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Interview mit Björn Lengwenus und Kirsten Siebarth zur
Partnerschulaktion vor und in Dresden
Björn Lengwenus ist Schulleiter an einer Ganztagsschule in Hamburg. Seit 1982
ist er im Schulschach aktiv, er wurde dort praktisch schon hinein „geboren “ und
war als Schüler am Gymnasium Uhlenhorst-Barmbek in der größten und ältesten
deutschen Schulschachgruppe, der SG HHUB. 1985 übernahm er seine erste
Trainingsgruppe, die auf Anhieb für Hamburger Vizemeister wurde. Seitdem hat er
Trainingsgruppen in allen Schulformen geführt, in vielen Vorständen und als
Vorsitzender gearbeitet und ist seit Jahren Fachausschuss Vorsitzender
Schulschach in Hamburg und im AK Schulschach der Deutschen Schachjugend. Kirsten
Siebarth ist Lehrerin an einer Berufsschule und seit
1995 im Schulschach tätig. Sie hat seitdem zahlreiche
Schulschachgruppen gegründet und betreut. In den Jahren 2002-2004 wurde sie mit
ihren Schulschachgruppen in Folge drei Mal Deutscher Meister und erspielte sich
im Jahr 2004 sogar den Titel des Schulschacheuropameisters in Bulgarien.
Für die Schacholympiade in Dresden hat Björn Lengwenus eine Partnerschulaktion mit 160 Schulen organisiert, die auf große Resonanz stieß. Der Abschluss in Dresden wurde allerdings zu einem Desaster. Im Gespräch mit André Schulz erzählen Björn Lengwenus und die Schulschachreferentin des Deutschen Schachbundes, Kirsten Siebarth, was schief lief.
Welche Schulschachturniere habt ihr bisher organisiert?
Björn Lengwenus: Mein Gott, Hunderte. Vom Internationalen Schnellturnier der SG HHUB mit Mannschaften aus vielen Ländern, über Deutsche Schulschachmeisterschaften, Deutsche Vereinsmeisterschaften, damals den Coca-Cola-Cup, und vieles mehr. Und seit einigen Jahren organisiere ich das größte Schul-Schachturnier der Welt, das Turnier „Rechtes gegen Linkes“-Alsterufer im Hamburger Congress-Centrum, mit rund 3000 Teilnehmern in jedem Jahr.
Kirsten Siebarth: Unwahrscheinlich viele. Seit 2006 richten wir die Deutschen Schulschachmeisterschaften der Grundschulen aus. Dann gab es seit 4 Jahren in Thüringen Schulschachturniere unter dem Motto „Integration durch Denken“, „die Schachconvention“, „Geist ist geil“ sowie „Köpfchen gegen rechts“. Von kleineren diversen Schulschachturnieren abgesehen, waren dieses immer Turniere, die über 100 Teilnehmer hatten.
Wie kam es zu der Idee mit der Partnerschulaktion für die Schacholympiade?
Björn Lengwenus: Ich habe zur Fußball-Weltmeisterschaft in
einem Team an der Aktion „Partnerschulen der Fußball-WM“ mitgearbeitet und
ehrenamtlich den Bereich Hamburg und Norddeutschland betreut. Dieses Projekt war
großartig und hat mich gefesselt. Damals waren 204 Schulen am Start. Nachdem ich
erfuhr, dass die Schacholympiade nach Deutschland kommen würde, habe ich von
einer ähnlichen Aktion „Partnerschulen der Schacholympiade“ geträumt. Was für
eine riesige Chance wäre das für das deutsche Schach! Ich dachte, dass wir diese
Chance nicht verpassen sollten und habe die Idee dann erstmals in einem
Interview öffentlich vorgetragen. Daraufhin ist die Deutsche Schachjugend auf
mich zugegangen und hat gesagt: Komm wir machen das!
Also habe ich das seinerzeit so erfolgreiche Projekt der Fußball-WM kopiert. Die
Idee war: den Schulen werden Teilnehmerländer der Schacholympiade zugelost -
Partnerländer. Im Unterrichte werden diese in verschiednen Aspekten vorgestellt
und besprochen. Die Schulen nehmen vielleicht Kontakt mit ihren Partnern auf und
es kommt zu einem regen Austausch und zu neuen interkulturellen Kontakten. Für
uns stellte sich am Anfang nur die Frage: Bekommen wir auch für unsere
Schach-Partneraktion 180 Partnerschulen zusammen? Ich bin also statt mit einem
Hubschrauber mit meinem VW Golf (ein bisschen wie Franz Beckenbauer für Arme)
von Deutscher Schulmeisterschaft zu Deutscher Schulmeisterschaft gefahren und
habe für diese Idee geworben. Alle waren sofort begeistert.
Als nächstes habe ich mit ChessBase, Euroschach und Focus-Schule tolle Partner gefunden. Wladimir Kramnik wurde Schirmherr und alles nahm Gestalt an. Wir schafften es tatsächlich genug Schulen zu finden und den damaligen Weltmeister nach Hamburg zur Eröffnung zu lotsen. Die Veranstaltung war bombastisch. Vielleicht die perfekteste Veranstaltung, die ich je mitorganisiert habe.
