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Der Lübecker SV ist ein junger Verein, aber mit langer Geschichte. Gegründet wurde der Schachverein im Jahr 1873, also sogar noch vor dem Deutschen Schachbund, der 1877 ins Leben gerufen wurde. Damit ist der Lübecker SV der älteste Schachverein in Schleswig Holstein. Initiator und erster Vorsitzender war seinerzeit Carl Emil Ed, Sohn des Verlegers und Politikers Christoph Marquardt Ed. Die Familie stammte eigentlich aus Bergedorf, das lange zu Lübeck gehört hatte. Carl Emil Eds Schwester Ida Boy-Ed war zu jener Zeit eine berühmte Schriftstellerin, heute fast vergessen, und pflegte in Lübeck einen Salon. Zu den von ihr geförderten jungen Künstlern und Schriftstellern gehörte auch Thomas Mann.
Die Namen der meisten Vorsitzenden des Vereins sind dokumentiert, auch ein Teil der Geschichte des Vereins. Anlässlich seines Jubiläums in diesem Jahr hat der Verein einen Historiker beauftragt, der noch mehr aus der Geschichte des Vereins zu Tage fördern soll.
Seinen 175sten Geburtstag feierte der Lübecker mit einer Reihe von Turnieren und Veranstaltungen, von denen ein Doppelsimultan mit Rasmus und Frederick Svane die letzte war.
Die beiden Großmeister sind lebender Beweis dafür, dass der Lübecker SV auch ein junger Verein ist, in dem Sinne, dass dort viele junge Schachspieler aktiv sind und trainiert und gefördert. Rasmus Svane trat mit acht Jahren in den Verein ein, sein jüngerer Bruder schon als Vierjähriger. Die beiden jungen Schachfreunde wurden lange Zeit von Sergej Salov (geb. 1940) trainiert. Der gebürtige Moskowite erhielt einst selber Schachunterricht im Moskauer Pionierpalast von den berühmten sowjetischen Trainern Jakov Estrin und Ilia Kan. 1992 und 1996 wurde S. Salov Weltmeister der Gehörlosen. Er nahm mit Erfolg an vielen weiteren Gehörlosen-Turnieren teil und ist jetzt einer von acht Trainern im Lübecker SV. Die Qualität von Schachtrainern wird nach der Leistung ihrer Schüler beurteilt. In dem Sinne ist Sergej offenbar ein sehr guter Trainer, der in der Lage ist, neben den Kenntnissen auch Freude am Schach zu vermitteln.
In der aktuelle deutschen Rangliste nach Elo ist Frederik Svane derzeit die Nummer drei, Rasmus die Nummer sechs. Sieht man einmal von Vincent Keymer und vielleicht Matthias Blübaum ab, liegen die besten deutschen Spieler mit ihren Wertungszahlen sehr dicht beieinander. In der Juniorenweltrangliste wird Frederik Svane als zwölftbester Jugendlicher der Welt geführt und als Viertbester Neunzehnjähriger.
In der Schachbundesliga führen Rasmus und Frederik Svane derzeit die Mannschaft des Hamburger SK an, in einer anderen Hansestadt. Aber ihrem Heimatverein sind sie dennoch weiter eng verbunden. Obwohl den beiden Großmeister am Sonntag eine achtstündige Bahnreise (nach Fahrplan) nach Rosenheim zum German Masters bevor stand, ließen sie es sich nicht nehmen, am Samstag Nachmittag noch das Abschluss-Simultan des Jubiläumsjahrs zu geben.
Die beiden freundlichen jungen Schachgroßmeister sind ausgesprochen unprätentiös, für jedermann ansprechbar und stellten sich vor und auch während des Simultans bereitwillig und geduldig für Selfies zur Verfügung oder gaben Autogramme.
Das Simultan fand im Citti Park in Lübeck statt, einer riesige Einkaufsstadt in Lübeck-Moisling, und wurde in Kooperation mit dem Center-Management und den Lübecker Nachrichten vom Lübecker SV organisiert. Die Veranstaltung wurde in einen Seitenbereich, etwas abseits der Ladenpassage gelegt, so dass die Schachspieler genug Ruhe hatten, um ungestört über ihre Züge nachzudenken. Im Hintergrund war über die ganze Zeit aus dem Ladenbereich nur angenehme Klaviermusik zu hören. Das Simultan unter der Leitung von Thilo Koop und Ullrich Krause war perfekt organsiert, mit 40 Sitzplätzen an zwei langen Tischreihen, Notationszetteln und Stiften an jedem Platz. Wer Durst hatte, konnte sich mit einer Flasche Wasser versorgen.
Der größte Teil der Teilnehmer kam aus dem Pool des Lübecker SV, darunter Levi Malinovsky und Justus Sommer, die beide jüngst bei den Jugendweltmeisterschaften mitgespielt hatten. Eigentlich war geplant, dass auch Sergey Salov teilnimmt, doch er musste wegen Krankheit absagen. Einige Plätze wurden vom Citti Park vergeben, weitere Plätze von den Lübecker Nachrichten verlost.
Rasmus und Frederik spielten ein Doppelsimultan, bei dem sie abwechselnd an den Brettern die Züge ausführten. Das erhöht für die Simultanspieler noch einmal die Schwierigkeit, da man ja nicht immer weiß, was der andere mit seinem letzten Zug geplant hatte.
Die beiden Svane-Brüder bewiesen jedoch im Verlauf des Simultans, dass sie als eine Einheit sehr harmonisch zusammen spielen können, obwohl sie in Repertoire und Stil durchaus unterschiedlich sind. Rasmus Svane ist eher d4-Spieler, eröffnet meist mit 1.Sf3 und spielt eher ruhig positionell. Frederik Svane ist eher 1.e4-Spieler und etwas aggressiver unterwegs (nur auf dem Brett).
Am Ende eines langen Nachmittags, mit einer Spielzeit von vier Stunden, konnten die beide durchaus ehrgeizig auftretenden Großmeister 37 Siege aus den 40 Partien verbuchen, eine starke Leistung. Bis zum ersten Sieg hatte es aber anderthalb Stunden gedauert. Werner Erfkampf war einer der beiden Spieler, die ein Remis erreichten.
Eine Partie ging aber doch auch verloren, gegen den Autor dieses Berichts. Natürlich ist eine Simultanpartie nicht mit einer Turnierpartie gleichzusetzen. Ein Gewinn bereitet aber auch hier Freude.
Bericht bei den Lübecker Nachrichten, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.
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