1. Internationales Agria Open
Schon seit einiger Zeit versucht mein schachbegeisterter Sohn Max mich zu überreden, endlich mal wieder selbst Schach zu spielen… und nun endlich war es soweit, dass ich mich nach 10-jähriger Turnierpause wieder ans Brett setzte. Die Gelegenheit war ein kleines, aber ganz besonderes Open, nämlich das erste Open im griechischen Agria, einem Vorort von Volos an der ägäischen Küste von Magnesia/ Thessalien. Um ein Turnier – vor allem zum ersten Mal – zu organisieren, braucht es viele engagierte Helfer, und hier hatte ich den Eindruck, dass so ziemlich alle Schachfreunde aus der Region zusammenkamen, um eine wirklich gelungene Veranstaltung auf die Beine zu stellen.
Bei der Eröffnung war einige politische Prominenz zugegen, darunter mehrere Parlamentsabgeordnete der Region Magnesia, die das Turnier unterstützen. Christos Triantopoulos, ein hochrangiger griechischer Minister, spielte vor der ersten Runde sogar noch eine Show-Partie gegen eine der Teilnehmerinnen.
Austragungsort war das 5-Sterne-Hotel Valis Resort (Teaserbild) mit sehr angenehmen Räumlichkeiten – der Besitzer des Hotels, Georgios Botsivalis, spielte selbst im Turnier mit, und zwar recht gut: Er schaffte 4 Punkte aus 7 Partien.
Für viele Schachfreunde, vor allem auch für viele Kinder, war das Turnier eine lang ersehnte Gelegenheit, nach der langen Corona-Zeit endlich mal wieder an richtigen Brettern Schach zu spielen. 73 Teilnehmer, darunter immerhin 13 Frauen und Mädchen, waren am Start. Dass ich mich gegen Spieler mit moderaten Elo-Zahlen hier nicht ganz leicht tat, lag sicherlich nicht nur an meinen eingerosteten Theorie-Kenntnissen, sondern vor allem daran, dass viele junge Spieler nach der Corona-Zeit deutlich unterbewertet sind: Einige der Kinder spielten im Turnier ziemlich weit vorne mit.
Georgios Bougas aus Thessaloniki ist erst 11, erreichte aber 5/7 und freute sich, zweimal gegen GM Spyridon Skembris antreten zu dürfen. Im Turnier verlor er nach hartem Kampf, aber im Simultan am letzten Abend schaffte er ein Remis – und das, obwohl die Partie fast bis Mitternacht ging!
Auf 5 Punkte kamen auch Christos Tsarsitalidis, der den Preis U14 gewann, sowie unser 12-jähriger Sohn Max Skembris, der dadurch punktgleich mit seinen großmeisterlichen Eltern ins Ziel kam: Damit hatte keiner von uns gerechnet…
Für mich war es eine interessante Erfahrung, nach so langer Zeit wieder Turnierpartien zu spielen. So ganz verlernt man das Schachspielen zwar nicht, aber es ist ein bisschen so wie mit Fremdsprachen, die man lange nicht gesprochen hat: Man versteht eigentlich schon, um was es geht, aber die Worte (bzw. Züge) kommen etwas holprig und schwerfällig… Einen Vorteil hatte ich allerdings: Meine Gegner konnten sich schlecht auf mich vorbereiten, da ich mich an meine früher gespielten Varianten selbst kaum erinnerte… 😊
Verdienter Turniersieger wurde Spyridon Naoum: Er hatte in der ersten Runde ein Bye genommen, da er noch von einem Schnellturnier anreiste, und gewann danach alle 6 Partien! Der 25-jährige aus Chania/Kreta ist Arzt und spielt nicht so häufig, hat aber sicherlich die Stärke eines guten IMs und in der letzten Zeit einige Großmeister besiegt (siehe Partien).
Für alle, die noch nicht genug hatten, gab es am letzten Abend im Hotelgarten ein Simultan mit dem vielmaligen griechischen Meister Spyridon Skembris – rund 5 Stunden wurde der Großmeister an der Arbeit gehalten!
Der Hotelbesitzer Georgios Botsivalis bekam hier Hilfe von seinem 5-jährigen Sohn.
Agria bei Volos ist ein kleiner, sympathischer Ort, der direkt am Meer liegt. Tagsüber lädt der Strand zum Schwimmen ein, abends verwandelt sich die Uferstraße in eine Fußgängerzone mit einer langen Reihe von Tavernen, die leckere griechische Spezialitäten anbieten. Sogar Max, der beim Essen sonst oft ziemlich wählerisch ist, war begeistert.
Die sieben Runden waren schnell vorbei – im nächsten Jahr wird überlegt, das Open etwas größer und länger aufzuziehen. Vielleicht werden dann auch noch mehr Spieler aus dem Ausland den Weg nach Agria finden. Aus meiner Sicht ist das Turnier allein schon wegen der netten, persönlichen Atmosphäre sehr zu empfehlen. Übrigens könnte man mit dem Flugzeug vom nahe gelegenen Flughafen oder auch aus dem ebenfalls schnell erreichbaren Thessaloniki relativ leicht anreisen. Für uns ging die Reise etwas langwieriger zurück mit dem Bus über das Pindosgebirge nach Westen und schließlich mit der Fähre nach Korfu.
Jassas aus Griechenland 😊
Partien
Turnierseite
Das Agria-Open bei Chess-Results