Eröffnung der Partnerschulaktion in Hamburg mit bekannten Gästen:
Helmut Pfleger, Karsten Müller, Weltmeister Vladimir Kramnik, Smudo von den
Fantastischen Vier
Fotocheck
Auslosung der Partnerschulen mit Vladimir Kramnik und Vaile
Björn Lengwenus, Vladimir Kramnik
Es stimmte alles. Ein genialer Auftakt – vielleicht sogar noch besser als der Auftakt bei der vergleichbaren Fußballaktion, dort war damals immerhin Jürgen Klinsmann gekommen.
Wie viele Schulen, wie viele Personen haben sich beteiligt und über welchen Zeitraum lief die Aktion?
Björn Lengwenus: An der Partnerschulaktion nahmen dann rund
180 Schulen teil, das sind dann ca. 70 000 Projektteilnehmer. Gigantisch,
oder? Die Aktion lief über eineinhalb Jahre mit vielen Schachturnieren und
zahlreichen Projekten, die die Schulen mit Bezug auf ihre Partnerländer
durchgeführt haben. Vermutlich war die größte Schulschachaktion aller Zeiten.
Was waren die besonders herausragende Veranstaltungen oder Aktionen?
Björn Lengwenus: Die fünf Partnerschulturniere, wobei ich nur das Hamburger Turnier genau beschreiben kann. Ich hatte dafür Flaggen von allen teilnehmenden Nationen besorgt, die mir die die Hamburger Firma Apfelstedt und Hornung freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte.
Von jedem beteiligten Land eine Fahne zu stellen, war sogar für diese renommierte Flaggenfirma eine Herausforderung. Unsere Schulrätin war anwesend und der Partnerschuleid gesprochen. Es war unglaublich, was sich einzelne Nationen ausgedacht hatten. Israel übergab immer Infomaterial an die Gegner, tolle Präsentationen waren zu sehen, z.B. vom Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Oldenburg, die Barbados präsentierten.
Der helle Wahnsinn waren allerdings die Präsentationen selbst. Ich hatte zwar schon im Verlauf der Aktion einiges mitbekommen, aber was ich dann später als Dokumentation der Aktionen im Briefkasten fand, war unbeschreiblich. Ein komplettes Wochenende habe ich mir das Material angeguckt und war sprachlos. Die Partnerschulaktion hatte insgesamt rund 150 Pressebeiträge akquiriert und damit im Vorfeld für die Schacholympiade bundesweit geworben. Botschafter (z.B. der Botschafter von Madagaskar) kamen in die Schulen, der serbische Konsul entpuppte sich als versierter Schachmeister und spielte sogar gegen die Schüler der Partnerschule simultan. Einkaufszentren wurden beschmückt. Die Präsentation rührten mich. Mit unglaublicher Liebe wurde das jeweilige Partnerland von den Schülern präsentiert.
Aktionen der Schüler in den Schulen, hier für Albanien
Besuch aus Tschernobyl
Nahezu alle Schulen hatten auch einen so genannten "Ländertag" organisiert, bei
dem das Partnerland noch einmal einen ganzen Tag lang vorgestellt wurde. Ich
durfte den Ländertag in der Frohmestraße (Partnerland Russland) erleben.
Die ganze Schule war geschmückt. Eine russische Folkloregruppe spielte
Heimatlieder und sorgte für ausgelassen Stimmung. Überall wurde Schach gespielt.
Ein gigantisches Schachbrett stand in der Eingangshalle. Hinter jedem der 64
Felder dort versteckte sich ein Bericht oder eine Reportage über das
Partnerland. Hinter einem der Türchen war sogar ein Lautsprecher, der nach dem
Öffnen die russsische Hymne abspielte. In anderen Schulen war es ähnlich. Fast
alle Schulen schrieben offizielle Vertreter ihrer Partnerländer an und bastelten
dann für die Olympiamannschaften ihres Landes Glücksbringer für das Turnier in
Dresden.
Die Präsentationen, die es dann trotz der abwehrenden und
behindernden Sicherheitskräfte in Dresden und trotz fehlender Stelltafeln zum
Anbringen bis in die „World of Chess“ geschafft haben, waren großartig und
überaus sehenswert. Einige Beispiele wurden als Fotos auf der Webseite der
Deutschen Schachjugend abgedruckt.
Diese Aktion hat deutschlandweit eine riesige PR für die Schacholympiade gemacht
und war für Dresden bzw. das OK der Schacholympiade nahezu kostenlos. Aus dem
Olympiatopf stand nicht ein einziger müder Euro für die Aktion zur Verfügung.
Von dieser Seite kam nie auch nur ein bisschen Unterstützung. Die Deutsche
Schachjugend selbst hatte auch nur wenige Mittel (z.B. für die Partnerturniere)
zur Verfügung, letztendlich waren wir auf andere angewiesen.
Chessbase hat einige tausend Euro für die Eröffnung in Hamburg bezahlt und auch der Hamburger Schachjugendbund hat finanziell das Partnerturnier unterstützt.
Am verrücktesten finde ich aber folgende Tatsache: Die
Hamburger Behörde hat keine Sekunde gezögert die Aktion ihrer Partnerstadt
Dresden im Rahmen des Hamburger Partnerturniers zu unterstützen. 1000 € wurde in
Hamburg für die Aktion bereit gestellt, damit es Pokale, Preise und preiswerte
Verpflegung gibt. Man muss sich nun vorstellen, dass im Gegenzug den Hamburger
Schülern auf ihren Akkreditierungskarten für das Finalturnier in Dresden die
Nahverkehrsembleme zur kostenlosen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel
durchgestrichen wurden. Schüler und Begleiter mussten jede einzelne Fahrt selber
bezahlen. Das ist unfassbar und eigentlich nicht zu glauben, oder? Aber so war
es.
