M. Ehn und E. Strouhal: en passant – ruf & ehns
enzyklopädie des schachspiels
Eine Rezension von Christian Hesse
(ISBN 978-3-709-103456) |
Dieses Werk – in Form eines Buches nebst beiliegender CD –
versammelt alle Schachkolumnen aus zwei Jahrzehnten, die Ernst Strouhal und
Michael Ehn unter ihrem Halbpseudonym ruf & ehn in der Wiener Tageszeitung
Der Standard veröffentlicht haben. Seit 1990 sind Woche für Woche ohne
Unterbrechung diese Leckerbissen erschienen. Mit ihnen sind ruf & ehn über die
Jahre zu einem fest etablierten Markenzeichen geworden, das in der Schachwelt
einen großen Bekanntheitsgrad hat. Die Kolumne begeistert ein beachtliches
Publikum.
Die dem Werk beigefügte CD enthält alle 1150 Kolumnen, beginnend
mit jener vom 17.6.1990. Eine Auswahl davon ist auch im Buch abgedruckt, das
darüber hinaus eine Chronologie aller Überschriften sowie ein
hochdifferenziertes Register enthält, das akribisch alle wichtigen Personen,
Orte und Begriffe angibt, die in den Kolumnen eine Rolle spielen. Zusätzlich
findet sich eine Auflistung aller besprochenen Partien, Fragmente und
Kombinationen. Daneben erfreuen das Herz des Lesers rund 300 Schachrätsel
unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade von „Ganz Leicht“ bis „Ganz schön schwer“.
Genug für viele lange Winterabende vieler Winter.
Mit der vorgelegten Enzyklopädie erhält eine breite Leserschaft
die Möglichkeit, dieses Kaleidoskop der Kolumne zu genießen oder wieder zu
genießen. Und es ist eine bunte, schillernde Schachschau, die das Schachspiel in
seiner ganzen Reichhaltigkeit zeigt. Als jemand der sich seit rund 40 Jahren mit
Schach beschäftigt konnte ich dennoch viel Neues und Interessantes erfahren.
Legendäre Schachpartien, bemerkenswerte Turnier, amüsante Wettkampfgeschichten,
historische Begebenheiten, schillernde Schachpersönlichkeiten, geniale Einfälle
und abgründige Reinfälle nebst allen Schattierungen dazwischen werden geboten.
Die Kollektion bildet highlights des Schachlebens der letzten 20 Jahre ebenso ab
wie so manche bemerkenswerte Begebenheit am Rande einer an sich nicht weiter
spektakulären Partie. Doch es geht nicht ausschließlich um Schach. Vielfältige
Bezüge werden hergestellt zwischen dem Schachspiel und Literatur, Philosophie,
Wissenschaft, Kunst und Kultur. Sie zeigen, wie blitzgescheit und umfassend
gebildet die Autoren sind. Was ruf & ehn über die Jahre errichtet haben, ist ein
ganzer Kosmos, der einen Bogen spannt von geistreicher Unterhaltung bis präziser
Information, von zeitlosem Höhepunkt bis aktuellem Ereignis. Es ist eine
facettenreiche Sammlung mit Suchtfaktor, ein Lese-, Denk- und Wohlfühlbuch vom
Schach, ein must-have Buch für alle Freunde des königlichen Spiels. Und die
Texte sind gut geschrieben, werden mit ansprechender Formulierungskunst
dargeboten. Als Beispiele unter vielen mögen hier die ausgewählten Exemplare
dienen.
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Eine der berührendsten Kolumnen ist die zum Tod von Bobby Fischer: „So long,
Bobby.“ Auf engem Raum liefert sie ein treffendes differenziertes Bild dieses
nach Meinung Vieler größten Schachspielers aller Zeiten, den die Autoren selbst
einmal in Budapest trafen.
Die Sammlung der Kolumnen endet mit dem 12.6.2010. Die Kolumnen
im Wiener Standard tun es nicht. The show will go on. Zum Glück für uns.
Über den Rezensenten
Prof.
Dr. Christian Hesse promovierte 1987 an der Harvard University (USA) und lehrte
von 1987 bis 1991 als Assistenz-Professor an der Universität von Kalifornien in
Berkeley. Seit 1991 ist er Professor für Mathematik an der Universität
Stuttgart. Hesses Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Stochastik und er
ist der Autor des Lehrbuches Wahrscheinlichkeitstheorie. Seine
freizeitlichen Lieblingsbeschäftigungen sind Lesen, Scheiben, Schlafen und
Schach. 2006 hat er darüber den Bestseller Expeditionen in die Schachwelt
(ISBN 978-3-935-74814) veröffentlicht, einst „als eines der geistreichsten und
lesenswertesten Bücher, das je über das Schachspiel verfasst wurde“ gerühmt. Er
wurde zusammen mit den Klitschko-Brüdern, mit Fußballtrainer Felix Magath, dem
Filmproduzenten Artur Brauner, der Schauspielerin und Sängerin Vaile sowie dem
Ex-Weltmeister Anatoli Karpov zum internationalen Botschafter der
Schacholympiade Dresden 2008 ernannt. Christian Hesse ist verheiratet und hat
eine 9-jährige Tochter und einen 6-jährigen Sohn. Sein Lieblingsmaler ist der
Herbst und er neigt zu dem Motto: „Wissenschaft ist Wahrheitsfindung. Doch oft
schaffen wir nur Halbwahrheiten und halten dann auch noch die falsche Hälfte für
wahr.“