
Wie bekämpft man die
Angst gegen einen stärkeren Gegner?
Über die A-Trainerweiterbildung in der Berliner
Trainerakademie berichtet Dr. Ernst Bönsch
Zahlreiche Trainer des Deutschen Schachbundes aus Hamburg bis Bayern, darunter drei Großmeister, nutzten den Weiterbildungslehrgang vom 15. bis 17. September 2006 an der internationalen FIDE Trainerakademie im Kursistenflügel des Berliner Olympiaparks zur Verlängerung ihrer Lizenz. „Über 20 Anmeldungen zum diesjährigen Fortbildungslehrgang – nach nur 7 Teilnehmern im Vorjahr – haben uns organisatorisch überwältigt, dennoch sind sie ein hoch erfreuliches Zeichen, welche Bedeutung Sie, unsere best qualifizierten Trainer, der Trainer-A Lizenz zuordnen“ schrieb Hanno Dürr, Vorsitzender der Kommission Ausbildung, in einem Grußwort an die Teilnehmer/innen des Kurses.
Der verlängerte Wochenend-Lehrgang von Freitagabend bis Sonntagmittag unter Leitung des Bundestrainers GM Uwe Bönsch hatte drei Schwerpunkte: Erhöhung der sozialpsychologischen Kompetenz des Trainers, Nutzen von ChessBase Produkten für das Training und Erfahrungsaustausch angeregt durch einführende Referate der Spitzentrainer.
Bereits die Kurzberichte im Rahmen einer Vorstellungsrunde ließen erkennen, welche unterschiedlichen Tätigkeitsprofile und Aufgabengebiete die Trainer aufweisen. So reichte die Palette der Aktivitäten in den letzten beiden Jahren vom Ausbilden der Kinder und Jugendlichen in Gemeinschaften, Clubs und Nachwuchsstützpunkten bis zur Vorbereitung und Betreuung von Kaderspielern bei Welt- und Europameisterschaften.
In der Regel widmen sich Trainer nicht nur einer Aufgabe, sondern einem ganzen Spektrum von Lehr- und Ausbildungstätigkeiten. Besonders deutlich wurde diese Aussage durch einen Vortrag vom hessischen Landestrainer Uwe Kersten bekräftigt, der über seine Tätigkeit in den letzten zwei Jahren als freiberuflicher Trainer in der „Schachschule Kassel“ berichtete. Natürlich spitzten viele die Ohren, als er unter dem Blickwinkel „Finanzielle Perspektiven für (Berufs-) Schachtrainer in Deutschland“ seine positiven Erfahrungen und Erfolge vermittelte, wie man mit Schach Geld verdienen kann. Das persönliche Hobby zum Beruf zu machen, ist schon immer ein interessantes Thema gewesen. Wie die Diskussion zeigte, gibt es inzwischen unterschiedliche Erfolgsrezepte, wie durch Initiativen private Schachschulen gegründet werden und erfolgreich arbeiten können. Die Skala reicht von Formen des Schachunterrichts in kleinen Orten und Ballungsgebieten deutscher Städte sowie Großstädte bis zu etablierten Einrichtungen in Singapur, New York, Hongkong u.a.m.
Aus gesellschaftlicher Sicht betrachtet kommt schließlich das erfolgreiche Agieren einer privaten Schachschule nicht nur dem jeweiligen Trainer und seinen Mitstreitern, sondern auch den nationalen bzw. internationalen Landesverbänden zugute.
Über die Bedeutung elektronischer Datenträger und Programme für Schachlehre und Training wurde schon viel geschrieben. In einer Werbung von ChessBase in „Jugendschach“ wird einprägsam präzisiert: „Erleben Sie, was es heißt, Privatunterricht von erstklassigen Schachtrainern zu bekommen. Das ChessBase Media System macht es möglich: Trainingslektionen werden auf dem Fritz-Brett vorgeführt und mit Videobild und Ton kommentiert. Besser kann man Schach nicht präsentieren!“
Obwohl inzwischen viele Trainer ChessBase-Materialien für ihr Training nutzen, gibt es noch gewisse Wissensreserven in der praktisch-technischen Anwendung. FIDE-Trainer Michael Richter legte deshalb seinen Lektionsschwerpunkt auf „Optimales Trainieren und Vorbereiten mit ChessBase9 und schach.de“. Als anerkannten ChessBase-Experten gelingt es ihm immer wieder, neue und noch nicht so bekannte Mechanismen der CB-Produkte für Einzel- und Gemeinschaftstraining zu vermitteln.
