"Ein fantastisches Opfer!"

von ChessBase
16.06.2009 – Boris Gelfand war sehr beeindruckt von Liviu-Dieter Nisipeanus spektakulärem Springeropfer in typischer Königsindisch-Position. Wer den israelischen Großmeister kennt, weiß, dass er die Leistung seines Gegners nicht nur deshalb objektiv bewertete, weil er die Partie dennoch gewann. Auch Shirov griff zu einem spektakulärem Opfer und wie Nisipeanu fand er später nicht das Beste. Dank geistreicher Verteidigung zog der Spanier sich gegen Ivanchuk später aber am eigenen Schopf aus dem Sumpf und hätte die Partie fast noch gewonnen. Für eine Art spektakuläre Einsicht sorgte auch Gata Kamsky: Er erklärte auf der Pressekonferenz, Radjabovs Drachenvariante wäre für ihn eine Überraschung gewesen. Dorian Rogozenco kommentiert die gestrige Runde. Kommentare und Bilder...

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Bazna - Turnier der Könige: Runde 2    
Von Dorian Rogozenco


Shirov
spielte erneut die längste Partie des Tages.

Alexej wählte die Rossolimovariante gegen Ivanchuks Sizilianer, aber Vassily war sehr gut vorbereitet und brachte in scharfer Position eine Neuerung.

Shirov reagierte mit einem spektakulären Opfer, verrechnete sich aber bald danach und fand sich sich dann in der Verteidigung wieder. Ivanchuk tauschte die Damen und forcierte ein Endspiel, in dem der weiße Läufer auf der Grundreihe gefesselt war. Shirov agierte sehr akkurat und hatte dann sogar Gewinnchancen im Turmendspiel. Schließlich endete die Partie remis.

Kamsky-Radjabov spielten eine Partie in der Sizilianischen Drachenvariante, in der Kamsky ein ruhiges Abspiel wählte und Schwarz sehr bequem ausglich.

Im 21. Zug ließ Radjabov etwas sorglos den Tausch seines aktiven Läufers gegen einen Springer hinnehmen. Kamsky erreichte eine angenehme Position mit ungleichfarbigen Läufern und gewissen Angriffschancen. Doch dann ließ der US-Großmeister zu, dass Radjabov die Stellung schloss. Nach dem Damentausch endete die Partie remis.

Die unterhaltsamste Partie boten Gelfand und Nisipeanu.

In einer typischen Königsindisch-Position griff der rumänische Großmeister zu einem spektakulären Springeropfer und erhielt einen starken Angriff gegen den weißen König. Gelfand verteidigte aufmerksam; im 26.Zug erreichte der Kampf seinen Höhepunkt. Beide Spieler hatten zu diesem Zeitpunkt in einer sehr scharfen Position nur noch zehn Minuten auf der Uhr. Nisipeanu griff in der entscheidenden Phase mehrfach fehl. Gelfand nutzte jeden Fehler mit höchster Präzision und erzwang im 36.Zug die Aufgabe.


Shirov,Alexei - Ivanchuk,Vassily

Kings' Tournament Bazna (2), 15.06.2009

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.Sc3 Dc7 5.0–0 a6 6.Lxc6 dxc6 7.e5 Sd5 8.Se4 Lg4

In dieser Variante ist Schwarz bereit, den Bauern auf c5 zu opfern, um Druck auf das weiße Zentrum auszuüben.  9.c4

Ein seltener Zug, der erst einmal zuvor gespielt wurde. Die Hauptfortsetzung ist 9.Sxc5. Nach 9...e6 10.Sd3 Td8 hat Schwarz gute Kompensation für den Bauern

9...Sb4

Das ist ein neuer Zug. In der einzigen Vorgängerpartie zog Schwarz den Springer nach b6 zurück.

10.d4 0–0–0 11.Sxc5 e6

12.Sxb7

Fire on board! Das Opfer ist in Ordnung, aber Alexej verrechnete sich später, wie er auf der Pressekonferenz erläuterte. Die weiße Idee besteht darin, den schwarzen Bauernschild zu zerstören und später den herrenlosen Springer auf b4 einzufangen.

12...Dxb7 13.a3 Lxf3 14.gxf3

14.Dxf3? Sc2 und Schwarz rettet den Springer.

 

14...Txd4

Ein Gegenopfer von Ivanchuk! Der Ukrainer ist nicht bereit, die Initiative dem Gegner zu überlassen.