Kirsten Siebarth: Mein Verein „SG Blau-Weiß Stadtilm“ hat in Arnstadt eines der
fünf Regionalturniere ausgerichtet. Es war eine fantastische Veranstaltung.
Insgesamt kamen Schulen aus 5 verschiedenen Bundesländern zu uns nach Thüringen.
Alle hatten tolle Präsentationen mitgebracht und die Kleidung der kleinen Denker
war auf das jeweilige Partnerland zugeschnitten. Die Dreifelderhalle in Arnstadt
hatte bisher bestimmt noch niemals eine solch fantastische, farbenfrohe
Dekoration erlebt. Es war einfach nur gigantisch. Ich denke, die Bilder, die
veröffentlicht wurden, sagen mehr als 1000 Worte....
Welche Resonanz gab es bei den Partnerländern?
Björn Lengwenus: Viele waren begeistert. Schon zur Eröffnungsveranstaltung in
Hamburg hatte ich die Konsulate angeschrieben und der finnische Konsul war
gekommen. Viele haben ihre Schule mit Paketen bedacht, manche sogar Besuche
abgestattet. Alle Schulen wollten unbedingt in Dresden dabei sein, auch dann,
wenn sie sich nicht über das Partnerschulschachturnier bzw. den
Präsentationswettbewerb qualifiziert hatten. Als Botschafter ihres Partnerlandes
wollten sie „ihre“ Mannschaft unterstützen. Doch als die Kinder schließlich nach
Dresden gereist waren und nun wenigstens einmal „ihre“ Mannschaft am sehen
wollten, um vielleicht auch die selbst gebastelten Glücksbringer zu übergeben,
ließ man sie vor der Runde nicht in den Turniersaal. Unfassbar!
Welche Unterstützung hat die Schacholympiade während der Partnerschulaktion geleistet?
Björn Lengwenus: Ich hatte durchgehend das Gefühl, dass die Aktion „Partnerschulen der Schacholympiade“ ein absolut ungeliebtes Kind war. Nie gab es nennenswerte Beträge aus den Kassen. Ich war mir nicht einmal sicher, dass wir wirklich das Turnier im Kongress Zentrum austragen könnten. Es ist doch unglaublich den Sinn einer solchen Aktion nicht zu erkennen. Beim ganzen Turnier in Dresden kam eigentlich nie irgendjemand auf die Idee sich bei den Kindern zu bedanken, so dass wir sogar dafür selber Redner organisieren mussten.
Kirsten Siebarth: Ich denke, dieses fiel nicht nur uns beiden auf. Am 2. Tag bat der 2. Vorsitzende der Thüringer Schachjugend, Stefan Taudte, um das Mikrofon und hat sich dann bei allen Kindern für ihren tollen Einsatz, ihr Durchhaltevermögen und ihr tolles Auftreten hier in Dresden bedankt. Auch meine Dankesworte an die kleinen Strategen kamen aus voller Überzeugung, sie waren einfach die Größten vor Ort und haben unglaubliches geleistet.
Wieviele Personen sind im Rahmen des
Partnerschulturniers nach Dresden gereist?
Björn Lengwenus: Es waren rund 900 – ca. 400 Teilnehmer am Endturnier, dazu 120
Botschafter, Eltern, Fans usw..
Welcher finanzielle Aufwand war damit für die Schulen
bzw. die Schüler und Eltern verbunden?
Björn Lengwenus: Ein enormer Aufwand. Viele Schulen haben den gesamten Etat des
Schulvereins geopfert oder die Eltern mussten einspringen. Allein die Fahrt nach
Dresden kostete für uns 100€ pro Person, dazu die Übernachtungen, Essen usw… das
waren schnell 2000€ pro Schule. Da ist man schnell bei 100.000 Euro, die von den
Teilnehmern, den Begleitern, Schulen usw. alles in allem ausgegeben worden sind.
Kirsten Siebarth: Das reicht nicht aus. Die Gesamtkosten sind eindeutig höher.
Man muss ja auch bedenken, dass die Regionalturniere schon Geld gekostet haben.
Hinzu kommen noch Kosten für die Präsentationen und die tolle Kleidung der
Spieler. Ich denke, dass die Schulen insgesamt bis zu 3.000,00 € bezahlt haben.
Was wurde bei der Schacholympiade selbst in Dresden veranstaltet?
Björn Lengwenus: In Dresden war ein Endturnier mit den
besten Mannschaften geplant. Zudem hatten wir der Tatsache Rechnung getragen,
dass viele Kinder als „Botschafter“ ihres Partnerlandes auch ohne
Turnierberechtigung nach Dresden reisen würden und ein zusätzliches
Botschafterturnier auf die Beine gestellt. Besonders toll fand ich, dass es
gelungen war, eine Mannschaft aus dem Ort der nächsten Schacholympiade, nämlich
Kanthy Mansiysk zu organisieren, die dann logischerweise für Deutschland antrat.
