Russisches Superfinale der Frauen: Nach 6 Runden führt Nazi Paikidze
Von Anna Burtasova
Das Banner des Superfinales heißt die Teilnehmerinnen und Gäste im Moskauer
Zentralschachklub
willkommen. Er befindet sich auf dem Gogolevskiy-Boulevard im Zentrum Moskaus
und ist zugleich Sitz des Russischen Schachverbands.
Die Frauenmeisterschaften Russlands
werden in einem Superfinale entschieden, das vom 15. bis 27. November in Moskau
stattfindet. In diesem Turnier treten die besten Spielerinnen des Landes
gegeneinander an und spielen um einen Preisfonds von 1.400.000 Rubel (etwa
35.000 Euro), von denen die Siegerin 400.000 Rubel (etwa 10.000 Euro) erhält.
Organisator des Turniers ist der Russische Schachverband, Sponsoren sind
“Gazprom”, “Sberbank”, “Almaz-Antei”, “E4 Group”.
Die Pokale in Spielsaal warten auf die Turniersiegerinnen.
In einem separaten Raum können die Zuschauer die Partien verfolgen.
Gespielt wird mit einer
Bedenkzeit von 90 Minuten für 40 Züge sowie zusätzlichen 30 Minuten für den Rest
der Partie. Bei jedem Zug gibt es einen Zeitaufschlag von 30 Sekunden.
Die Spielerinnen haben sich auf
unterschiedliche Weise für dieses prestigeträchtige Turnier qualifiziert:
5 Spielerinnen haben sich im
nach Schweizer System ausgetragenen “High League”-Turnier qualifiziert – Nazi
Paikidze (2401), Olga Giria (2435), Tatiana Shadrina (2384), Svetlana Matveeva
(2389) und Vera Nebolsina (2377)
3 Spielerinnen haben sich durch
ihr Ergebnis im Superfinale 2009 qualifiziert – Alisa Galliamova (2487),
Nadezhda Kosintseva (2576) und Valentina Gunina (2479)
3 Spielerinnen haben sich durch
ihre Elo-Zahlen qualifiziert – Aleksandra Kosteniuk (2507), Tatiana Kosintseva
(2581) und Natalia Pogonina (2472)
1 Spielerin wurde durch den
Russischen Schachverband nominiert – Anastasiya Bodnaruk (2407)
Der Elo-Schnitt des Turniers
beträgt 2458.
Die Teilnehmerinnen dürfen
selber nicht Remis anbieten. Wer Remis anbieten möchte, muss sich an den
Schiedsrichter wenden. Aber ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass diese Regel
eigentlich überflüssig ist, denn Frauen wollen nicht Remis spielen, sondern
kämpfen!
In den bisher gespielten sechs
Runden gab es bereits mehrere Führungswechsel.
Den besten Start erwischte
Nadezhda Kosintseva mit 3 aus 3.
WGM Irina Zakourdiaeva ist beim Turnier zu Besuch und plaudert mit Nadezhda
Kosintseva.
Danach folgten zwei Remis, das
erste gegen die junge und talentierte Olga Giria, das zweite gegen ihre
Schwester Tatiana, und so konnte Natalia Pogonina, die in der fünften Runde
gegen Vera Nebolsina aus Ost-Nowosibirsk gewann, zur Spitze aufschließen.
Tatiana Kosintseva
Vera Nebolsina studiert in Novosibirsk und spricht perfekt Chinesisch!
Aber in der folgenden Runde
wurde die Tabellenspitze wieder durcheinander gewürfelt. Nadezhda Kosintseva
verlor gegen die Titelverteidigerin Alisa Galliamova und Natalia Pogonina verlor
gegen Valentina Gunina.
Titelverteidigerin Alisa Galliamova
Natalia Pogonina verlor in Runde sechs.
Gunina, die bei der
Schacholympiade in Khanty-Mansiysk an Brett 4 der russischen Mannschaft gespielt
hatte, war mit 0 aus 3 denkbar schlecht ins Turnier gestartet. Ihre Mutter, die
sie zum Turnier begleitet, stand vor einem Rätsel: “Valentina hat sich ernsthaft
auf das Turnier vorbereitet und ist in guter körperlicher Verfassung …
Allerdings ist sie sehr nervös, wofür es jedoch keinen Grund gibt. Vielleicht
spielt sie deshalb noch nicht so gut.”
