Spanische Sonne im Winter
Von Andreas Albers
Bei – 8 Grad °C und Schneefall kann es einem
auch mal reichen in der schönsten Stadt der Welt und so ergriffen Jade Schmidt
und Andreas Albers die Flucht:
„Brhhh...
Wenige Stunden später sieht die Sache schon
wieder ganz anders aus:
22 Uhr, 18 Grad, so kann es
weitergehen
Auch wenn das Palma de Mallorca Open in
diesem Jahr ausfiel bietet Spanien immer noch genügend Anreize für eingefrorene
Schachspieler, um sich zu erholen. In diesem Dezember stand das 9. „Festival
Internacional de Ajedrez“ in Benidorm auf dem Programm. Genau zwischen Alicante
und Valencia an der Costa Blanca gelegen hat diese Stadt sich schon in den 60er
Jahren einen Ruf als Touristenhochburg gemacht und auch heute ist das
ursprüngliche kleine Fischerdorf vor allem von großen Hotelkomplexen übersäht.
Laut Wikipedia sogar die größte Hochhausdichte (im Verhältnis zur Einwohnerzahl)
weltweit!
„Spanische Skyline“
Das das Stadtbild nicht gerade dem einer
romantischen Altstadt entspricht versteht sich damit von selbst, aber sogar hier
lassen sich einige hübsche Ecken entdecken.
Gespielt wurde im beeindruckenden „Hotel
Bali, dass mit seinem Turm und 44 Stockwerken so etwas wie das moderne
Wahrzeichen der Stadt geworden ist.
Das beeindruckende Hotel Bali
Es gibt in diesem Turnier keine Titelträger,
diese sind schlicht und einfach ausgeschlossen, das A-Turnier mit unter Elo
2300, das B-Turnier unter Elo 2000 begrenzt, ein reines Amateurturnier also,
auch wenn dieses nirgendwo auf den Plakaten steht.
„Damit man auch weiß was hier
eigentlich gespielt wird“
Man kann über diese „Ausgrenzung der Spitze“
natürlich diskutieren, ein Hamburger Schachfreund zog einmal den Vergleich:
„Stell Dir vor es gibt einen Hochsprung-Wettbewerb für alle die noch nie 2 Meter
hoch gesprungen sind!“, aber für die „normal sterblichen“ Schachspieler hat es
natürlich den Reiz wirklich mal bei einem großen Turnier an der Spitze stehen zu
können. Das der Preis für das B-Turnier allerdings um 1000€ höher war als im
A-Turnier scheint mir auch nach dem Ganzen immer noch sehr suspekt.
Neben den
beiden großen Open wurde die spanische Mannschaftsmeisterschaft U16 (hier
spielte dann auch der stärkste Spieler aller Turniere mit: David Anton Guijarro
(Elo 2421)) und ein Frauen-GM Turnier sorgte für eine wundervolle Atmosphäre,
ein wahres spanisches Schachfestival eben.
„Ach ja, die spanischen
Mannschaftsmeisterschaften im Dart wurden auch noch ausgetragen, hier die
Jubelfeier der „Türkisen“)
Das A-Turnier wurde eine sichere Beute des
Letten Edvins Griecne, der mit einer mickrigen Elozahl von 2012 an den Start
ging und unglaubliche 8,5 Punkte aus 10 Partien erzielte, wobei zumindest 2 der
Remisen auch noch sehr sehr kurz ausfielen. Laut der FIDE Datenbank war Edvins
in den letzten Jahren nicht sonderlich aktiv, was das Ergebnis noch
erstaunlicher macht. Neben 2500€ gehen auch noch knapp 100 Elopunkte auf das
Konto des Mannes aus dem Baltikum.
Edvins Greicne aus Lettland mit
sehr starker Vorstellung
Auf Platz 2 landete der FM Jorge Renteria
aus Kolumbien, der aber in Madrid lebt und spielt.
Best of he
Rest, Jorge Renteria
Die heimliche Heldin Turniers war
allerdings eine Deutsche. Jade Schmidt, schon in der vergangenen
Frauenbundesliga-Saison einen super Lauf hatte, verlor zwar in der ersten Runde
sehr unglücklich, legte dann aber eine Wahnsinnsserie mit 6/8, sowie einem
kampflosen Remis in der Mitte hin. Einzig ein Gegner hatte knapp unter 2150 Elo,
ansonsten wurden gegen 3 FMs saubere 2 Punkte geholt und die waren schon eher
mit Pech. Am Ende stand ein hervorragender 25. Platz, (als Setzlistennummer 146)
und eine Leistung von Elo 2327. Eine WIM-Norm scheiterte nur am fehlenden fünften
Titelträger.