Die Kinder waren zudem ein wesentlicher Bestandteil der Eröffnungsveranstaltung
und sollten bei dieser für ihr Land einmarschieren. Am Ende des Besuches sollten
sie zu einem Abschlussbuffet eingeladen werden, in dessen Rahmen auch die
Ausstellung der Arbeiten in der „World of Chess“ geplant war.
Welche Unterstützung gab es von der Schacholympiade vor Ort.
Björn Lengwenus: Keine.
Wer war dort euer Ansprechpartner?
Kirstin Siebart: Als Ansprechpartner in Dresden wurde mir für den 1. Tag der
Regisseur André Meier genannt. Mit ihm sollte ich mich bzgl. der Probe an diesem
Tag kurzschließen.
Wie verlief der Organisation nach der Ankunft in Dresden?
Björn Lengwenus: Hier begann schon die Katastrophe. Kirsten und ich hatten
tagelang die beiden Turniere geplant.
Kirsten Siebarth: Ich hatte ein großartiges, kleines Team organisiert, dass die Turniere und die Ankunft in den Jugendhäusern managen sollte. Außerdem war noch Christian Goldschmidt aus dem AK Schulschach mit Helfern da. Da ich jedoch ein wenig Erfahrung bei größeren Turnieren haben, war mir die Anzahl der Helfer, die wir vor Ort einsetzen sollten, von Beginn an zu wenig.
Björn Lengwenus: Dann begann aber in Dresden das Fiasko an allen Fronten. Wir sollten 4,50 € für das Abschlussbuffet kassieren und eine Akkreditierungskarte verteilen, die aber gar nicht vorlag. Ich hatte das Programmheft in Hamburg hergestellt und diese Info veröffentlicht.
Kirsten: Und unsere Helfer waren in den Herbergen begrüßten die Teilnehmer. Im A&O Hostel sollten ab 13.00 Uhr die Akkreditierungskarten für alle Schulen vorliegen. Pflichtbewusst, wie es Lehrer gewohnt sind, fanden sich zu diesem Zeitpunkt auch einige Schulen ein und warteten... Da ich mir Nachmittag die Örtlichkeiten für das Turnier im Kongresscenter anschaute, erhielt ich nur mehrfach auf meinem Handy Nachfragen, wann denn nun endlich diese Akkreditierungskarten eintreffen. Mein Mann saß vor Ort im A&O Hostel und hat dieses alles hautnah erleben dürfen. Viele Grundschüler, Lehrer und Betreuer fragten ständig und natürlich zu recht, nach den Karten. 18.30 Uhr, nach über 5 Stunden der eigentlich mitgeteilten Abholzeit, wurden diese dann ohne Bänder in das A&O Hostel geliefert.
Björn Lengwenus: Das war besonders deshalb furchtbar, weil diese Akkreditierung eigentlich völlig überflüssig war, denn auf der Rückseite hatte man die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs gestrichen.
Kirsten Siebarth: Aber das Schlimmste am Ankunftstag geschah in der Freiberger Arena.
Björn Lengwenus: Ja, das war unfassbar, Ich war ebenfalls mit meinem Team da und erwartete die Mitarbeiter der Eröffnungsfeier. Ich dachte, nun gibt es vielleicht einige nette Begrüßungsworte an unsere Kinder oder sonst was. Stattdessen: Chaos! Keiner wusste dort Bescheid. Der Regisseur war völlig überfordert und die Honorar-Mitarbeiter sagten nur ständig: „Oh, es tut mir leid!“
Kirsten Siebarth: Nichts, rein gar nichts war wirklich organisiert. Der Regisseur Herr Meier hatte nur das Problem, dass die Kinder keinen Lärm machen sollten und die stressigen Lehrer sollten schnellstmöglich aus dieser Halle heraus. Ein klärendes Gespräch mit diesem Herren war nicht möglich. Unsere 25 Kinder hatte man dann in einer Halle abgesetzt und wirklich vergessen. Wir sollten dort auf weitere Anweisungen warten. Nach einer Stunde stellte ich dann fest, dass man schon fleißig in der Eishalle probte. Danach hatte ich alle 35 Kinder, die man dort vergaß genommen und sie einfach mit in die Proben integriert. Ich bin persönlich über das Eis gelaufen und habe die Kinder verteilt.
Björn Lengwenus: Und ich bin dann wie wild hin- und her gelaufen und habe versucht mit meiner bloßen Stimme, ohne Mikro oder Megafon, in einer großen Dreifeldhalle die Dinge zu kommunizieren, die ich gerade erst selbst erfahren hatte.
Kirsten Siebarth: Leider war auch Jörg Schulz als DSJ-Geschäftsführer nicht anwesend, der hätte vielleicht wenigstens die Ansprechpartner gekannt. Er hatte im Vorfeld schon mit dem Regisseur gesprochen und hätte vielleicht einen größeren Einfluss als ich gehabt.
Björn Lengwenus: So wurde ich dann für die Schüler, die Lehrer und Eltern zum Symbol des Scheiterns. Nachdem ich nämlich selbst versucht hatte, zu koordinieren, war ich auch das Gesicht, das für das Chaos stand. Es war eine Katatstrophe, auch für mich persönlich.
