28.02.2024 – Nachdem die FIDE eine Deflation der Elozahlen im Bereich < 2000 festgestellt hatte, folgt sie nun dem Rat der Experten und hebt ab dem 1. März 2024 alle Elozahlen < 2000 um 40% an. Diese "Elo-Flutwelle" wird auch Auswirkungen auf die DWZ-Zahlen des Schachbundes haben, wie Berthold Plischke von der DSB-Wertungskommission in einem Beitrag für den Schachbund erläutert.
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Pressemitteilung des Deutschen Schachbundes
Anhebung der FIDE-Elo kleiner 2000 am 1. März.
Fast 72 Prozent aller deutschen Schachspieler mit einer FIDE-Elo (30.950 Spieler am 1. Februar) dürfen sich am 1. März 2024 über eine Erhöhung ihrer internationalen Wertungszahl freuen. Das betrifft alle Spieler mit einer FIDE-Elo kleiner 2000. Zum einen werden alle Zahlen um 40% angehoben (40% von 2000 minus alte Elo-Zahl) und zum anderen wird die Mindestelo auf 1400 festgelegt. Die FIDE-Qualifikationskommission hat im Dezember 2023 zudem empfohlen, das diese Änderung auch für Blitz- und Schnellschach-Elo angewandt wird.
Im nachfolgenden Beitrag geht Berthold Plischke von der DSB-Wertungskommission genauer auf die Änderungen ein.
Elo-Flutwelle zum 1. März 2024
Von Berthold Plischke, Referent für Systemkontrolle in der DSB-Wertungskommission (Foto: privat)
Am 1. März 2024 werden alle Elo-Zahlen unter 2000 einmalig wie folgt geliftet:
EloNeu = EloAlt + 0,4 x (2000 – EloAlt) = 0,6 x EloAlt + 800
D.h. jeder erhält einen Aufschlag von 40% seiner Differenz zu Elo 2000:
Anders ausgedrückt: Elo-Differenzen werden mit dem Komprimierungsfaktor 0,6 Richtung 2000 zusammengeschoben, aus der Differenz 100 wird 60, aus 200 wird 120, aus 10 wird 6 usw. Hinzu kommt u. a. ein künstliches Lifting für Anfänger: 2 Remisen gegen fiktive 1800.
Es gibt durchaus nachvollziehbare Gründe für diese Maßnahme, nämlich eine Deflation der Elo-Werte über Jahre hinweg gerade im Bereich unter 2000, einhergehend mit sich vergrößernden Differenzen, die zu unrealistischen Punkterwartungen führen. Ausmaß und Zeitpunkt überraschen allerdings doch. Auch auch ist Deflation recht schwer nachzuweisen, siehe das 47-Seiten-Dokument von Jeff Sonas.
(Ich vermute ebenfalls seit Langem eine gewisse Deflation der DWZ, die aber geringer ausfällt als bei der FIDE, da sich unser Ratingpool nicht so stark verändert – Stichwort „unterbewertete Inder“).
Die Maßnahme wird mittelfristig auch die Elos über 2000 mehr oder weniger steigen lassen.
Folgen für das DWZ-System
Problem 1
Wir können keineswegs mehr wie bisher für DWZ-lose Turnierteilnehmer deren Elo (unter 2000) als DWZ einsetzen, zumal in diesem Bereich die alten Elo-Werte im Schnitt schon höher waren als die DWZ-Werte.
Lösung 1 (vorläufig)
Man kann anstelle der EloNeu die zurückgerechnete EloAlt einsetzen, etwa gemäß der (etwas vereinfachten) Formel:
Dies wird nicht mehr mit DeWIS technisch umsetzbar sein: Man kann aber unseren monatlichen Elo-Import anpassen und ggfs. auch für Turnierdateien entsprechende Umwandlungslösungen finden, wenn Elo-Werte aus ihnen entnommen werden sollen.
Problem 2
Die schöne neue Elo-Welt wird die Rufe nach Abschaffung der meist viel niedrigeren DWZ lauter werden lassen, um nur noch FIDE-Wertungen zu verwenden (wie z. B. Frankreich).
Gegen eine solche Ablösung sprechen viele Gründe – vor allem, dass die meisten Anfänger jahrelang keine Chance mehr haben werden, überhaupt eine Ratingzahl zu erwerben.
Lösung 2 (mittelfristig)
Damit uns die Elo-Welle nicht überflutet, werden wir wohl nicht umhin kommen, letztlich auch die DWZ in ganz analoger Weise wie die FIDE einmalig „upzugraden“. - Dazu eignet sich sehr gut die Einführung der neuen DWZ-Anwendung, die in Jahresfrist DeWIS ersetzen soll.
Dies wird im Detail die Modifizierung weiterer Formeln der Wertungsordnung nach sich ziehen. Die DWZ-Untergrenze könnte dann möglicherweise (wie in der Schweiz) bei 1200 liegen – ziemlich ungewohnt!
Ergänzung (400-Regel ab 1.3.2024)
Mit einer Rolle rückwärts führt die FIDE wieder die volle 400-Regel ein (jede höhere Differenz wird bei der Auswertung als 400 gezählt). Diese unglückliche Regel war dem DWZ-System niemals angemessen und wird es auch in Zukunft nicht sein. Wir haben stattdessen das Instrument der Sonderwertung, die mit der nächsten Wertungsordnung noch besser fundiert sein wird.
In der nachfolgenden Aufzeichnung des englischsprachigen Meetings der FIDE-Qualifikationskommission erläutert Mathematiker Jeff Sonas ab 1 h 20 min etwa eine Stunde lang die Problematik.
Meeting der FIDE-Qualifikationskommission vom 12.12.2023
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