2.429.500 Dollar Preisgeld

von ChessBase
13.11.2002 – Im Rahmen einer Herbstauktion von Sotheby's in New York ("Impressionistische und moderne Kunst") erhielt die 1944 entstandene Schach-Skulptur von Max Ernst "Le roi jouant avec la reine" am 5. November 2002 für 2.429.500 Dollar einen neuen Eigentümer. Damit wurde ein neuer Höchstpreis für ein Werk von Max Ernst (1891-1976) erzielt. Ernst, Tanning, Schach von Gerald Schendel...

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Max Ernst: Selbstbildnis

Ernst, Tanning, Schach

Im Rahmen einer Herbstauktion von Sotheby's in New York ("Impressionistische und moderne Kunst") erhielt die 1944 entstandene Schach-Skulptur von Max Ernst "Le roi jouant avec la reine" am 5. November 2002 für 2.429.500 Dollar einen neuen Eigentümer. Damit wurde ein neuer Höchstpreis für ein Werk von Max Ernst (1891-1976) erzielt.

Die etwa 1 m hohe, von einem privaten Sammler stammende Bronze mit grüner Patina war zuletzt 1979 auf dem Markt, als die surrealistische Kollektion des amerikanischen Malers und Sammlers William Nelson Copley (1919-1996) verkauft wurde.

Copley hatte nach dem Militärdienst in Afrika und Italien (1942-1946) in Kalifornien eine Galerie eröffnet (1947), in der er Werke surrealistischer Künstler wie Magritte, Man Ray und Max Ernst ausstellte. Damals hätte man ein grösseres Bild von Max Ernst für 1.000 Dollar kaufen können. Da es Copley nicht gelang, Sammler anzusprechen (Surrealismus war noch nicht sehr bekannt in den USA), schloss er die Galerie bald wieder und begann eine Karriere als Sammler und Künstler. In den 50er Jahren und Anfang der 60er Jahre lebte und arbeitete er vorwiegend in Paris. 1963 kehrte er in die USA zurück. Als Künstler wurde er lange nicht ernst genommen. Erst 1966 hatte er seine erste Einzelausstellung in Europa (Stedelijk Museum, Amsterdam). Da erschienen zur Vernissage seine Kollegen und Freunde René Magritte, Marcel Duchamp, Max Ernst und Man Ray.

In einem Interview vom 30. Januar 1968 wurde William Copley gefragt, ob er mit seinem Freund Marcel Duchamp Schach gespielt habe:

"I never dared play with him. It was always too much of a disgraceful experience to be beaten so badly. I would lose all self-esteem. And I never had patience for chess actually."

Max Ernst befand sich seit dem 14. Juli 1941 in den USA. Ein Bild von seiner Ankunft in New York ist erhalten geblieben. Er hatte die Route vieler Flüchtlinge genommen - eine Route übrigens, die vielleicht auch für Schachweltmeister Alexander Aljechin in Frage gekommen wäre: Frankreich, Spanien, Portugal, Lissabon, USA.

In dem von deutschen Truppen nicht besetzten Teil Frankreichs hatte der US-Amerikaner Varian Fry (1908-1967) 1940 eine Organisation aufgebaut, die so vielen Menschen wie möglich zur Flucht in die Vereinigten Staaten verhelfen wollte.

Mit 3.000 Dollar, einem Empfehlungsschreiben von Eleanor Roosevelt und einer Liste mit 200 Namen war Varian Fry 1940 in Marseille angekommen. Die Vichy-Regierung hatte in einem Erlass verfügt, dass alle deutschen Staatsbürger, die von der deutschen Polizei gesucht wurden, an deutsche Behörden ausgeliefert werden sollten. Zu dieser Gruppe gehörte Max Ernst, der am 2. April 1891 in Brühl bei Bonn geboren wurde, aber seit Anfang der 20er Jahre in Frankreich lebte.

 

Ernsts Arbeiten waren in Deutschland konfisziert worden, sein Bild "La belle jardinière" (Die schöne Gärtnerin, 1924; von der Kunsthalle Düsseldorf erworben) wurde in der Münchener Ausstellung "Entartete Kunst" (1937) gezeigt und als "Beschimpfung des deutschen Weibes" verurteilt. Der Name "Max Ernst" befand sich auf der u.a. von Thomas Mann zusammengestellten Liste mit den 200 Personen, deren Aufnahme in den USA gesichert war. In Marseille warteten jedoch tausende von Flüchtlingen auf eine Gelegenheit, das Land zu verlassen und dem möglichen Zugriff der deutschen Polizei zu entgehen. Die französischen Behörden wollten keinen Ärger mit den deutschen, das amerikanische Konsulat wollte keinen Ärger mit den Franzosen - daher war Varian Fry weitgehend im Untergrund tätig. Zu dieser Untergrundtätigkeit gehörte das Fälschen von Ausreisevisa. Zwischen 1940 und Juni 1942 ermöglichte die Organisation von Varian Fry, das Emergency Rescue Committee, über 2.000 Menschen die Flucht. Tausende allerdings mussten zurückbleiben.

Als Max Ernst 1941 in Lissabon den europäischen Kontinent hinter sich liess, befand er sich in Begleitung von Peggy Guggenheim (1898-1979). Die amerikanische Multimillionärin liebte die Kunst und die Künstler. Zwei Jahre lang war sie mit Max Ernst verheiratet.

Den Sommer 1943 verbrachte Max Ernst zusammen mit der amerikanischen Künstlerin Dorothea Tanning (geb. 1910) in Arizona, wo ihn die Masken der Hopi-Indianer beeindruckten. Dorothea Tanning hatte er 1942 in New York kennen gelernt - er sah ihr Bild "Birthday" (1942), sie spielte Schach... sie heirateten 1946.


Für einen Beitrag von Salon.com vom 11. Februar 2002 beschrieb Dorothea Tanning, dass sie Max Ernst durch den Galeristen Julien Levy kennen gelernt hatte. Bei ihm traf sie "Yves Tanguy, Max Ernst, Kurt Seligman, Bob Motherwell ... Peggy Guggenheim, Max Ernst, Max Ernst". Übrigens: Muriel Streeter, die (zweite) Ehefrau von Julien Levy, malte ebenfalls und spielte - wie Julien Levy - auch Schach.

Julien Levy (1906-1981) war einer der einflussreichsten Kunsthändler des 20. Jahrhunderts. Seine 1931 in New York eröffnete Galerie spielte eine wesentliche Rolle bei der Vorstellung der Pariser Avant-Garde in New York. Julien Levy zeigte erstmals surrealistische Kunst in Amerika. Er war es, der Anfang der 30er Jahre den New Yorkern erstmals Bilder von Max Ernst zeigte.

Julien Levy, der seit 1927 mit Marcel Duchamp befreundet war, kam 1944 auf die Idee, eine Ausstellung zum Thema "The Imagery of Chess" zu veranstalten. Dorothea Tanning zeigte hier "A Game of Chess", Muriel Streeter "The Chess Queen", Roberto Matta war beteiligt, Man Ray und Marcel Duchamp, der Musiker John Cage, der Bildhauer Isamu Noguchi (1904-1988) steuerte ein Schachset und einen Schachtisch bei... und der begeisterte Schachspieler Max Ernst die Skulptur "The King Playing with the Queen".
 

 



Max Ernst mit Dorothea Tanner beim Schachspiel


Gerald Schendel / 12.11.2002

 

 


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