15.Dxd4 Sc2 16.Dd3

Dieser Zug basiert auf einem Rechenfehler. Richtig war 16.Dc3 Sxa1 17.b4 c5 18.Ld2 und hier wollte Ivanchuk 18...Le7 spielen (eine andere Möglichkeit besteht darin, auf b4 zu nehmen und dann Sc2 zu ziehen) 19.Txa1 Td8 mit Kompensation.

16...Sxa1 17.b4

Hier bemerkte Shirov, dass das geplante 17.Lg5 wegen 17...f6 18.exf6 gxf6 19.Lxf6 Lg7! 20.Lxg7 Dxg7+ mit Schach (!) nicht funktioniert.

17...Le7 18.Lb2 Td8 19.Dc3 Dd7! 20.Txa1 Dd2 21.Dxd2 Txd2 22.Lc1

Nach 22.Lc3 Tc2 23.Ld4 Txc4 hat Schwarz Vorteil

22...Td1+ 23.Kg2

Trotz Minusbauer ist Schwarz im Vorteil.

23...c5

23...Lh4!?

24.b5 axb5 25.cxb5 c4

25...Lg5 bringt nichts wegen 26.Lb2 Td2 27.Lc1 und Schwarz muss die Stellung wiederholen.

26.a4 c3 27.a5 Lg5 28.f4!

Starke Verteidigung von Shirov. Er braucht den Läufer auf f4, um ihn später mit dem Turm angreifen zu können.

28...Lxf4 29.a6 Txc1 30.Ta4!

Nun ist Schwarz gezwungen, die Mehrfigur zurück zu geben.

30...Kb8

30...Lg5 verliert wegen 31.a7.

31.Txf4 Tb1 32.Txf7 c2 33.b6 Txb6 34.a7+ Ka8 35.Tc7 Tb2

36.Kg3 g6 37.h4 h6 38.f3 Ta2 39.Kg4 Tb2 40.f4 Ta2 41.h5 g5 42.fxg5 Ta4+ 43.Kf3 Ta3+ 44.Ke4 Ta4+ 45.Kd3 hxg5 46.Txc2 Th4 47.Tc8+ Kxa7 48.Th8 Kb6 49.h6 Kc6 50.h7 Kb7 51.Ke3 Ka7 52.Kf3 Tf4+ 53.Kg3 Th4 54.Te8 Txh7 55.Kg4 Kb7 56.Txe6 Kc7 57.Ta6 Th1 58.Td6 Te1 59.Kf5 g4 60.Td3 g3 61.Txg3 Kd7 62.Tg7+ Ke8 63.Ke6 Kf8 64.Tf7+ Ke8 65.Tf2 ½–½

 

 

Kamsky,Gata - Radjabov,Teimour
Kings' Tournament Bazna (2), 15.06.2009

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 g6

Kamsky erklärte auf der Pressekonferenz, dass die Wahl der Drachenvariante für ihn überraschend kam (?!)

 

6.Le2

Aus diesem Grund wählte der US-Großmeister diese ruhige Variante. Da er außerdem in der ersten Runde verloren hatte, wollte Kamsky kein Risiko eingehen.

6...Lg7 7.0–0 Sc6 8.Le3 0–0 9.Dd2 d5 10.exd5 Sxd5 11.Sxd5 Sxd4 12.c4 e5 13.Tad1

Ein neuer Zug, ruhiger als das übliche 13.f4.

13...Le6 14.Lxd4 exd4 15.Sf4 Lf5 16.Lf3 Tc8 17.b3 Dd7 18.a4 Tfe8 19.h3 b6 20.Ld5 De7 21.Sd3

21...Da3

Ein riskanter Zug von zweifelhaftem Wert. Nach 21...De2 wäre die Partie ausgeglichen.

22.g4!

Auf diese Weise forciert Kamsky einen günstigen Figurentausch.

22...Lxd3

22...Le4 23.Db4 löst die schwarzen Probleme nicht, da er einem schlechten Läufer gegen einen straken Springer verbleibt.

22...Ld7 wird mit 23.c5 beantwortet, um die Dame mit 24.Ta1 zu fangen

23.Dxd3 Db4 24.Df3 Te7

Weiß steht besser, da sein Läufer viel wirksamer ist. Um den Vorteil zu vergößern, müsste Weiß nun einen Angriff am Königsflügel vorbereiten. Notwendig war dazu g4-g5, dann h3-h4, Kg1, Th1 gefolgt von h4-h5. Doch Kamsky stellt den Vorstoß des g-Bauern zu lange zurück. 

