"Zu nervös!"

von ChessBase
23.11.2010 – Eigentlich wäre es nicht notwendig gewesen, da die Remisquote bei Frauenturnieren sowieso immer gering ist. Trotzdem wurde beim Superfinale der russischen Meisterschaft eine Regel eingeführt, die es den Spielerinnen verbietet, Remis zu vereinbaren. Nach sechs Runden führt etwas überraschend Nazi Paikidze, die aus Georgien stammt. Anna Burtasova weiß zu berichten, dass Paikidze zusammen  mit ihrem Bruder nach Moskau gezogen ist. Dieser war Profifußballer, musste seine Karriere inzwischen aber wegen einer Verletzung beenden. Einen unerklärlich schlechten Start hatte Valentina Gunina, die bei der Schacholympiade eine der Stützen der russischen Mannschaft beim Gewinn der Goldmedaille war. "Sie war am Anfang zu nervös", vermutet ihre Mutter, die Valentina immer zu den Runden in den Zentralschachklub begleitet. Für asiatischen Touch sorgt Vera Nebolsina. Sie stammt aus Novosibirsk und spricht perfekt chinesisch.Turnierseite...Bericht von Anna Burtasova...

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Russisches Superfinale der Frauen: Nach 6 Runden führt Nazi Paikidze
Von Anna Burtasova
 


Das Banner des Superfinales heißt die Teilnehmerinnen und Gäste im Moskauer Zentralschachklub
willkommen. Er befindet sich auf dem Gogolevskiy-Boulevard im Zentrum Moskaus und ist zugleich Sitz des Russischen Schachverbands.


Die Frauenmeisterschaften Russlands werden in einem Superfinale entschieden, das vom 15. bis 27. November in Moskau stattfindet. In diesem Turnier treten die besten Spielerinnen des Landes gegeneinander an und spielen um einen Preisfonds von 1.400.000 Rubel (etwa 35.000 Euro), von denen die Siegerin 400.000 Rubel (etwa 10.000 Euro) erhält. Organisator des Turniers ist der Russische Schachverband, Sponsoren sind “Gazprom”, “Sberbank”, “Almaz-Antei”, “E4 Group”.


Die Pokale in Spielsaal warten auf die Turniersiegerinnen.


In einem separaten Raum können die Zuschauer die Partien verfolgen.

Gespielt wird mit einer Bedenkzeit von 90 Minuten für 40 Züge sowie zusätzlichen 30 Minuten für den Rest der Partie. Bei jedem Zug gibt es einen Zeitaufschlag von 30 Sekunden.

Die Spielerinnen haben sich auf unterschiedliche Weise für dieses prestigeträchtige Turnier qualifiziert:

5 Spielerinnen haben sich im nach Schweizer System ausgetragenen “High League”-Turnier qualifiziert – Nazi Paikidze (2401), Olga Giria (2435), Tatiana Shadrina (2384), Svetlana Matveeva (2389) und Vera Nebolsina (2377)

3 Spielerinnen haben sich durch ihr Ergebnis im Superfinale 2009 qualifiziert – Alisa Galliamova (2487), Nadezhda Kosintseva (2576) und Valentina Gunina (2479)

3 Spielerinnen haben sich durch ihre Elo-Zahlen qualifiziert – Aleksandra Kosteniuk (2507), Tatiana Kosintseva (2581) und Natalia Pogonina (2472)

1 Spielerin wurde durch den Russischen Schachverband nominiert – Anastasiya Bodnaruk (2407)

Der Elo-Schnitt des Turniers beträgt 2458.

Die Teilnehmerinnen dürfen selber nicht Remis anbieten. Wer Remis anbieten möchte, muss sich an den Schiedsrichter wenden. Aber ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass diese Regel eigentlich überflüssig ist, denn Frauen wollen nicht Remis spielen, sondern kämpfen!

In den bisher gespielten sechs Runden gab es bereits mehrere Führungswechsel.

Den besten Start erwischte Nadezhda Kosintseva mit 3 aus 3.


WGM Irina Zakourdiaeva ist beim Turnier zu Besuch und plaudert mit Nadezhda Kosintseva.

Danach folgten zwei Remis, das erste gegen die junge und talentierte Olga Giria, das zweite gegen ihre Schwester Tatiana, und so konnte Natalia Pogonina, die in der fünften Runde gegen Vera Nebolsina aus Ost-Nowosibirsk gewann, zur Spitze aufschließen.


Tatiana Kosintseva


Vera Nebolsina studiert in Novosibirsk und spricht perfekt Chinesisch!

Aber in der folgenden Runde wurde die Tabellenspitze wieder durcheinander gewürfelt. Nadezhda Kosintseva verlor gegen die Titelverteidigerin Alisa Galliamova und Natalia Pogonina verlor gegen Valentina Gunina.


