"Die Lust am Leiden"

von ChessBase
15.09.2010 – "Im Angriff werden Spiele gewonnen, in der Defensive die Meisterschaft", ist eine Weisheit, die im Fußball weite Verbreitung gefunden hat. Die Erkenntnis hat aber auch anderswo und nicht zuletzt im Schach Gültigkeit. Hier entscheidet eine gute Defensive of aber auch schon die Partie. Mit ihrem Buch "The Chess Cafe Puzzle Book – Test and Improve Your Defensive Skills" haben die beiden Hamburger Bundesligaspieler GM Karsten Müller und IM Merijn van Delft dem Thema Verteidigung ein Buch gewidmet. Sie vermitteln Verteidigungstechniken und zuvor noch die Erkenntnis, das zur guten Verteidigung bisweilen eine hohe Leidensbereitschaft vorhanden sein sollte. Martin Fischer hat sich das Buch angeschaut und meint, das es besonders dem normalen Klubspieler weiterhelfen wird. Denn gerade auf diesem Niveau sind Angriffsbemühungen oft völlig überhastet und können demzufolge leicht zurück geworfen werden - mit der richtigen Technik! Bücher z.B. bei Schach Niggemann kaufen...Zur Rezension...

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Die Lust am Leiden

Einen Blick von mir auf meine wahrscheinlich kommenden Gegner in der bevorstehenden Oberliga Saison hat zutage gefördert, dass ich überwiegend gegen deutlich stärker Gegner anzutreten habe. Es ist also wahrscheinlich, dass im Laufe der kommenden Saison eine Menge schwieriger Stellungen auf mich zukommen werden. Da trifft es sich gut, dass gerade jetzt ein neues Buch von Karsten Müller und Merijn van Delft, das „Chess Cafe Puzzle Book 3 – Test and Improve Your Defensive Skills“, herauskam. Es erscheint viel versprechend zu sein, angesichts der bevorstehenden Aufgaben, sich auf schwierige Stellungen und Verteidigung vorzubereiten.

Motivierend ist es zunächst zu lesen (im Vorwort des Buches), dass verteidigen nicht unbedingt bedeutet, dass vorher schlecht gespielt wurde. Verteidigung ist auch dann notwendig, wenn der Gegner angreift (häufig unter Vernachlässigung solider positioneller Prinzipien) oder wenn die Eröffnung, insbesondere wenn man mit den schwarzen Steinen spielt, dies verlangt. Sie weisen darauf hin, dass kaltblütige Verteidigung häufig mit einem vollen Punkt belohnt wird.

Verteidigen macht den meisten Schachspielern keinen Spaß. Verteidigen bedeutet, dass man leidet. Der Spielpartner bestimmt wo man etwas einstecken muss. Der Gegner setzt einen unter Druck, man ist bedroht von einer Glanzpartie oder der Möglichkeit wie ein Trottel dar zustehen. Aber für eine erfolgreiche Verteidigung, so die Autoren, ist es wichtig, dass man Spaß an diesen Spielereien hat. Man muss die Verteidigung genießen, Spaß haben, wenn man gefesselt da sitzt und sich nicht rühren kann (bzw. die eigenen Figuren nicht).  Man muss Freude daran haben, wenn der Andere austeilt und man selber kräftig einstecken kann. Man muss es mit Vergnügen hinnehmen, wenn der Andere mehr Feuer ins Spiel bringt. Denn am Ende, wenn an all dies erfolgreich ausgehalten hat, da steht dann häufig sogar der volle Punkt, der Erfolg.

Soweit so gut. Man kann sich sicherlich schnell darüber verständigen, dass eine positive Grundeinstellung mehr Erfolge bringt als eine „das war wieder nichts, hoffentlich ist das schnell vorbei, dann sieht’s wenigsten keiner“ – Einstellung. Aber nur die Einstellung bringt es nicht. Damit das Leiden Spaß bringt und wirklich zu einem befriedigendem Ergebnis führt muss man einige Brandtechniken beherrschen.

Daher kommt es entscheidend darauf an, dass man einige grundsätzliche Verteidigungstätigkeiten beherrscht. Wobei der Ausdruck Verteidigungstätigkeiten hier vielleicht nicht ganz richtig ist. Diese Techniken, die die Autoren in Ihrem Buch erläutern, sind nicht nur Verteidigungsfertigkeiten, sondern teilweise schlicht und ergreifend Grundlagen guten Schachspiels.

Das Buch ist eigentlich kein klassisches „Puzzle-Book“. Tatsächlich werden zunächst einige für die Verteidigung besonders wichtige Motive und Denkmethoden vorgestellt und an Hand prägnanter Beispiele plastisch gemacht. Der Aufbau ist so, dass für jeden  Abschnitt, jeweils gefolgt von einer knappen aber überzeugenden Erklärung, vorgestellt werden. Die Kommentierung der einzelnen Partien und hat die Beispiele ist knapp gehalten. Allerdings ist sie nicht oberflächlich. Sie beschränkt sich vielmehr auf die entscheidenden Punkte, wobei hier verbale Erläuterungen, um das Prinzip, dass gezeigt werden soll, zu verdeutlichen, im Vordergrund stehen.

Dies finde ich persönlich einen ausgesprochen angenehmen Ansatz. Wem an der einen oder anderen Stelle überbordende Varianten fehlen, der mag sich einen entsprechenden Variantenbaum mit Hilfe einer Engine erstellen.  Aber die wesentliche, die zu behaltende Informationen steckt bereits in den 215 Seiten, 12 Kapitel und 43 Unterkapiteln des Buches.

Die Beispiele sind nicht ganz einfach. Und man sollte, um sie nachzuvollziehen, schon das Brett aufbauen und sich etwas Zeit nehmen. Ein Buch nicht zum blättern, sondern für richtige Arbeit am Schach. Aber wer das tut, der ist sicherlich gut gerüstet, wenn der Gegner das nächste Mal die Peitsche schwingt oder mit dem Feuer zündelt. Man wird dann Spaß haben und hat gute Aussichten auf den vollen Punkt.

Martin Fischer



The Chess Cafe Puzzle Book – Test and Improve Your Defensive Skills
Von Karsten Müller & Merijn van Delft

Russel Enterprises Inc. 2010 - ca. € 23

 

 

 

 


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