Kirsten Siebarth: Insbesondere als der Regisseur der Eröffnungsfeier schließlich kundtat, dass es ihm völlig egal sei, ob die Kinder eineinhalb Jahre Projektarbeit hinter sich hätten. Die Kinder, wir alle, waren davon ausgegangen, dass sie natürlich die Fahne ihres Partnerlandes in die Halle tragen würden. Doch nein: Stattdessen sollten die Kinder gezwungen werden, irgendeine x-beliebige Fahne zu nehmen und mit dieser bei der Eröffnungsfeier einzulaufen.
Björn Lengwenus: Ich fand es beschämend. Es war so furchtbar, dass sich das Organisationsteam nach all den Akkreditierungsproblemen und den Erfahrungen dieser ersten Stellprobe nachts hinsetzte, um einen Infobrief zu schreiben. Wir versuchten also aus dem „Off“ noch die katastrophale Orga vor Ort zu retten.
Kirsten Siebarth: Hat nicht geklappt. Es gab auch nach diesem Treffen leider noch viele offene Fragen, die uns keiner beantworten konnte. So hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Turniersaal für unser Botschafterturnier. Ein Glück, dass Christian und sein Team so besonnen und ruhig sind und in aller Ruhe die Anmeldung für ihr Turnier vornahmen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Größe des Raumes und somit die Anzahl der Bretter im Raum kannten.
Björn Lengwenus: Der nächste Morgen war dann sogar noch
schlimmer als die erste Stellprobe. Totales Chaos und blankes Entsetzen. Ich war
in di Freiberger Eishalle gekommen und von Jörg Schulz vorher so informiert,
dass nach der der ersten Generalprobe um 11 Uhr für alle Beteiligten ein
Mittagessen und Getränke gereicht werden.
Aber um 11 Uhr war da nichts. Niemand da. Und während Kirsten das Turnier im
Kongresszentrum schon vorbereitete, stand ich dort im Fragenhagel der Teilnehmer
und Betreuer. Ich suchte die Verantwortlichen, doch immer wenn ich jemanden
gefunden hatte, der es vielleicht sein könnte, wurde ich weiter verweisen. Nicht
einmal Getränke konnten ausgegeben werden. Das muss man sich mal vorstellen:
Während die anderen Künstler dort Sekt tranken, bekamen die Kinder nicht einmal
Wasser. Und dann ging schon die nächste Probe los. Ein Wunder, dass dort noch
keiner umgefallen ist.
Während dieser zweiten Probe habe ich mich weiter durchgefragt. So war noch
immer nicht klar, wo wir die versprochenen Tickets für die
Eröffnungsveranstaltung für die Betreuer herbekommen sollten. Plötzlich hieß es:
Ohne rote Bändchen bekommt ihr auch nach der zweiten Generalprobe kein Essen.
Ich dachte nur: Rote Bändchen? Verdammt, welche roten Bändchen? Man stelle sich
bitte vor, wie ich zwischen Telefon, den Verantwortlichen vor Ort (von denen
aber nie jemand verantwortlich war) und den Betreuern der Kinder hin- und
herlief und versuchte, meinen Traum von einem krönenden Abschluss des
Partnerschulturniers zu retten. Am Ende brach schließlich bei der Essensausgabe
das Chaos aus. An einer viel zu kleinen Theke wurde das Mittagessen so
ausgegeben, als hätte man gerade einmal 20 Leute zu bedienen. Hier ging es aber
um mehrere Hundert Kinder mit ihren Betreuern, die alle in der kurzen Pausenzeit
nach langer Arbeit auf eine warme Mahlzeit hofften. Die wenigen Kräfte in der
Kantine wurden dem Ansturm überhaupt nicht Herr. Am Ende hatte die Hälfte der
Hungernden auch nichts abbekommen.
Kirsten: Auch beim Betreten des uns zugewiesenen
Turniersaales, hatte ich das Gefühl, dass keiner über unser Turnier Bescheid
wusste. So fanden wir 18 Tischreihen mit je 10 Brettern darauf vor... Es war
doch ausdrücklich bekannt, dass die Schulen mit 6er Mannschaften spielen! Was
sollte dieses denn nun wieder? Unser jungen Helfer stellen also kurz vor
Turnierbeginn die Tische noch um, dass wir pro Tischreihe zumindest 2 Paarungen
setzen konnten. Es war natürlich alles sehr eng und unsere mitgebrachten
Tischkärtchen pro Schule konnten wir leider nur in den ersten 2 Runden
aufstellen. Danach haben wir schnell ein paar Tischnummern an die Uhren geklebt.
Einen anderen Platz gab es leider dafür nicht. Ein wenig Flair haben wir in den
Raum mit kleinen Fähnchen bringen können. Diese hatte man in Berlin besorgt. Bei
der Dekoration musste ich, unschuldiger Weise, den Zorn und die Wut des
Marketuigmanagers des Kongreßcentrums ertragen. Er warf mir vor, dass wir hier
nicht dekorieren dürfen, dieses hatte niemand mit ihm abgesprochen. Wir alle
schauten uns nur fragend an, wir wollten doch nur ein gutes Turnier durchführen.
Eigentlich verstanden wir zu diesem Zeitpunkt gar nichts mehr.
Gott sei Dank hatten wir beim Turnier dann die Orga-Macht. Das war sehr schön
mit dem Partnerschuleid. Und dieses Turnier lief dann natürlich reibungslos. Die
Kinder hatten wieder ihre Nationaltrikots dabei, Flaggen standen auf den Tischen
und es war einfach so wie wir das von den Vorturnieren kannten.
