"Higher League" der Russischen Meisterschaften
Bericht aus St. Petersburg
Von Misha Savinov

Der Turniersaal
Runde 6
Diese Runde brachte den letzten Prüfstein für den
Tabellenführer Alexej Dreev. Er musste mit dens chwarzen Steinen gegen den
früheren FIDE-Weltmeister Alexander Khalifman spielen. Beide Spieler sind als
große Theortiker bekannt und so war das Ergebnis der Eröffnung im Hinblick auf
das Partieregbenis sehr wichtig. Während Khalifman ein sehr viel größeres
Repertoire hat kennt Dreev seine System sehr genau. Die Experten
erwarteten Caro-Kann oder die Moskau-Variante im Halbslawen und waren der
Meinung, dass die scharfen Varianten im Caro-Kann eher Khalifman liegen würden.
Alexanders 1.d4 war schon eine kleine Überraschung, aber als Alexej seine
Dame im 6.Zug nach a5 zog und damit Cambridge-Springs auf dem Brett stand, war
dies eine Bombe. Noch nie hatte er diese Variante zuvor gespielt.

Alexey Dreev
Obwohl Khalifman meistens 6.Lg5 spielt, hatte er es zuvor
auch erst einmal mit der Cambridge-Springs-Variante zu tun gehabt: ein
23-zügiges Remis gegen Artur Jussupov. Wie sich bald heraus stellte, war Dreev
sehr viel besser vorbereitet und hatte keinerlei Schwierigkeiten das Remis zu
erreichen. Damit bleib er an der Spitze der Tabelle.
Vitaly Tseshkovsky
hatte sich
gegen Epishins Sizilianer
strategisch sehr gesund aufgebaut und belagerte einen schwachen Bauern auf a6. Doch wie so oft
wurde es dann doch sehr taktisch und die Partie endete nach der Zeitkontrolle
und einer lebendigen Schlacht mit Remis.

Epishin, Tseshkovsky
Der frühere russische Meister Sergey
Volkov traf in einer sehr zweischneidigen Partie, die auch das Interesse
der Zuschauer und anderen Teilnehmer weckte, auf den jungen
FM Evgeny Romanov.

Khalifman als Kiebitz
Die komplizierte Partie zweier gleichwertiger Gegner endete
im 47. Zug remis.
Ian Nepomniashchy
schlug
GM Igor Kurnosov in einem scharfen Franzosen. Auf dem
Foto sieht man Alexander Bakh als Zuschauer. Schwarz steht bereits auf Gewinn.

Kurnosov -Nepomniaschij,
Kiebitz Alexander Bakh
Vadim Zvjaginsev
überspielte
Evgeny Shaposhnikov in der Eröffnung und leitete in
ein Turmendspiel mit Mehrbauer über.

Vadim Zviaginsev
Dieses war dann weniger einfach zu spielen als gedacht,
aber Zvjaginsev zeigte sich einmal mehr als Endspiel-König und gewann souverän.
Nach der Partie schaute sich Evgeny Shaposhnikov das
Endspiel noch einmal zusammen mit Valery Loginov an.
Obwohl Schwarz sich hätte besser verteidigen können, war es nicht zu halten.

Shaposhnikov und Loginov
Runde 7
Der Kampf an Tisch 1 zwischen Dreev und Zvjaginsev war
nicht geeignet, die Zuschauer zu beeindrucken. Erneut begnügte sich Dreev mit
einem kurzen Remis. Dafür zeigten die übrigen Spieler viel Kampfgeist, besonders
Vitaly Tseshkovsky und Alexander
Khalifman.
Für "El Kahlif", zum zweiten Mal hintereinander mit Weiß,
war es die letzte Chance zur Spitze aufzuschließen. Und es sah gut aus, denn
Alexander hatte bald einen Benoni mit Extra-Tempo auf dem Brett. Allerdings
zeigte sich Tseshkovsky nicht unzufrieden mit seine
Position und machte sich keine Sorgen um das verlorene Tempo. Schwarz errang
bald die Initiative in einer Stellung mit Rochaden an entgegen gesetzte Flügel.

Khalifman
Nachher glaubte Tseshkovsky, dass
er den Gewinn verpasst hat. Er opferte einen Bauern und Khalifman musste sich
äußerst konzentriert verteidigen, um die Stellung zu halten. Alexander gab
Material zurück und spielte auf Gewinn, doch die schwarzen Figuren waren zu
aktiv, so dass das Remis unausweichlich wurde.

Tseshkovkys König im ewigen Schach
Eine witzige Geschichte passierte an den Brettern von
GM Denis Yevseev und IM Sergey
Solovjov. Die beiden St. Petersburger Freunde hatten gegen
GMs Alekseev und Riazantsev
die gleiche, etwas unsolide, Variante in der Slawischen Verteidigung
vorbereitet. Im 14. Zug wichen die Partien voneinander ab.
Solovjov verlor, während Yevseev im 30. Zug remis durch Zugwiederholung
forcierte.

