34 aus 34: Zur Erinnerung an Gustav Neumann

von Johannes Fischer
16.12.2021 – 1865 holte Gustav Neumann (15. Dezember 1838 – 16. Februar 1881) beim Vereinsturnier der Berliner Schachgesellschaft 34 Punkte aus 34 Partien. Neumann hatte damals noch kein einziges internationales Turnier gespielt, aber er gehörte zu den führenden Spielern Deutschlands und damit zu den führenden Spielern der Welt. Neumanns Gegner bei diesem Vereinsturnier waren nicht besonders stark, aber 34 Partien ohne Niederlage oder Remis zu gewinnen, zeugt von Ehrgeiz und Siegeswillen. Neumann besaß beides.

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Gustav Richard Ludwig Neumann, wie er mit vollem Namen hieß, wurde am 15. Dezember 1838 in Gleiwitz als Sohn des Buchdruckers Gustav E. Neumann und dessen Frau Josefine, die ebenfalls aus einer Familie von Druckern stammte, geboren.

Nach dem Besuch ging Gymnasiums ging Neumann 1860 nach Berlin, um dort Medizin zu studieren. Aber er beendete weder das Medizinstudium noch die anschließende Ausbildung zum Militärarzt. Stattdessen widmete er sich dem Schach. Er spielte Wettkämpfe und zahlreiche freie Partien gegen Adolf Anderssen und verschaffte sich in Wettkämpfen gegen Berthold Suhle und Louis Paulsen den Ruf eines starken Spielers. Von 1863 bis 1867 war Neumann zudem zusammen mit Anderssen herausgebender Redakteur der Neuen Berliner Schachzeitung.

Zwei Jahre nach seinem 34 aus 34 Erfolg beim Turnier der Berliner Schachgesellschaft wagte sich Neumann das erste Mal aufs internationale Parkett und spielte 1867 beim internationalen Turnier in Paris mit. Er landete hinter Ignaz Kolisch, Szymon Winawer und Wilhelm Steinitz auf dem 4. Platz.

Damit gehörte er offiziell zu den stärksten Spielern Europas und forderte weitere Spitzenspieler zu Wettkämpfen auf. Den nachträglichen Elo-Berechnungen von Jeff Sonas zufolge war Neumann von 1868 bis 1870 sogar die Nummer 1 der Welt. 1869 gewann er dann auch ein starkes internationales Turnier im schottischen Dundee, wo er Steinitz, McDonnell, de Vère und Blackburne auf die Plätze verwies.

Doch allmählich zeigte sich bei Neumann zunehmend ein Nervenleiden. Als 10-jähriger war sein Kopf in der Druckerei seines Vaters zwischen zwei Papierballen geraten, wonach er das Bewusstsein verlor. Womöglich liegen in diesem Unfall die Ursachen für die später zunehmend stärker werdende geistige Verwirrung Neumanns.

1870 belegte Neumann beim stark besetzten Turnier in Baden Baden hinter Anderssen und Steinitz noch den dritten Platz, aber zwei Jahre später, 1872, spielte er in Altona sein letztes Turnier. Er wurde Zweiter hinter Anderssen, aber im Laufe des Jahres machte sich Neumanns geistige Krankheit immer stärker bemerkbar. Er gab das Schach völlig auf und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in der Heilanstalt Allenberg bei Wehlau, wo er am 16. Februar 1881 starb.

Nachfolgend einer der 34 Siege Neumanns aus dem Turnier der Berliner Schachgesellschaft 1865:

 

Gustav Richard Ludwig Neumann: Ein Porträt von Michael Negele


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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