Kirstin Siebarth
Das Partnerschulturnier: Finale in Dresden
Kinder in den Trikots ihrer Länder - Österreich
Serbien
Spanien
Björn Lengwenus: Ich habe dann noch eine kleine Rede
gehalten und die Stimmung wurde langsam besser. Parallel versuchte ich jedoch an
die versprochenen Tickets für den Abend zu kommen. Die Vorstellung, dass die
Eltern der beteiligten Schüler nicht in die Eröffnung kommen würden, war
grauenhaft. Außerdem wollte ich unbedingt noch erreichen, dass die Kinder nicht
über eine Stunde auf den Fluren stehen müssten, bevor sie in die Arena
einmarschieren durften. Es gab eine Tribüne wo sie hinterher sitzen konnten.
Warum also nicht auch vorher? Doch daraus wurde nichts. Was ist das für eine
komische Welt, in der Menschen Kinder in einem kalten Flur einer Eishalle stehen
lassen, anstatt eine kurze Unruhe auf der Tribüne zu ertragen?
Wer nahm an der Eröffnungsfeier in welchem Rahmen teil. Wurden alle Kinder
und Begleiter zur Eröffnungsfeier eingeladen?
Kirsten Siebarth: Abends bei der Eröffnungsfeier gab es dann wieder Chaos. Die Eintrittskarten waren zwar versprochen, aber nicht da.
Björn Lengwenus: Irgendwann habe ich dann einfach wieder meine Stimme in dieser lausigen Dreifeldprobehalle erhoben und angesagt, dass einfach alle durch eine offene Tür durchlaufen sollen und sich einen Platz suchen können.
Kirsten Siebarth: Andere hatten aber schon selbstständig ausgehandelt, dass sie mit der Akkreditierung eine kostenlose Karte erhielten.
Björn Lengwenus: Aber ebenfalls auf eine unvorstellbare Art kleinkariert war, dass nur die beiden Botschafterkinder kostenlos in die Halle durften. Pro Mannschaft beim Partnerschulturnier spielten jeweils sechs Kinder. Vier Kinder mussten also pro Schulmannschaft immer noch Eintritt für die Veranstaltung zahlen, bei der ihre Mitschüler eine tragende Rolle hatten. Auch diese Maßnahme war für uns und die beteiligten Schulen einfach völlig unfassbar.
Wie verlief dann die Eröffnungsfeier?
Björn Lengewenus Ich fand sie ganz ok. Der absolut bewegendste Moment war tatsächlich, als unsere Botschafter das Eis betraten. Die haben das so großartig gemacht. Nach diesem Mammutprogramm wirkte das absolut staatstragend. Nachdem man sich den ganzen Tag einen Scheiß um die Kinder gekümmert hatte, waren sie nun einfach so da, wie es nur Kinder können. Glänzend und unbesiegbar! Da hatte ich kurz Gänsehaut.
Kirsten Siebarth: Wir waren absolut begeistert und haben vor Überwältigung ganz laut und lange geklatscht sowie Laola-Wellen geschlagen. Aber nur ein paar Minuten, denn die Kinder mussten ja über 30 Minuten auf dem Eis stehen.
Zum Einmarsch der Kinder bei der Eröffnungsfeier hörte man jemanden rufen „Lasst die Kinder frei“. Kennst du den Hintergrund?
Björn Lengwenus: Jemand, der mitbekommen hatte, wie man mit den Kindern umgesprungen war, rief tatsächlich: „Gebt die Kinder frei!“ Ein bisschen unqualifiziert, aber vielleicht auch berechtigt. Wenn man wirklich nachdenkt, waren die Kinder wirklich mehr Requisit als Teilnehmer.
Kirsten Siebarth: Alleine, dass sie über eine Stunden draußen warten mussten und kurz vor Acht immer noch übnerhaupt niemand da war, um sie zu betreuen – amateurhaft. Entweder man will Kinder in der Eröffnungsshow oder nicht.
Mindestens ein Kind hat sich übergeben, wieso?
Kirsten Siebarth: Nach diesem Tag. Diesem Stress. Kaum Getränke für die Kinder und die kalte Vorhalle. Dazu diese langen Reden und alle Kinder mussten still stehen – ein Wunder, dass es nur eins war.
Björn Lengwenus: Also ich hätte das nicht durchgehalten.
Wie kam das Partnerturnier in Dresden bei den Kindern und den Eltern an?
Björn Lengwenus: Das Turnier selbst kam gut an. Die Vorgänge um die Eröffnungsfeier hat das ganze Projekt zerstört und die Stimmung verdorben. Am letzten Tag hatten wir es eigentlich fast geschafft. Das Turnier lief wieder reibungslos. Die Kinder waren froh, echte Weltstars zu sehen – obgleich viele enttäuscht waren, dass sie ihre gebastelten Glücksbringer nicht an den Mann bringen konnten, weil man sie nicht zu den Teams ließ. Dennoch war die Stimmung besser – wir hatten es trotz der katastrophalen Organisation vor Ort geschafft, die Sache noch einigermaßen hinzubiegen…
Kirsten Siebarth: … bis es dann zum Abschlussabend kam.
