint) offensichtlich, da Kb2 sinnlos ist, weil der a-Bauer ja noch den Doppelzug nach a4 in petto hat und der weiße König den schwarzen f-Bauer locker einholt. Dietmar sagte daraufhin (wortwörtlich, und bis heute unvergessen von mir): "Nett, dass Du aufgibst, aber die Partie ist remis!"

Und zwar rettet Schwarz der Zug 1. ... Kd2. Wenn jetzt 2. a4, dann 2.... f5, 3. Kd4 und jetzt nicht 3....f4 und der Bauer fällt, sondern 3.... Ke2 und nach 4. Ke5 (4. a5 wird mit f4 usw. beantwortet mit Zugumstellung oder gleichzeitiger Bauernumwandlung) 4....Ke3 und nach 5. Kxf5 spielt Schwarz Kd4 und ist plötzlich im Quadrat, um den weißen Bauern abzuholen. Versucht Weiß gleich 2. Kd4 Ke7 3. Ke5, um das zu verhindern, spielt Schwarz 3.... f5+ und nach 4. Kxf5 Kd6 5. a4 Kc4 und ist wieder im Quadrat - remis!

So wurde er dann Unimeister und ich nur Zweiter. Er hatte es wohl schon allein deshalb verdient, weil er die Varianten am Brett gesehen hat. Ich habe mir gemerkt: "Wer aufgibt, hat verloren".

Vielleicht könnt Ihr das ja irgendwo verwerten oder auch in den Nachruf als Kommentar einfügen.

RIP Dietmar.

Herzliche Grüße

Helge Delion

Links:

Rund 250 Jahre nach der Gründung: Deutscher Weltmarktführer Kolbus ist insolvent - FOCUS online

Dietmar Kolbus – Wikipedia

Fragebogen Zeitschrift Schach: Dietmar Kolbus – Schach-Ticker (chess-international.com)

In Memoriam IM Dietmar Kolbus | Biel International Chess Festival | Flickr


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.