Alekseev-Yevseev
(li.).
Sergey Ivanov landete seinen zweiten Sieg in Folge, diesmal
gegen Sergey Volkov.

Ivanov (re.), Volkov.jpg.
Evgeny Najer
gewann gegen
Konstantin Landa, nachdem dieser einen furchtbaren
Fingerfehler in Zeitnot gemacht hatte.
Der 14-jährige Dmitry Andreikin
hielt ohne Mühe remis gegen den früheren Europameister Pavel
Tregubov. Der Youngster hat nun 1 Sieg und 8 Remis gegen einen FM und
acht GM gemacht gegen einen Gegnerschnitt von
Elo 2576!

(r7-andreikin.jpg)
Runde 8
Das Turnier verlief bisher völlig störungsfrei, ein
Verdienst der Organisatoren und Schiedsrichter.

Die Schiedsrichter. Drei St. Petersburger und als VIP-Gast aus Moskau
Vladimir Dvorkovich
Die Nachricht des Tages war die Einladung des 18-jährigen
St. Petersburger Großmeister Evgeny Alekseev zur FIDE-Weltmeisterschaft. "Viel Glück und pass' auf, dass sie dich nicht gleich am
Flughafen einsperren," lautete der Gruß von Sergey Ivanov
an den jungen Mann. Trotz seiner Jugend hat Alekseev nämlich schon das Land im
Nahen Osten bereist, dass von Libyen nicht als sein bester Freund angesehen wird.

Khalifman und Shoposhnikov diskutieren über die FIDE-Weltmeisterschaft.
Die Partie zwischen Najer und Dreev endete remis.
Najer konnte gegen Dreevs Caro-Kann keinerlei Vorteil nachweisen. Dies sicherte
Dreev praktisch schon den ersten Platz und die Qualifikation für das
Superfinale.

Dreev und Najer in der Analyse
Vladimir Epishin
bearbeitet wie
eine Dampframme die Verteidigung von Pavel Tregubov. Schließlich musste
Tregubov Material aufgeben und war im Endspiel verloren. Epishin konnte dadurch
Tseshkovsky noch einholen.

Kraftvoll: Epishin
Ian Nepomniashchy
gewann eine
weitere Partie mit Schwarz und kam so zurück in die 50%-Gruppe.
Der junge IM pflegt einen sehr unternehmenden Stil, überschätz aber oft seine
Möglichkeiten. Doch wenn man erst 13 Jahre alt, hat man noch genügend Zeit zur
Entwicklung.

Nepomniaschij
Vielleicht hat die Einladung zur WM Alekseevs Konzentration
gestört. Für seine gute Technik bekannt, misshandelte er diesmal ein besseres
Endspiel gegen Popov und verlor.
Nachdem alle Partien des Tages beendet waren, bleiben nur
noch Tseshkovsky und Ivanov
auf der Bühne. Tseshkovsky hatte das Remis sicher,
spielte aber auf Gewinn. Schließlich erreichten die beiden ein Endspiel, das es
in sich hatte.

Das Endspiel
Auf den ersten Blick schien es leicht gewonnen für Weiß,
doch Schwarz hatte eine Reihe von Ideen, das Remis zu erreichen, basierend auf
Pattmotiven und der Möglichkeit eine Festung zu bauen. Nach einigen mysteriösen
Zügen nach der Zeitkontrolle endete die Partie im 72.Zug mit Remis. Nach der
Partien und selbst am nächsten Tag wurde das Endspiel von mehreren Teilnehmern
analysiert, die zu unterschiedlichen Urteilen kamen. Sergey
Ivanov meinte, er hätte in jeder Variante ein Remis gefunden,
Valery Popov war in Bezug auf die weißen Gewinnchancen
optimistischer. Seine Analyse wurde sogar noch auf der Schlussfeier geprüft.
Runde 9
Es dauerte nur 15 Minuten, dann war das Remis zwischen
Alexey Dreev und Sergey Ivanov unter Dach und Fach und
Dreev damit Turniersieger. Ivanov wurde dadurch Vierter bis Zehnter.

Dreev-Ivanov.
Handschlag zum Turniersieg
Valery Popov
konnte mit einem
Sieg über Vitaly Tseshkovsky unter die ersten Drei
kommen. Beide Spieler überraschten sich gegenseitig in de Eröffnung und am Ende
wurde die Partie remis. Sofort begannen Sie mit der Analyse, wurden aber nach
Protest der übrigen Spieler von den
Schiedsrichtern in den Analyseraum gebeten,

Epishin beklagt sich über die Analyse am Nebenbrett
Nachdem Alexander Khalifman sich mit seinem Remis gegen
Najer aus dem Rennen um die Qualifikation verabschiedet hatte, hatte Epishin die
Chance sich durch einen Sieg über Zvjaginsev zu qualifizieren, doch er kam trotz
aller Bemühungen nicht
über Remis hinaus.
Insgesamt 20 Preisgelder waren zu vergeben und so wurde
auch an den mittleren und hinteren Brettern bis zum Schluss eifrig gekämpft. Zu den Siegern
gehörte der Moskowiter Riazantsev, der gegen Volkov
gewann.

