ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Abenteuer Moskau
von Eva Maria Zickelbein, Fotos: Sebastian Siebrecht,
Eva Maria Zickelbein
Das Aeroflot Open
in Moskau, das in diesem Jahr sein fünfjähriges Bestehen feiert, ist eines der
stärksten der Welt. Der Preisfonds beträgt 175.000,00 € und eine
Besonderheit ist, dass hier kein Großmeister Konditionen bekommt und alle für
den Package-Deal Hotel, Flug und Startgeld die gleichen Tarife bezahlen müssen.
Trotzdem werden durch den hohen Preisfonds und das gesellschaftliche Ereignis
Aeroflot in jedem Jahr unzählige Großmeister und Amateure aus aller Welt
angezogen. Es spricht für das Turnier und natürlich auch die Metropole Moskau,
dass von den circa 700 Teilnehmern mehr als 350 aus aller Herren Ländern
anreisen.
Nur der Wetterbericht der letzten Wochen machte uns etwas Angst… Bis zu -30 Grad wurden konstant gemeldet, was uns natürlich zum Kauf neuer Winterjacken und Skiunterwäsche motivierte. Helmut Jürgens schenkte uns netterweise auch noch eine fellgefütterte Fliegermütze und zur Not können wir ja auch einfach zwei oder drei Pullover übereinander ziehen. Alexander von Gleich, der nach seiner langjährigen Tätigkeit in Georgien nun bei der Weltbank in Moskau tätig ist, versorgte uns noch mit Tipps bezüglich Taxifahrten und Rubeltausch und dann starteten wir am Dienstag, 07. Februar mit Aeroflot aus Hamburg nach Moskau:
Schon der Flug mit der Tupolev 154 war eigentlich das nächste Abenteuer, aber
dass sie nur 2,5 Stunden von Hamburg nach Moskau brauchte, hat uns sehr überrascht!
Den brauchten wir zum Glück nicht!
Zuerst
mussten wir die Passkontrolle überwinden – Anlass für wilde Theorien über
das menschliche Verhalten in Warteschlangen. Wir standen natürlich in der
falschen… Thea Lanchava und Wouter Spoelman waren uns um Längen voraus,
weshalb wir uns dann auch im letzten Moment illegal vor einer japanischen
Reisegruppe in ihre Schlange rüberschummelten:
Dieses
Foto hätte übrigens fast einen Polizeieinsatz auf dem Flughafen provoziert –
dummerweise hatte ich kurzzeitig vergessen, dass Fotografieren an und in öffentlichen
Gebäuden in Russland nicht gerade erwünscht ist…
Von diesem
jungen Mann aber wurden wir freundlich begrüßt – er leitete uns zu unserem
Bus zum Hotel. Leider waren die Scheiben zugefroren und es war auch schon
dunkel, klar war aber, dass der Fahrer sich nicht richtig gut auskannte und uns
zuerst an einer Gamma-Delta „Garage“ abladen wollte. Darauf hingewiesen,
dass wir zum Hotelkomplex Gamma-Delta wollen, startete er erneut und kurvte
umsichtig über die vielspurige Stadtautobahn, auf der jegliche Spurmarkierung
fehlt.
Im
Hotel überstanden wir ohne weitere Probleme die Registrierung für das Turnier.
Mit dem Spielerpass bewaffnet zogen wir dann weiter zur Rezeption, an der uns
dann leider mitgeteilt wurde, dass keine Zimmer reserviert hätten. Unsere Pässe
wanderten ins Hinterzimmer und wir warteten. Schließlich bat ich eine der
Organisatorinnen um Hilfe und dann wurden auch leichte Fortschritte erzielt. Es
wurde eine Liste gezeigt, auf der unsere Namen eindeutig vermerkt waren – Gründe
für die Probleme wurden uns allerdings nicht genannt. Nach 1,5 Stunden bekamen
wir dann endlich die Karten und die Pässe für unser Zimmer in neunten Stock,
aber leider hatten wir durch diese Prozedur die Eröffnungsfeier verpasst…
Doch
in Zeiten moderner Kommunikationstechnologie konnte ich unseren Freund Sebastian
Siebrecht per SMS informieren und ihn bitten, ein paar Fotos von der Eröffnungsfeier
für mich zu schießen. Sebastian war mit Michael Hoffmann, Martin Senff und der
deutschen Nummer 1 beim Aeroflot Open, Arkadij Naiditsch schon am frühen
Nachmittag angekommen, natürlich angemessen präpariert für -25 Grad!
Martin
Senff und Michael Hoffmann warten auf den Transfer zum Hotel…
…mit Sebastian Siebrecht und der deutschen Nummer 1, Arkardij Naiditsch.
Sebastian
erwischte sogar Anatoli Karpow, der die Eröffnungsrede hielt:
…und
eine Millionen Elopunkte lauschte, wie bereits im Bericht von Misha
Savinov zu lesen war.
Evgeny Postny und
Sergey Erenburg aus Israel.
