Happy birthday,
Genna Sosonko!
von Dagobert
Kohlmeyer
Unter den Ehrengästen in Sofia ist
seit der zweiten Turnierhälfte auch Großmeister Gennadi Sosonko. Der heutige
Niederländer russischer Herkunft feierte am Schlusstag des M’tel Masters seinen
65.
Geburtstag. Zu den
ersten Gratulanten gehörte Boris Spasski, der seine Kindheit und Jugend
ebenfalls in Leningrad verbracht hat.
Am 18. Mai 1943 im sibirischen Troitsk
geboren, kam Genna später nach Leningrad, wo er vom Schachvirus infiziert wurde.
1972 verließ Sosonko aus politischen Gründen die Sowjetunion und fand in den
Niederlanden eine neue Heimat.
Zu seinen Motiven sagte er uns:
„Heimat das ist ein sehr starkes Wort.
Ich fühlte mich dort nicht wohl, darum verließ ich den Staat, der heute nicht
mehr existiert. Mir gefielen einige Gesetze nicht, die dort bestanden. Und ich
fand eine neue Heimat und vor allem das, was ich suchte: meine persönliche
Freiheit und die große Chance, die ganze Welt zu sehen.
Was hat dir das Schach gegeben?
„Wenn ich zurückblicke, dann gab mir
das Schach all das, was bei weitem nicht jedem vergönnt ist. Das Spiel wurde aus
einem Hobby zu meinem Beruf. Wer kann das schon von sich sagen?! Nachdem ich
damit begonnen hatte, ließ das Spiel mich nicht mehr los. Schach erschloss mir
im Laufe meines Lebens im wahrsten Sinne neue Horizonte. Durch meine Reisen zu
vielen Turnieren lernte ich die ganze Welt kennen. Ich war auf allen
Kontinenten, auch mehrmals in Australien sowie in Neuseeland. Das hätte ich nie
erlebt, wenn ich in einem anderen Beruf tätig gewesen wäre.
Wie sehr magst du das gute alte
Spiel?
Wenn mich jemand fragt, ob ich das
Schach liebe, dann erwidere ich ihm: ‚Was für eine Frage? Das wäre genauso, als
wenn man einen verheirateten Mann fragt, ob er seine Frau liebt‘. Aber im Ernst:
Natürlich liebe ich es, und zwar in all seinen Facetten. Es ist wie gesagt ein
großes Glück für mich, dass dieses schöne Hobby bei mir zum Beruf wurde. Ich
bereue nichts, was ich in dieser Richtung im Leben getan habe“.
Mit Erwin L'Ami
Elfmal hast du für deine Wahlheimat
Holland gespielt? Mit welchem Erfolg?
Am besten war ich in Haifa 1976, wo
ich für mein Brettergebnis eine Goldmedaille bekam. Nizza 1974 war auch nicht
schlecht und Thessaloniki 1988.
Welche Turniersiege sind dir noch
in guter Erinnerung?
Zum
Beispiel die ersten Plätze 1976 in
Lugano, 1977
in
Wijk aan Zee,
1978 in
Nijmegen, 1981
nochmal in Wijk aan Zee. Es ist für jeden Holländer schön, zu Hause in unserem
Schachmekka ein oder mehrmals zu gewinnen. 1993 gewann ich in
Polanica Zdrój.
Nicht vergessen werde ich natürlich auch meinen Sieg im Zonenturnier in
Barcelona 1975 vor Jesus Diaz del Coral und Ludek Pachman.
Seit vier Jahren spielst du nicht
mehr aktiv. Warum?
Nun, das Alter macht sich bemerkbar.
Ich schreibe heute lieber für „New In Chess“ oder arbeite an meinen Büchern.
Sehr ist mir daran gelegen, die Erinnerung an frühere große Schachmeister, auch
an unbekannte, zu erinnern. Ein Beispiel dafür ist „Russian Silhouettes“, das
2001 herauskam.
Hast du eine Lieblingspartie?
Spontan fällt mir da eine vom Turnier
1979 in Tilburg ein, wo ich gegen Robert Hübner recht schnell gewonnen habe. Er
machte keine groben Fehler, war aber schon nach wenigen Zügen überspielt.
G. Sosonko – R. Hübner
Tilburg 1979, Katalanisch E04
(Anmerkungen: G. Sosonko)
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.g3 d5
4.Lg2 dxc4 5.Sf3 a6
[Angebracht war 5...b5?!]
6.0–0!
[6.Se5; 6.a4] 6...b5?!
[6...Sc6] 7.Se5 Sd5 8.Sc3 c6
[8...Lb7 9.Sxd5 Lxd5 (¹9...exd5
10.e4 dxe4 11.Dh5 De7 (11...g6 12.Sxg6) 12.Lg5 De6 13.Tae1‚) 10.e4 Lb7
11.Dh5 g6 12.Sxg6 fxg6 13.De5+- Sosonko-Schneider, Buenos Aires 1978] 9.Sxd5
exd5 [9...cxd5 10.e4 Lb7 (10...dxe4 11.Lxe4 Ta7 12.Lc6+ Sd7 (12...Ld7
13.Lxd7+ Sxd7 14.Sc6) 13.d5‚) 11.Dh5 Dc7 (11...g6 12.Sxg6!) 12.exd5
Lxd5 13.Lxd5 exd5 14.Te1+-] 10.e4 Le6 11.a4 b4 [11...Le7 12.axb5 cxb5
13.exd5 Lxd5 14.Sxf7!+-; 11...f6 12.exd5 cxd5 13.Dh5+ g6 14.Sxg6 Lf7 15.De2++-]
12.exd5 Lxd5?+- [12...cxd5™ 13.Sxc4± (13.f4 Le7 14.f5 Lc8 15.Sxf7 Kxf7
16.Dh5+ Kf8 17.f6 Lxf6 18.Lh6‚ +-) ] 13.Dg4!
[13.Te1 Le7 14.Lg5
Ta7 …0–0] 13...h5
Oder 13...Lxg2 14.Te1+-;
13...Le6 14.Dh5 Le7 (14...g6 15.Sxg6 fxg6 16.De5) 15.Sxc6 Sxc6 16.Lxc6+
+-. Schwarz hat die folgende Abwicklung nicht gesehen.
14.Lxd5! cxd5
Nach diesem Abtausch ist die
Partie forciert gewonnen. Wenn 14...hxg4, so 15.Lxf7+ Ke7 16.Lg5+.
15.Df5 Ta7 16.Te1 Te7 17.Lg5
g6 18.Lxe7 1–0