08.08.2022 – Matthias Blübaum brachte es im Interview auf den Punkt: Das 2:2 gegen Litauen wirft die deutschen Männer bei der Schacholympiade in ihren Ambitionen zurück. Das Frauenteam war nach dem deutlichen Sieg gegen England zufriedener. Teamcaptain Jan Gustafsson blickt im Interview nach vorne. Bestandsaufnahme beim Schachbund, Interviews, Analysen. | Fotos: DSB
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Paul Meyer-Dunker sprach mit Matthias Blübaum, dem Team Captain Jan Gustafsson, Jana Schneider und Hanna Marie Klek.
Pressemitteilung des Deutschen Schachbundes
Schacholympiade Tag 9: Frauen besiegen England deutlich, Keymer und Blübaum retten Männer
Nach Eintreffen in Chennai bleibt die Nationalmannschaft der Frauen unter Yuri Yakovich weiter verlustpunktfrei. Gegen England gab es einen deutlichen 3,5:0,5 Sieg, sodass Spitzenplatzierungen nun in Reichweite scheinen. Die Männer um Teamkapitän Jan Gustafsson wurden überraschend von mutigen Litauern mit 2:2 in Schach gehalten. Hier ist nun schleunigst Wunden lecken angesagt, damit in den letzten beiden Runden oben noch einmal angegriffen werden kann.
Frauen
Den Beginn bei den Frauen machte Elisabeth Pähtz am Spitzenbrett. Ihre Partie ging direkt von der Eröffnung ins Endspiel, wo sie dank ihrer aktiveren Türme und des Vorteils des Läufers gegen den Springer ein wenig Druckspiel aufziehen konnte. Weil allerdings die anderen Bretter für Deutschland vorteilhaft standen, gab Elisabeth die Stellung aus mannschaftstaktischen Erwägungen Remis. Diese Einschätzung sollte sich später als richtig erweisen.
Den Anfang machte – wieder einmal – Jana Schneider. In einer derzeit auch auf weltweitem Topniveau diskutierten Modevarianten der Preußischen Partie opferte Jana frühzeitig mit Schwarz zwei Bauern für einen gefährlichen Angriff. Die Stellung erreichte schnell ihren Kulminationspunkt. Janas Gegnerin griff nur einmal in der Partie fehl, doch der Preis hätte höher nicht sein können. Wenige Züge später zappelte der weiße König in einem Mattnetz, aus dem es kein Entrinnen gab.
Den Sieg sicherte die bisher etwas glücklos agierende Hanna Marie Klek. Bundestrainer Yuri Yakovich gab ihr nach kurzer Verschnaufpause wieder das Vertrauen und wurde nicht enttäuscht. In einem Vorstoß-Franzosen erarbeitete sich Hanna Marie nach und nach großen Vorteil. Auch wenn es um die Zeitkontrolle noch einmal etwas unübersichtlich und Hanna Maries König in Gefahr zu schweben schien, gelang ihr der Damentausch und die Abwicklung in ein gewonnenes Turmendspiel.
Nach diesem siegbringenden Erfolg von Hanna Marie war Josefine Heinemann am zweiten Brett in der dankbaren Position, ihre etwas bessere Stellung ohne Gefahr für den Mannschaftserfolg auf Gewinn spielen zu können. Und das gelang ihr. Nach und nach konnte sie ihren guten Springer gegen den schlechten Läufer der Gegnerin in Szene setzen. Als dann auch noch ihr König in die weiße Stellung eindrang, gab sich die Engländerin geschlagen.
Mit diesem sagenhaften 3,5:0,5-Erfolg haben sich unsere Frauen morgen ein nun wahrlich schweres Los gesichert. Es warten die schier übermächtigen Ukrainerinnen, ihrerseits Nummer zwei der Setzliste. Wenn hier morgen Punkte geholt werden könnten, ist für eine herausragende Platzierung in der Schlusstabelle alles möglich!
Die Männer hingegen wurden ungeplant ausgebremst. Auf dem Papier klang Litauen nach einer wahrlich lösbaren Aufgabe. Doch dann wurden die deutschen Männer schon zu Beginn des Mannschaftskampfs ganz kalt erwischt!
Dmitrij Kollars übersah mit Weiß spielend gerade dann, als er im Zentrum vormarschieren wollte, ein starkes Figurenopfer seines litauischen Gegners. In der Folge marschierten die schwarzen Zentralbauern unaufhaltsam nach vorn. Dmitrij gelang es zwar noch, mit zwei Türmen gegen die Dame einen gewissen Widerstand zu leisten. Doch aufgrund eines schwarzen Freibauern war frühzeitig klar, dass die Partie wohl nicht gehalten werden könnte. So sollte es dann auch kommen und Deutschland lag früh zurück.
Nicht recht zufrieden: Vincent Keymer und DmitrijKollars
Zwischenzeitlich ausgleichen konnte Vincent Keymer am Spitzenbrett. In einem Semislawen schnappte er sich einen Bauern und gab diesen auch nicht mehr her. Als sein großmeisterlicher Gegner zu einem Figurenopfer ansetze, fand Vincent den entscheidenden Zwischenzug zum Gewinn und glich somit den Mannschaftskampf aus.
Doch hier war schon klar, dass Deutschland nur noch um ein Mannschaftsremis würde kämpfen können. Denn bei Rasmus Svane an Brett drei ging das frühe Mittelspiel mächtig schief. Weil es Damenläufer und –turm nicht ins Spiel brachten, blieb dem Lübecker nur der Übergang in ein schlechtes Endspiel. In diesem waren alle weißen Figuren aktiver als ihr jeweiliger Gegenpart. Das Ergebnis: Erst ging ein Bauer über Bord, später die Partie.
Matthias Blübaum hatte damit die undankbare Aufgabe, seine optisch etwas angenehmere Stellung auf Gewinn spielen zu müssen. Sein Gegner hatte eine eigentlich sehr robust wirkende Festung aufgebaut und wiederholte nur noch mit …Tg8-d8-g8 die Züge und überließ damit Matthias, sich etwas Konkretes einfallen zu lassen. Als Schwarz dann einmal überraschend nicht mehr abwartete, sondern selbst aktives Spiel aufziehen wollte, war es auch sofort um seine Stellung geschehen. Ein kreatives Springermanöver gewann für Matthias mit der Qualität entscheidendes Material. Diesen Vorteil ließ er sich nicht mehr nehmen und verwertete ihn souverän zum Gewinn.
Für die Männer gibt es damit mit nunmehr fünf abgegebenen Mannschaftspunkten morgen mit Israel einen wiederum schlagbaren Gegner. Wenn hier ein Sieg gelingt, ist in der letzten Runde noch alles möglich, um eine starke Top-10-Platzierung zu erringen.
Am Monntaggeht es wie jeden Tag um 11:30 Uhr los. Es kommentieren GM Klaus Bischoff und Gernot Leusch. Wir übertragen auf SchachdeutschlandTV und freuen uns über jeden gedrückten Daumen, der unsere Nationalspielerinnen und Nationalspieler in Indien unterstützt.
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