In den neuen Rahmenrichtlinien des DSB für
die Ausbildung von Schachtrainern wird besonderer Wert auf die Vervollkommnung
pädagogisch-psychologischer Kompetenzen der Ausbilder gelegt. Die spielerische
Kompetenz des Trainers, die sich in der Regel in Rating- und DWZ-Zahlen
ausdrückt, ist generell im individuellen Selbststudium und Selbsttraining bzw.
durch Spielpraxis zu erwerben. Psychische Kompetenzen wie der kommunikative
Umgang mit dem Sportler, das Fördern und Stimulieren des Leistungsstrebens sowie
das effektive Betreuen bei Wettkampfhöhepunkten usw. sind aus
sozialpsychologischer Sicht als notwendige Fähigkeiten zu erkennen und
dementsprechend zu schulen. Im Mittelpunkt der diesjährigen Weiterbildung stand
die dreistündige Lektion von Dr. Marion Kauke „Über das Verstehen von Gefühlen,
die der sportlichen Leistungsentwicklung förderlich oder hinderlich sind“.
Diese Facette der emotionalen Kompetenz des Trainers wurde unter leistungs-,
persönlichkeits- und beziehungsförderlichen Wirkungen lektoriert. Am
prototypischen Beispiel des häufig auftretenden Gefühls der „Angst“ (Ob ich das
schaffe?!) angesichts nach Wertzahl-Vorsprung übermächtig erscheinendem Gegner,
erprobten sich Herbert Bastian (in der Rolle als Schachpädagoge) und Frau
Ekaterina Boruly (in der schwierigen Rolle eines zwölfjährigen Jungen) im
sozialpsychologischen Rollenspiel. In der anschließenden Video-Retrospektive
beteiligte sich der Teilnehmerkreis mit stimulierenden Ideen, wie Trainer
wirksam unterstützen können, Angst zu besiegen. In ihrer Praxis wollen die
Trainer/innen die vielseitigen sozialpsychologischen Anregungen innovativ
umsetzen.
Wie wertvoll der „innerbetriebliche“ Erfahrungsaustausch sein kann, zeigte sich wiederum bei den thematisch sehr unterschiedlichen Vorträgen und Referaten. Hier noch einmal die Themen.
Bernd Vökler (Apolda): Bericht über die Arbeit als Bundesnachwuchstrainer, besonders mit der Jugendolympiamannschaft.
Dr. Karsten Müller (Hamburg): Eröffnungsrepertoire für junge Spieler.
Matthias Krallmann (Bielefeld): Schachpraktische und psychologische Aspekte in Entscheidungspartien.
Christian Bossert (Baden-Baden): Das Sponsoringkonzept der Grenkeleasing AG.
Siegfried Wölk (Hamburg): Die Organisation des Schulschachs am Beispiel von Hamburg Bergedorf.
Weitere Teilnehmer, die außer den genannten Referenten und „Schauspielern“ ihre A-Lizenz verlängert bekamen, waren Martina Beltz (Leipzig), Bernd Laubsch (Göttingen), Karl-Heinz Demuth (Berlin), Lev Gutman (Melle), Hans-Uwe Hinrichs (Bingen), Claus-Dieter Meyer (Bremen), Dr. Klaus Münch (Augsburg), Norbert Reichel (Urbich), Stefan Reschke (Frankfurt/M.), Yaroslav Srokovsky (Köln) und Lothar Vogt (Machern).
Inzwischen ist es auch möglich, seine A-Trainerlizenz auf einem anderen Weg zu verlängern. So zählt die Teilnahme beim FIDE Trainer Kurs vom 20.-26. Oktober 2006 nicht nur für den Erwerb des FIDE-Trainertitels, sondern auch zur Verlängerung des DSB-A-Trainerscheins. Das gleiche trifft auch für die Verlängerung der B-Trainerlizenz zu (bei C-Trainern ist die Qualifikation als FIDE-Instructor ausreichend). Wer sich noch kurzfristig zu dieser Teilnahme entschließen sollte, entnehme bitte weitere Einzelheiten der Ausschreibung unter "Announcement" oder "download Invitation" auf der Website www.fide-trainer-academy.com.
Dr. Ernst Bönsch