07.01.2008 – "Bretter, Spieler und Figuren – vieles von dem, was im heutigen Russland
politisch abläuft, hat schon zu Sowjetzeiten begonnen", meint die
Schriftstellerin Olga Martynova in ihrem Artikel in der Neuen Zürcher
Zeitung und beschreibt einen Bogen von den früheren Machtkämpfe im Schach zu
den heutigen in der russischen Politik. Damals sei die "gebildete Schicht"
für Kasparov gewesen und hätte den Repräsentanten der Sowjetmacht Karpov
verachtet. Dass auch Kasparov einst Mitglied des Komsomol war, werde in der
weit verbreiteten russischen Doppelmoral jedoch gerne übersehen. Karpov
hätte seine Sympathien verspielt, nachdem er den für die Freiheit spielenden
Dissidenten Kortschnoj besiegt hatte, was in dem Witz zum Ausdruck komme,
Karpov hätte die Umbenennung des kleinen stinkenden St. Petersburger Flusses
Karpovka in Kortschnojka beantragt. Dreißig Jahre später besucht Karpov
seinen ehemaligen Widersacher Kasparov - nun Oppositionsführer - in der
Haft, um ihm eine Schachzeitung zu bringen. Alles hat sich gedreht und dreht
sich noch in Russland: "Figuren werden zu Spielern (oder sie denken, sie
würden es). Und Spieler zu Figuren (das glauben sie allerdings nie)."
Olga Martynova in der NZZ...