25.h4 Tce8 26.Td3 Dd6 27.Kg2 h6!

Schließlich schafft Schwarz diesen wichtigen Zug. Der weiße Vorteil ist nun rein akademisch. Auf h5 folgt g6-g5, auf g4-g5 folgt h6-h5.

28.Th1 a5

Nun ist auch der Damenflügel geschlossen.

29.Tdd1 Le5 30.h5 g5 31.The1 Df6 32.Te4 Dxf3+ 33.Kxf3 Kg7 34.Tb1 Ld6 ½–½

 

Gelfand,Boris - Nisipeanu,Liviu Dieter

Kings' Tournament Bazna (2), 15.06.2009

1.d4 d6 2.Sf3 g6 3.c4 Lg7 4.e4 Sf6 5.Sc3 0–0 6.Le2 e5 7.0–0 Sc6 8.d5 Se7 9.b4 Sh5 10.Te1 a5 11.bxa5 f5 12.Sd2 Sf6 13.c5 Txa5 14.Sb3 Ta8 15.f3 f4 16.a4 g5 17.La3 h5 18.a5 Sg6 19.cxd6 cxd6 20.Sa4 g4 21.Sb6

21...Sxe4!

"Ein fantastisches Opfer" (Gelfand)

22.fxe4

Es folgen einige Varianten, um die Gefahren für Weiß zu zeigen.

22.Dc2 Dh4 23.fxe4 (or 23.Dxe4 Lf5 24.Db4 e4) 23...g3 24.h3 Lxh3 25.gxh3 f3 26.Lxf3 Txf3 27.Tf1 Taf8;

22.Sxa8 Sf2!

23.Kxf2 (23.Dc2 g3 24.Dxg6 Dh4 25.h3 Lxh3) 23...Dh4+ 24.Kg1 g3 25.h3 Lxh3.

In allen diesen Varianten gewinnt Schwarz

22...f3

22...g3? geht nicht wegen 23.Lxh5 Dh4 24.h3 Lxh3 25.gxh3 Dxh3 26.Ta2.

23.Tf1

Nach anderen Zügen ist Weiß in Schwierigkeiten: 23.Sxa8 f2+ 24.Kh1 g3!; Or 23.gxf3 gxf3 24.Lxf3 Sh4 25.Sd2 Lh3 26.De2 Txa5 27.Sbc4 Ta4 28.Tac1 Sxf3+ 29.Sxf3 Lg4 30.Tf1 b5.

23...Sf4 24.Lxf3!

Gelfands Zug ist sicherer als 24.gxf3 Dg5 25.fxg4 Sh3+ 26.Kh1 Sf2+ 27.Txf2 Txf2.

24...gxf3 25.Txf3 Lg4 26.Sxa8

26...Dxa8?

Wie schade! Stattdessen hatte Schwarz zwei andere gute Möglichkeiten:

26...Sh3+ 27.Txh3! (Einziger Zug. 27.Kf1 Lxf3 28.gxf3 Dg5 und Schwarz gewinnt. ) 27...Lxd1 28.Txd1 Dc8! 29.Tc1 Dxa8 30.Lxd6 Tf4 mit unklarer Stellung, vom praktischen Gesichtspunkt für Weiß leichter zu spielen.

Deshalb ist 26...Sxg2! stärker: 27.Txf8+ Lxf8 28.Df1 Sf4 29.Ta2 Dg5 30.Kh1 Dg6 mit ausgezeichneter Kompensation für die Qualität.

27.Lxd6 Tf7 28.Df1! Dd8

Der letzte Versuch, die Dinge zu komplizieren war vielleicht 28...h4, aber Weiß sollte auch dann gewinnen.

Nach 28...Lxf3 29.gxf3! verliert Schwarz ebenfalls (aber nicht 29.Dxf3? Da6 mit Angriff auf den Läufer d6 und der Drohung Se2 mit Schach )

29.Lc5

Und Weiß gewinnt.

29...Lf8 30.Tf2 Dh4 31.Kh1 Se2 32.Txf7 Sg3+ 33.Kg1 Lxc5+ 34.Sxc5 Se2+ 35.Dxe2 Lxe2 36.Tf2 1–0

 

 


 

 

 

 

 


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