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Andor Lilienthal ist 94
Jahre alt
Slobodan Adzic
Man stelle sich vor, jemand erzählt von sich. "Ich habe Lasker, Capablanca und
Aljechin geschlagen", und das im 5. Jahr des 21.Jahrhunderts!. Kaum zu glauben,
aber so jemanden gibt es. Andor Lilienthal, der am 5.mai seinen 94.geburtstag
feierte. Er schlug den zweiten, dritten und vierten Weltmeister. Außerdem hat er
noch die den sechsten, Botvinnik, und den siebten, Smyslov, geschlagen, ebenso
Spieler wie Tartakower, Najdorf, Bronstein und Tajmanov.
"Andor Bachy" (ungarisch für Onkel Andor) lud mich zu seiner Geburtstagsfeier nach Budapest ein, genauer: nach Buda auf der rechten Seite der Donau. Es war der 94ste Geburtstag und Andor bekam 300 Telefonanrufe.
Die meisten aus Moskau und
von der Krim, aber auch aus Holland. Deutschland, USA und St.Petersburg.
Lilienthal hat immer noch eine Wohnung auf der Krim, wo er die Sommermonate
unweit des Schwarzen Meeres verbringt.
Die Schachlegende war erfreut zu hören, dass Bobby Fischer nun in Island eine
neue Heimat gefunden hat. Die beiden Großmeister sind eng befreundet, seit
Fischer 1992 in Sveti Stefan gespielt hat. Im folgenden Jahr lebte Fischer ein
Jahr lang in Budapest, davon einen Monat als Gast in Andors Wohnung. "Er sprach
ständig von seiner Erfindung Random-Chess, aber ich habe ihm gesagt, dass es im
vergleich zum klassischen Schach bedeutungslos, ja langweilig ist. Bobby mochte
das nicht und versuchte mich zu überzeugen, dass die die Zukunft des Schachs im
Wechsel liegt." Lilienthal ist überzeugt, dass Fischer der beste Schachspieler
aller Zeiten ist. Als Autodidakt hat er das ganze Sowjet-Schachimperium besiegt.
Seit ich vor fünf Jahren das Magazin “Sakkfutar” gegründet habe, hat Liliental
mir 150 handgeschriebene Seiten mit Analysen geschickt. Er ist einer der
fleißigsten Kolumnisten, die ich kenne.
Andor Lilienthal wurde am 5.Mai 1911 in Moskau geboren. 1940 gewann er mit Boleslavsky die UdSSR-Meisterschaft und wurde Großmeister. Sein Motto lautet: "Man wird nur dann ein starker Spieler, wenn man sein Leben dem Schach widmet." Von 1951 bis 1960 war er Trainer von Petrosian. Botvinnik nannte Lilienthal "Meister der Taktik". Andor war außerdem Smylovs Sekundant während dessen WM-Kämpfe. Die beiden kennen sich seit 1938.
Die Geburtstagsfeier fand im Restaurant “Trofey” in Budapest statt.
Als Geschenk brachte ich ein T-Shirt vom Wettkampf Kramnik-Leko und Band ! von Kasparovs "My great predecessors" auf russisch mit, da ich wusste, dass ihm diese Ausgabe fehlt. In Kürze werden wir eine ungarische Version in meinem Verlag in Szeged “Chess Press” heraus bringen.
Lilienthal signiert sein Buch
Auf einem Kalender mit allen Weltmeistern (Männer und Frauen) zahlte Lilienthal nach und kam auf Zehn, gegen die er gespielt hat.
Nach dem Essen fuhren wir zurück in seine Wohnung. Andor fährt noch selbst in
einem Toyota Yaris.
Bis zum Abend unterhielt der 94-jährige seine Gäste und trank dabei ein Gläschen Krim-Cognac.
Ab und zu ein Gläschen Conac...
... und eine Zigarette.
Im nächsten Jahr wollen Andor und seine Frau Olga den 89.Geburtstag mit 200
Gästen aus der ganzen Welt feiern.