Jade Schmidt aus Hamburg schaut
schon zuversichtlich
Und muss nach ihrem letzten
Sieg Interviews über die Lage des Frauenschachs in Deutschland geben
Während an der Spitze des A-Turnieres nie
wirklich Spannung aufkam ging es bei den „echten Amateuren“ drunter und drüber: Die Setzlistenvorderen hatten sich früh
verabschiedet und nach 5 Runden lagen der Italo-Jugoslawe Dragan Dimitrijevic
und der Hamburger Andreas Albers mit 100%iger Ausbeute allein an der Spitze des
Feldes. Das Remis zwischen den beiden war nicht so „geschoben“, wie die
Zügeanzahl vermuten lässt, aber dennoch zogen sich die beiden offensichtlich den
Zorn Caissas zu. 0/6 kassierten beide Spieler in den kommenden 3 Runden und
verstanden die Welt nicht mehr. „It is some kind of Karma!“ erklärte mir Dragan
nach der Siegerehrung.
Bei der Siegerehrung konnten
beide schon wieder lächeln, wenn auch noch ein wenig gequält
Durch einen Sieg in der letzten Runde hatte
er wenigstens noch einen Minimalanteil vom fetten Preiskuchen verdient. Für den
Hamburger Trainer und Autor dieses Berichtes blieb nichts anderes als seiner
Lebensgefährtin zu ihrem hervorragenden Turnier zu gratulieren.
Turniersieger wurde völlig verdient der
erste 17 jährige Sergi Mingarro Carceller punktgleich mit dem nächsten jungen
Mann, David Gomez Peco.
Der glückliche Turniersieger
Das direkte Duell hatte David zwar
gewonnen, aber am Ende blieb doch nur Platz 2
Die Bronzemedaille ging an den sympathischen
und sehr kreativen Benjamin Mote Kobolo vor dem vielleicht größten Talent des
Landes, dem chinesisch-stämmigen Shen Yue (13 Jahre alt).
Überraschte den Autor mit 1. e4
e6 2.Lb5!?!?, Bejamin Mote Kobolo
Da wächst etwas heran in Spanien: Shen Yue.
Das Frauenturnier wurde von der Georgierin Sopiko Guramishvili
gewonnen, vor WGM Demante Daulyte aus Litauen.
Freute sich sichtlich über ihr
gelungenes Turnier, Sopiko Guramishvili
Die wahre Heldin des Turnieres war
allerdings die Lokalmatadorin: Irene Nicolas Zapata ist erst 13 Jahre alt und
hat doch unter dem großen Applaus des Publikums eine WIM-Norm in diesem
bärenstarken Turnier erzielte. Die junge Dame sorgte dann auch bei der großen
Siegerehrung für die meisten „Olá!“ Rufe und Ovationen.
Irene in der Mitte ihre
Freundinnen, die im B-Turnier Preise gewannen
Die versammelte
Meisterinnen-Riege: L’Ami, Daulyte, Meshcheriakova, Guramishvili und die
spanische Georgierin Ana Matnadze
Auch wenn sie am Ende leer ausgingen,
ein gutes Glas spanischen Rotwein hat man sich auf jeden Fall verdient: Franz
Josef Becking und Armin Frey
Zwei nächtliche Blitzturniere sind
natürlich Pflichtprogramm für hartgesottene Schachurlauber
Ein letzter Blick auf den
Spielsaal)
Zum Abschluss noch ein paar Eindrücke aus
dem touristischen Teil unserer Reise:
Mit 5/5 wähnte ich mich auf
großen Spuren und dachte ich versuch mich mal als Double. Fazit: Grandios
gescheitert!
Während Frau Schmidt schon mal die
Strandtemperatur misst
„Allmorgendlich treffen sich die
Senioren des Ortes zum Frühsport…“
„Einer wird noch vermisst, der Kerl mit dem Pferd!“)
Eine Bootsfahrt zur Isla Benidorm…
Die mich irgendwie an alte James Bond Filme erinnert...
Mit dem „Aquascope-Boat“ ging es dann einmal
rund um die Insel und die Unterwasser-Welt konnte beobachtet werden.
Nemo ist leider immer noch nicht gefunden worden)
Die Insel selber ist sehr naturbelassen und auch Mitte Dezember blüht und grünt es hier
Wanderwege schlängeln sich bis zum
Gipfel…
...und wenn man seinen Proviant
vergessen hat….
Aber offensichtlich sind schon
andere Touristen hier auf dumme Ideen gekommen!
Was habe ich neulich gelesen: Die
weißen Tauben sind Möwen
Den Gipfel erfolgreich erklommen!
Ein ungewöhnlicher Blick aufs Meer
Der örtliche Schachklub….
Und Abends wird es dann richtig
romantisch!