Björn Lengwenus: Das waren wirklich die schwärzesten Stunden meines Schachlebens. Ich kam um 15 Uhr ins Rathaus und suchte erst einmal die 180 Stellwände, die versprochen worden waren. Tatsächlich standen dort gerade einmal 12 Wände. Die Schulen, die schon den Weg ins Rathaus geschafft hatten und sich bis hierhin durchgefragt hatten, hatten deshalb einfach die Innenwände des Gebäudes beklebt. Das sah grandios aus, aber nun war kein Platz mehr für weitere Präsentationen. Ich steckte unsere Neuseeland-Präsentation also wieder ein. Dann ging ich runter in den „Saal“ in dem die Abschlussfeier stattfinden sollte und war sprachlos: Dort waren unzählige einen halben Meter dicke Säulen und eine Minibühne in der Mitte der Räumlichkeit, auf die maximal 100 Menschen gleichzeitig schauen konnten. Niemand, der irgendwann einmal moderiert hat, konnte diesen Saal für eine Abschlussveranstaltung vorschlagen, absegnen oder guten Gewissens dieses hier stattfinden lassen.
Wer hat denn den Saal ausgewählt und begutachtet?
Björn Lengwenus: Dirk Jordan hat diesen Saal ausgewählt, aber Jörg Schulz kannte den Raum. Es ist mir unerklärlich wie er dieses nicht verhindern konnte. Als er mit mir dort stand, überkam ihm aber auch das Grausen.
Kirsten Siebarth: Wir wollten uns zur abschließenden Vorbereitungssitzung in Dresden treffen, um den Saal anzuschauen. Jörg meinte dort, es würde vielleicht schwierig in diesem Saal, aber es würde schon gehen. Wir bräuchten ihn vorher nicht mehr angucken.
Björn Lengwenus: Schwierig? Es war völlig unmöglich. Es gab keine Leinwand. Wo auch? Ich hatte die ganze vorherige Nacht durchgearbeitet, um die Fotos der drei Tage in Dresden zu einem Mini-Vortrag zusammenzustellen, sogar komplett vertont - und nun? Kein Mikro, kein Licht, kein Beamer, keine Leinwand. Und dann suchte ich noch das versprochene Buffet. Schließlich sagte mir der Catering-Chef: Es gibt für jeden eine Bratwurst und ein Getränk, mehr nicht. Jörg erklärte ihm, dass es ein Debakel geben würde, wenn er nicht mindestens einfach alles rausgeben würde, was er am Stand hatte, Dieses Debakel stellte ich mir zu diesem Zeitpunkt schon in meinem Kopf vor. Die Schulen hatten 4,50 € bezahlt und erwarteten ein Buffet, keine Bratwurst. Dazu noch dieser völlig ungeeignete Saal – ich wäre am liebsten gegangen.
Kirsten Siebarth: Ich glaubte im ersten Moment, hier bin ich falsch. Doch dann sah ich die vielen Kinder und Björn stand schon mitten im Raum. Ich konnte das gar nicht glauben.
Björn Lengwenus: Als du kamst, war immerhin schon das
provisorische Mikro aufgebaut. Eine Probe war allerdings nicht mehr möglich. Die
900 Menschen, Schüler, Eltern, Betreuer, Lehrer wollten hinein. Jörg ist dann
mutig als erster auf die Bühne gegangen.
Ich habe schon viele Dinge in meinem Leben moderiert. Auf dem Hamburger
Jungfernstieg oder beim Alsterufer von 3000 Leuten – aber hier habe ich mich
einfach nur geschämt. Es wurde das erwartete Fiasko. Und dann mussten wir den
Leuten, die sich bisher mit so viel Enthusiasmus beteiligt hatten und schon so
viele Rückschlage hatte erdulden müssen, die Sache mit dem nicht vorhandenen
Buffet erklären, für das man ihnen 4,50 Euro abgenommen hatte. Wie kann die
Stadt dazu „einladen“ und dann so was anbieten. Oder war das gar keine Idee der
Stadt Dresden?
Die Abschlussveranstaltung im Dresdner Rathaus
Wie war die Reaktion?
Kirsten Siebarth: Dann brachen tumultartige Zustände aus. Alle stürmten auf uns
ein, wollten das Geld zurück, denn wir hatten das ja kassiert.
Björn Lengwenus: Man beschwerte sich lautstark und völlig zurecht und ich habe einfach alles abgenickt und wie so ein Boxer eingesteckt. Ich habe mich nur noch geschämt. Und innerlich geweint. Was hatte man in Dresden aus unserer schönen Partnerschulaktion gemacht?
Kirsten Siebarth: Wir hatten ausreichend Medaillen mit. Alle vor Ort beteiligten Schulen werden sicherlich noch den erniedrigenden Anblick des Helferteams vor sich sehen. Unser Team musste auf dem Steinfussboden die Medaillen sortieren und ausgeben. Es gab ja noch nicht einmal einen Tisch, wo alle Medaillen und Urkunden aufgelegt werden konnten. Es war für mich ein schrecklicher Anblick und mir taten alle Helfer leid. Dieses hatten sie wirklich nicht verdient. Am Ende haben dann noch die Betreuer alles zusammengerafft, dass es nicht einmal für alle Kinder Medaillen gab. Vermutlich haben alle gedacht, wenn wir schon nicht genug essen können, nehmen wir einfach mehr Medaillen mit. Am Ende standen manche Kinder ohne alles da. Grausam.
