Topalov
wird zur Sport-Ikone
Von Dagobert Kohlmeyer
Noch nie hat
Sofia ein so starkes Schachturnier erlebt. Und noch nie war die bulgarische
Nation so stolz auf einen Großmeister wie auf Veselin Topalov. Mit seinem Sieg
beim Mobitel Masters setzte der 30-jährige Figurenkünstler mit Wohnsitz im
spanischen Salamanca seinen Sturm auf den Schacholymp fort.
Die
Zeitungen des Landes feierten ihn tags darauf bereits als Nr. 1 der Schachwelt.
Nun, auch wenn der ELO-Gewinn von etwa 10 Punkten für Weselin wohl nicht ganz
ausreichen wird, um in der FIDE-Juliliste Vishy Anand, der aus der Bundesliga
noch ein paar Pünktchen dazu bekommt, zu überflügeln, so ist die Performance
Topalovs in letzter Zeit doch sehr erstaunlich.
"Topalov Nummer 1"
Glückwünsche vom bulgarischen Präsidenten
Georgi Parvanov
Zur
Siegerehrung im Grand Hotel von Sofia ließ es sich Bulgariens Staatspräsident
Georgi Parvanov nicht nehmen, den Sporthelden persönlich zu beglückwünschen. Er
überreichte Topalov eine wertvolle Ikone, die den Einzug nach Jerusalem
darstellt. Das schöne Auftragswerk wurde von einem bulgarischen Künstler im
Stile des 16.-17. Jahrhunderts gefertigt. Zudem gab es vom Staatsoberhaupt noch
einen Dolch für den furchtlosen Großmeister.
Alle
Schachspieler wurden von Parvanov für ihr Spiel gelobt. Sie hielten
Fußballtrikots vom Klub ZSKA Sofia sowie Karikaturen mit ihrem Konterfei. Der
bulgarische Präsident äußerte die Zuversicht, dass dieses Turnier eine Tradition
wird, was natürlich wie Musik in den Ohren aller Spieler und Anwesenden klang.
Das Wort des Präsidenten und der Sieg des Lokalmatadoren Topalov werden den
Telefonriesen Mobitel möglicherweise bewegen, auch 2006 ein ähnliches Event, das
immerhin 600 000 Euro kostet, zu veranstalten.
Beim
Abschlussbankett genossen alle Spieler bis auf Wladimir Kramnik gut gelaunt die
Köstlichkeiten aus Bulgariens Küche und Keller. Bier und Wein flossen reichlich,
manch einer, wie Ruslan Ponomarjow, trank aber auch nur Wasser.
Rusaln Ponomariov
Tara und Michael Adams
Organisator Silvio Danilov und Ehefrau Carmen
Mit Air
Force Nr. One
Rückreise.
Nach dem Check In erlebt der Schachjournalist aus Berlin eine Überraschung. Auf
dem Rollfeld steht keine gewöhnliche Boeing 737 von Bulgaria Air, sondern ein
Flugzeug mit der Aufschrift „Republik Bulgarien“. Das Staatswappen daneben lässt
keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es sich um die Maschine des Präsidenten
handelt. An Tagen, wo er nicht im Ausland unterwegs ist, stellt er sie der
Airline des Landes zur Verfügung, erfahren wir von der Chef-Stewardess.
Übermorgen braucht Parvanov den Flieger allerdings wieder, wenn er zu Libyens
Staatschef Gadaffi reist. (Libyen erlebte ja 2004 mit der FIDE-WM auch eine
Schachveranstaltung…)
Nun, es war
nicht das erste Mal, dass Euer rasender Reporter mit einer Präsidentenmaschine
flog. 1996 hatte ich Gelegenheit, mit Kirsan Iljumschinows Flugzeug von Moskau
nach Elista zu fliegen, was aber kein reines Vergnügen war. Wegen des
schrecklichen Wetters wurde die Landung auf dem viel zu kurzen Rollfeld in der
kalmückischen Steppe zu einer mittleren Katastrophe.
Sofia war
eine Reise wert, wie die letzten Fotos zeigen. Man verspürt Lust, die
bulgarische Metropole auch im nächsten Jahr wieder zu besuchen, wenn hoffentlich
wieder ein Mobitel Masters stattfindet.
Nachtleben von Sofia
Bekanntschaft im Café
Das war
ein besonderer Turniersieg
Flash-Interview mit Weselin Topalow
Von Dagobert Kohlmeyer
Veselin Topalow mit Sekundant Cheparinov
Weselin,
was für ein Gefühl ist das jetzt?
Ich bin
einfach zufrieden und glücklich. Nach der verkorksten Vorrunde bei diesem
Turnier habe ich dieses Ergebnis, ehrlich gesagt, nicht erwartet. Aber im
zweiten Durchgang konnte ich 4,5 Punkte aus 5 Spielen erzielen und habe nur ein
Remis abgegeben.
Wie
schätzt du die Qualität des Turniers ein?
Hier in
Sofia wurde Kampfschach gespielt. Ich werte das als Zeichen dafür, dass dieses
neue Reglement durchaus seine Vorzüge hat. Alle Partien waren sehr schwer. Am
Ende waren wir alle ganz schön müde. Ich habe mich nur von Tag zu Tag zu Tag
vorbereitet.
Wem
möchtest du in dieser Stunde besonders danken?
In erster
Linie meinem Freund und Manager Silvio Danailow, der mich seit Jahren exzellent
betreut und dieses großartige Turnier organisiert hat. Und meinem Sekundanten
Iwan Cheparinow, der trotz seiner Jugend (er ist 18) schon über große Qualitäten
verfügt.
Wie sah
deine Taktik am letzten Spieltag aus?
In der
letzten Partie wollte ich einfach gut spielen und den Turniersieg absichern. Nur
Russisch oder die Berliner Verteidigung gegen Kramnik, das wäre zu passiv
gewesen. Ich wollte lieber aktiv vorgehen, deshalb wählte ich Sizilianisch. Denn
es gab ja keine Garantie, dass Anand nicht gegen Judit Polgar gewinnt. Dann wäre
es unter Umständen zum Tiebreak gekommen, in dem ich nicht so viele Chancen
gegen Vishy gehabt hätte.
Was
bedeutet der Sieg in diesem Superturnier vor heimischer Kulisse für dich?
Er bedeutet
mir natürlich sehr viel. Es war nicht irgendein Turnier, sondern etwas ganz
Besonderes. Einen Wettbewerb der Kategorie 20 hat es in Bulgarien noch nie
gegeben. Über die Resonanz auf meinen Erfolg im ganzen Land habe ich mich sehr
gefreut. Stolz bin ich auch auf das persönliche Geschenk von Präsident Georgi
Parvanov. Es ist ein Dolch mit dem Staatswappen. Er bekommt einen Ehrenplatz in
meiner Trophäensammlung.
Fotos von
der Preisverleihung:
Von Valery Zahov
Nikolay Nukolov von Mobiltel (re.)
Der Schiedrichter verkündet den Sieger
Ein Trikot von Chef von ZSKA Sofia
Organisator Danailov hält seine Abschlussrede
Präsident Georgy Parvanov überreicht den ersten Preis
Der Präsident überreicht dem Sieger einen Dolch mit dem Staatswappen
Michael Adams und Tara
Presseandrang um Topalov