Titelverteidigerin Alisa Galliamova


Natalia Pogonina verlor in Runde sechs.

Gunina, die bei der Schacholympiade in Khanty-Mansiysk an Brett 4 der russischen Mannschaft gespielt hatte, war mit 0 aus 3 denkbar schlecht ins Turnier gestartet. Ihre Mutter, die sie zum Turnier begleitet, stand vor einem Rätsel: “Valentina hat sich ernsthaft auf das Turnier vorbereitet und ist in guter körperlicher Verfassung … Allerdings ist sie sehr nervös, wofür es jedoch keinen Grund gibt. Vielleicht spielt sie deshalb noch nicht so gut.”


Valentina Gunina hat einen schlechten Start, konnte sich dann aber wieder fangen.

Das sagte die Mutter nach der dritten Runde, aber dann folgte erst ein Remis Guninas gegen Tatiana Kosintseva, danach Siege gegen Matveeva und Pogonina.


Svetlana Matveeva

Da die Führenden vor dem Ruhetag nach der sechsten Runde strauchelten, ergriff Nazi Paikidze ihre Chance und setzte sich mit 4,5 aus 6 an die Spitze. Die 17-jährige gewann gegen Shadrina, eine sehr erfahrene Spielerin, die auch als Kindertrainerin in Kstovo (einer kleinen Stadt in der Region von Nishny-Nowgorod) arbeitet.

Im bisherigen Verlauf des Turniers gewann Paikidze gegen Gunina und Tatiana Kosintseva und mit sehr viel Glück auch gegen Kosteniuk – damit schlug sie die Hälfte des russischen Frauennationalteams im Alleingang! Der interessante Kampf “Paikidze gegen Russland-1” wird in Runde 8 und in Runde 10 fortgesetzt: in Runde 8 kommt es zur Begegnung Paikidze - Galliamova und in Runde 10 zur Partie Kosintseva N. – Paikidze.


Rundenbeginn.


Matveeva – Paikidze. Svetlana Matveeva agiert bislang unglücklich und hat nur einen halben Punkt aufzuweisen.


Die Partie Pogonina – Bodnaruk endete nach fast sechs Stunden Spielzeit mit einem Sieg für Weiß.


Frauenweltmeisterin Aleksandra Kosteniuk bereitet sich auf die Partie vor.


Die sehr junge Nachwuchsspielerin hält nach ihrem Idol Ausschau, aber ist durch die vielen Nullen und Einsen in der Tabelle verwirrt.

Nazi Paikidze lebt seit 2006 in Russland und hat die russische Staatsbürgerschaft, was ihr erlaubt, an der Landesmeisterschaft teilzunehmen, obwohl sie für Georgien spielt. Sie meinte, sie liebt Schach und beschäftigt sich sehr gerne damit.

“Mein Plan für das Turnier war es, keine einzige Partie zu verlieren. Mittlerweile habe ich zwar schon eine Partie verloren, aber dafür auch eine Menge Partien gewonnen”, meinte die neue Tabellenführerin. – “Ehrlich gesagt hatte ich in der ersten Partie Glück – die Partie war Remis, aber ich habe noch gewonnen. Dann kam der Sieg gegen Tania Kosintseva. Gegen Pogonina hatte ich remisliches Endspiel, das ich jedoch einzügig eingestellt habe. Andererseits habe ich gegen Kosteniuk eine Stellung gewonnen, die … nun ja, ganz und gar nicht gewonnen war. Ich hoffe, ich kann weiter so spielen. Ich mache mir keine Gedanken über das Ergebnis. Ich spiele einfach gerne Schach und genieße jede Partie.”

Nazis Familie ist wegen ihres älteren Bruders von Tiflis nach Moskau gezogen – er spielte Fußball. Leider hat er sich verletzt und konnte seine Fußballkarriere nicht fortsetzen, doch Nazi gefällt es in der russischen Hauptstadt: “Hier gibt es viele Turniere, ich spiele viel. Und die Trainer sind gut – ich arbeite seit zwei Jahren mit GM Vladimir Belov und er hilft mir sehr.”

Wie Paikidze erzählt, wurde ihr bereits angeboten, zum Russischen Schachverband zu wechseln. Zur Zeit überlegt sie noch, ob sie dieses Angebot annimmt.

Das sollte die Tabellenführerin des Russischen Superfinales auch tun, denn im nächsten Jahr wäre sie dann nicht nur russische Staatsbürgerin, sondern müsste in der Landesmeisterschaft auch unter russischer Flagge spielen.

Links: 

Turnierseite beim Russischen Schachverband: http://www.russiachess.org/content/blogcategory/192/413/
Online-Übertragung der Partien:
http://www.russiachess.org/live/superfinal/index.htm
Alle Partien verfolgen:
http://www.russiachess.org/online/2010/06/index.htm

 

 

 

 

 

 

 


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