Riazantsev
Vor der Siegerehrung gingen die meisten Spieler
noch auf ihre
Hotelzimmer, doch die St. Petersburger Großmeister Loginov,
Shaposhnikov und Alekseev verließen den
Turnierraum nicht und unterhielten sich mit
Fischer-Random-Schach.

Fischer-Random
Am Ende standen Alexey Dreev, Vitaly
Tseshkovsky und Vladimir Epishin als
Qualifikanten für das Superfinale fest, das wohl im November stattfinden soll.
Dreev hielt eine Rede in der er sich dafür aussprach, dass dorthin auch
Khalifman (4. nach Buchhoiz) eingeladen werden solle.

Dreevs-Rede

Vitaly Tseshkovsky auf der Schlussfeier

"Ich kenne das Geheimnis!" Valery Popov
(mit Sonnenbrille) machte 4/5 in der zweiten Hälfte
des Turniers. Links: Ivanov, rechts: Ionov
Hier folgen noch drei Bilder von den "Weißen Nächten von St.
Petersburg". Die Bilder (außer dem mit der Uhr) wurden um 23 Uhr nachts aufgenommen.
Richtig dunkel wird es erst um Mitternacht.



Endstand in St.Petersburg
Dreev - 6,5,
Tseshkovsky and Epishin - 6,
Ivanov, Khalifman, Najer, Popov, Riazantsev, Sakaev and Zvjaginsev - 5,5,
Andreikin, Landa, Romanov, Tregubov and Yakovich - 5,
Alekseev, Belov, Ionov, Nikolenko, Shaposhnikov, Volkov and Yevseev - 4,5,
Burmakin, Danin, Dolmatov, Kurnosov, Kuzmin, Loginov and Nepomniashchy - 4,
Dobrov and Solovjov - 3,5,
Gleizerov - 2,5,
Silivanov and Shapovalenko - 1.
Die Partien aus St. Petersburg zum Nachspielen...
Endstand in Tomsk:
1. Motylev, Alexander g RUS 2649 6.5;
2. Timofeev, Artyom g RUS 2591 6.0; 3. Inarkiev, Ernesto g RUS 2595 6.0; 4.
Korotylev, Alexey g RUS 2565 6.0; 5. Jakovenko, Dmitry g RUS 2582 6.0; 6.
Smirnov, Pavel g RUS 2601 6.0;
7. Rustemov, Alexander g RUS 2593 5.5; 8. Bocharov, Dmitry g RUS 2567 5.5; 9.
Khismatullin, Denis RUS 2537 5.0;
10. Filippov, Valerij g RUS 2639 5.0; 11. Kosyrev, Vladimir g RUS 2529 5.0; 12.
Sorokin, Maxim g RUS 2583 5.0; 13. Rublevsky, Sergei g RUS 2671 5.0; 14. Kharlov,
Andrei g RUS 2593 5.0; 15. Belozerov, Andrei g RUS 2552 5.0; 16. Dvoirys, Semen
I g RUS 2612 5.0; 17. Kobalia, Mikhail g RUS 2630 5.0;
18. Galkin, Alexander g RUS 2602 4.5; 19. Gajsin, Evgenij RUS 2404 4.5; 20.
Shariyazdanov, Andrey g RUS 2575 4.5; 21. Lastin, Alexander g RUS 2622 4.5; 22.
Maletin, Pavel f RUS 2423 4.5;
23. Ulibin, Mikhail g RUS 2579 4.0; 24. Kornev, Alexei RUS 2582 4.0; 25.
Kiriakov, Petr g RUS 2568 4.0; 26. Sherbakov, Ruslan g RUS 2564 4.0; 27.
Khairullin, Ildar f RUS 2481 4.0; 28. Yagupov, Igor g RUS 2441 4.0; 29. Yudin,
Sergei f RUS 2425 4.0;
30. Vorobiov, Evgeny E g RUS 2552 3.5; 31. Yandemirov, Valeri g RUS 2494 3.5;
32. Iskusnyh, Sergei g RUS 2507 3.5;
33. Novikov, Maxim m RUS 2426 3.0;
34. Frolov, Denis m RUS 2401 2.5; 35. Loskutov, Oleg m RUS 2433 2.5;
36. Nazarov, Nikolay RUS 2256 0.5;
Die Partien aus Tomsk zum Nachspielen...