Valentina Gunina hat einen schlechten Start, konnte sich dann aber wieder
fangen.
Das sagte die Mutter nach der
dritten Runde, aber dann folgte erst ein Remis Guninas gegen Tatiana Kosintseva,
danach Siege gegen Matveeva und Pogonina.
Svetlana Matveeva
Da die Führenden vor dem
Ruhetag nach der sechsten Runde strauchelten, ergriff Nazi Paikidze ihre Chance
und setzte sich mit 4,5 aus 6 an die Spitze. Die 17-jährige gewann gegen
Shadrina, eine sehr erfahrene Spielerin, die auch als Kindertrainerin in Kstovo
(einer kleinen Stadt in der Region von Nishny-Nowgorod) arbeitet.
Im bisherigen Verlauf des
Turniers gewann Paikidze gegen Gunina und Tatiana Kosintseva und mit sehr viel
Glück auch gegen Kosteniuk – damit schlug sie die Hälfte des russischen
Frauennationalteams im Alleingang! Der interessante Kampf “Paikidze gegen
Russland-1” wird in Runde 8 und in Runde 10 fortgesetzt: in Runde 8 kommt es zur
Begegnung Paikidze - Galliamova und in Runde 10 zur Partie Kosintseva N. –
Paikidze.
Rundenbeginn.
Matveeva – Paikidze. Svetlana Matveeva agiert bislang unglücklich und hat nur
einen halben Punkt aufzuweisen.
Die Partie Pogonina – Bodnaruk endete nach fast sechs Stunden Spielzeit mit
einem Sieg für Weiß.
Frauenweltmeisterin Aleksandra Kosteniuk bereitet sich auf die Partie vor.
Die sehr junge Nachwuchsspielerin hält nach ihrem Idol Ausschau, aber ist durch
die vielen Nullen und Einsen in der Tabelle verwirrt.
Nazi Paikidze lebt seit 2006 in
Russland und hat die russische Staatsbürgerschaft, was ihr erlaubt, an der
Landesmeisterschaft teilzunehmen, obwohl sie für Georgien spielt. Sie meinte,
sie liebt Schach und beschäftigt sich sehr gerne damit.
“Mein Plan für das Turnier war
es, keine einzige Partie zu verlieren. Mittlerweile habe ich zwar schon eine
Partie verloren, aber dafür auch eine Menge Partien gewonnen”, meinte die neue
Tabellenführerin. – “Ehrlich gesagt hatte ich in der ersten Partie Glück – die
Partie war Remis, aber ich habe noch gewonnen. Dann kam der Sieg gegen Tania
Kosintseva. Gegen Pogonina hatte ich remisliches Endspiel, das ich jedoch
einzügig eingestellt habe. Andererseits habe ich gegen Kosteniuk eine Stellung
gewonnen, die … nun ja, ganz und gar nicht gewonnen war. Ich hoffe, ich kann
weiter so spielen. Ich mache mir keine Gedanken über das Ergebnis. Ich spiele
einfach gerne Schach und genieße jede Partie.”
Nazis Familie ist wegen ihres
älteren Bruders von Tiflis nach Moskau gezogen – er spielte Fußball. Leider hat
er sich verletzt und konnte seine Fußballkarriere nicht fortsetzen, doch Nazi
gefällt es in der russischen Hauptstadt: “Hier gibt es viele Turniere, ich
spiele viel. Und die Trainer sind gut – ich arbeite seit zwei Jahren mit GM
Vladimir Belov und er hilft mir sehr.”
Wie Paikidze erzählt, wurde ihr
bereits angeboten, zum Russischen Schachverband zu wechseln. Zur Zeit überlegt
sie noch, ob sie dieses Angebot annimmt.
Das sollte die Tabellenführerin
des Russischen Superfinales auch tun, denn im nächsten Jahr wäre sie dann nicht
nur russische Staatsbürgerin, sondern müsste in der Landesmeisterschaft auch
unter russischer Flagge spielen.
Links:
Turnierseite beim Russischen Schachverband:
http://www.russiachess.org/content/blogcategory/192/413/
Online-Übertragung der Partien:
http://www.russiachess.org/live/superfinal/index.htm
Alle Partien verfolgen:
http://www.russiachess.org/online/2010/06/index.htm