Nachdem wir
unsere Koffer im Zimmer deponiert hatten, machten wir uns in der Hoffnung auf
eine kleine Stärkung auch sofort auf zu den Resten der Eröffnungsfeier:
Ein Gläschen Wein zur Begrüßung konnten wir noch genießen, das Buffet
allerdings war schon restlos abgegrast…
Das war aber
nicht weiter dramatisch, denn das Hotel bietet neben zahlreichen Geschäften,
Bars, Internetcafé und Fitnesscenter auch mehrere Restaurants, von denen das
erste dann eben von uns getestet wurde – gut!
Am nächsten
Morgen weckte uns die Moskauer Sonne und gab den Blick auf die Umgebung des
Hotels frei:
Nach einer wenig
rühmlichen, schnellen Punkteteilung gegen den Österreicher Harald Enne in der
ersten Runde des C-Turniers (Spieler unter 2200) konnte ich den Rest des
Vormittags nutzen, um mich ein wenig umzuschauen:
Das Hotel ist gigantisch: Es hat 2500 Zimmer und wurde zur
Olympiade 1980 in Moskau gebaut.
Wir sind im Haus Gamma untergebracht, das 28 Stockwerke
hat:
Vor den Runden herrscht bei den 16 Fahrstühlen dermaßen Hochbetrieb, dass man
oft mehrere Minuten warten muss.
Im Hotel kann man in zahlreichen Shops Souvenirs und alles
Erdenkliche kaufen
In der Halle zwischen Gamma und Delta gibt es außerdem ein sehr stark
frequentiertes Internetcafé
Ich sah mich
schon stundenlang in diesem Café sitzen und die Fotos für ChessBase
verschicken – doch dann die gute Nachricht: Es wird einen Presseraum geben!
Als am zweiten Tag dort endlich die Internetverbindung stand, hatten wir durch
Hartnäckigkeit und Thea Lanchavas sprachliche Hilfe eine viel bessere Lösung
gefunden: In der Hotellobby gibt es drei Drahtlosnetzwerke, zu denen aber
niemand die Passwörter oder Nutzungsbedingungen zu kennen schien. In einem
kleinen Laden kaufte ich mit Hilfe der einzigen Wortes, das die Verkäuferin
verstand, „Internet“, eine Karte für 320 Rubel, die aber auch keinen
Fortschritt brachte. Schließlich fragten Thea und ich uns durch, bis eine
freundliche Dame an der Rezeption uns einen kleinen Zettel hinhielt, Vorderseite
Russisch, Rückseite Englisch (!!). Dort war zu lesen, dass über den Anbieter
Beeline in allen angeschlossenen Hotels freies Internet zur Verfügung steht!
Benutzername beeline, Passwort beeline
– genial! Große Erleichterung machte sich breit und die Frage, warum erst 20
verschiedenen Menschen die eine Frage gestellt werden musste (auch der
Administrator des Internetcafés war äußerst ahnungslos, zumindest tat er so),
unterdrückte ich…
Am Mittwoch, 08.
Februar um 15 Uhr Ortszeit war es dann endlich soweit: Der holländische
Schiedsrichter Geurt Gijssen und sein russischer Kollege gaben den Startschuss
zu den unglaublich stark besetzten Open A1 und A2:
Die Spielbedingungen sind etwas beengt
Nach einhelliger
Meinung der Spieler war es in den letzten Jahren im Hotel Rossija besser, doch
wenigstens hat man in diesem Spielsaal auf wenigen Quadratmetern die höchste
Großmeisterdichte der Welt!
Die ersten dreißig Partien werden in den Vorraum übertragen
Das Fotografieren
ist aufgrund der Enge schwierig, aber einige Impressionen kann ich wenigstens
schon liefern:
Die Nummer 1 des Turniers, Jugendweltmeister Shakhriyar
Mamedyarov
Eine
der Sensationen der ersten Runde: Alexey Dreev, an Nummer 3 gesetzt, verlor
seine Auftaktpartie – noch dazu in seiner Lieblingseröffnung Caro-Kann!
Alexander
Khalifman
Alexandra
Kosteniuk
Antoaneta
Stefanova.
Sebastian
Siebrecht spielte im A2 Turnier die längste Partie der ersten Runde. Die
Putzfrauen räumten schon auf und wischten um sein Brett herum, doch leider
hielt er sein Endspiel nicht und musste nach 132 Zügen und drei
Partieformularen aufgeben:
Leider verpasste er wegen dieser Marathonpartie unser Essen im Piratenrestaurant im zweiten Stock, in dem nicht nur das Essen, sondern auch das Rahmenprogramm gut war:
Morgen
ist Doppelrunde im C-Turnier: Dritte Runde für alle um 9 Uhr, dann zweite Hälfte
(Tische 54 bis 126) um 14 Uhr und erste Hälfte (Tische 1 bis 53) um 19 Uhr.
Super. Nach meinem Remis heute Morgen gegen ein Nachwuchstalent aus Kasachstan,
muss ich Morgen in der dritten Runde gewinnen, damit ich erste Hälfte bin und
erst abends spielen muss…
Trotzdem
wird Morgen noch keine Zeit für den ersten Trip Richtung Zentrum sein. Hoffen
wir aufs Wochenende und den Besuch von Alexander von Gleich!
Viele
Grüße nach Deutschland
Eva
Maria Zickelbein