Björn Lengwenus: Es waren die schlimmsten Stunden meines Schachlebens und ich habe mich dort zum Zitat hinreißen lassen: „ich habe 20 Jahre im Schulschach meinen Ruf aufgebaut, um ihn heute zu verlieren. Ich war so machtlos und hilflos wie noch nie. Und ich war der Mensch am Mikro, der verkündete, dass es kein Buffet gab. Früher wurden die Überbringer schlechter Botschaften erschossen – hätte man das dort doch nur mit mir gemacht – es wäre mir recht gewesen. Besser als dieses Scham zu ertragen. Ich hatte noch im Vorfeld versucht eine Dresdner Schülerband zu engagieren, das hat zum Glück nicht geklappt – unglaublich, wenn die auch noch dort gewesen wären.
Kirsten Siebarth: Aber das schlimmste kommt ja noch. Den Weg zu den Schul-Präsentationen im ersten Stock hatte man inzwischen durch zwei Sicherheitskräfte versperrt und die Kinder konnten so nicht einmal zu ihren eigenen Präsentationen, um sich diese anzuschauen.
Präsentationen der Partnerschulen
Viele liebevolle Bastelarbeiten
Informationen
Norwegen
Essen in Kroatien
Björn Lengwenus: Ich bin dann dahin gegangen und habe laut geschrien: Geben sie den Weg frei. Das ist ein Befehl!
Kirsten Siebart: Das hat geklappt und oben sahen wir, warum wir nicht hoch durften. Vor den Kinder-Präsentationen war ein Buffet aufgebaut. Für die wichtigen Menschen dieser Schacholympiade, genau so ein Buffet, wie wir es erwartet hatten.
Björn Lengwenus: Eigentlich hätten wir es stürmen müssen.
Kirsten Siebarth: Als ein Kind sich ein Stück Brot nahm, wurde es zurückgepfiffen und ermahnt.
Björn Lengwenus: Dieses Bild wird mir immer im Kopf bleiben. Ein Buffet aufgebaut vor den Präsentationen der Kinder, die unten 4,50 € für ein Würstchen und ein Getränk bezahlen mussten… . Man kann fast nicht glauben. Aber so war es.
In einem Interview hat Dirk Jordan angedeutet, nach einer gewissen Zeit könnte es vielleicht noch einmal eine Schacholympiade in Dresden geben. Werdet ihr dann wieder mit einem Partnerturnier dabei sein?
Björn Lengwenus: Niemals, ich werde nie wieder mit einer Organisation zusammen arbeiten, die in meinen Augen weder das Schachspiel noch die Kinder im Auge hat. In meinen Augen sollte mit den Kindern Kohle gemacht werden. Ich fand das Ganze schlichtweg einen Skandal und mir wird speiübel, wenn ich bedenke, dass ich unsere Idee derart mit den Füßen getreten wurde. Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so schlecht gefühlt und nach dem Abschlussabend habe ich mich in meinem Herbergszimmer versteckt. Obgleich ich schuldlos war, fühlte ich mich alleine deswegen schuldig, weil ich nichts ändern konnte.
Kirsten Siebarth: Ganz ehrlich? Schacholympiade in Dresden? Ich persönlich werde dieses Kongresszentrum nie wieder für ein Schachturnier betreten.
Björn Lengwenus: Es wurde eine historische Chance für das Deutsche Schach vertan. Nicht mehr, nicht weniger. Ich lade alle Partnerschulen ein am 31.März in Hamburg beim Turnier „Rechtes gegen Linkes Alsterufer“ im Hamburger Congress Zentrum mit 3000 anderen Schülerinnen und Schülern dabei zu sein. Es gibt bestimmt eine Reihe Hamburger Schulschachgruppen, die ihre Turnhallen öffnen würden, um eine kostenlose Übernachtung zu stellen, was in Dresden nicht möglich war. Es findet 2009 im 51.Jahr statt – ein wahrlich bemerkenswertes Turnier. Das Leben – auch das Schachleben – geht weiter.
Kirsten Siebarth: Eigentlich wollte ich diese Worte auf
einer Bühne, die von allen Kindern, Eltern, Betreuern und Lehrern einsehbar ist,
von mir geben. Ich danke allen Schulen, die sich an dieser Aktion beteiligt
haben. Ich persönlich hatte vor Ort 2 Schulen und 6 Botschafterkinder und kann
alles bestens nachvollziehen. Sie alle sind super, haben mitunter Unmögliches
geschaffen und geleistet. Dafür möchte ich Ihnen aus ganzem Herzen danken. Ich
denke, die Zeit wird Wunden heilen. Das Wissen, dass wir einen Teil der
Persönlichkeitsbildung dieser kleinen Denker und –innen beigetragen haben, gibt
uns Pädagogen das größtmögliche „Danke“ zurück. Ich bin überzeugt, dass auch in
einigen Jahren diese tollen Kinder noch voller Stolz von der Schacholympiade
2008 sprechen werden.
Wir wünschen allen Kindern, Eltern sowie Lehrern besinnliche Feiertage sowie
einen guten Rutsch in ein erfolgreiches, gesundes 2009.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: André Schulz.
Links:
Seite der Partnerschulaktion...
Schlussbericht der DSJ bei www.schachpartnerschulen.de
Die Projektarbeiten der Partnerschulen in der "World of Chess"
Infos auf der Webseite der Schacholympiade