Frage: Hallo Ahmed, erst einmal Glückwunsch zu deinem Erfolg bei der Jugendweltmeisterschaft!
Antwort: Ja, ein großer Erfolg.
F: Konntest du dir vorstellen, dieses starke Turnier zu gewinnen, bevor
du zur Weltmeisterschaft gefahren bist? Wann hast du erkannt, dass du eine Chance
hast, Weltmeister zu werden?
A: Gut, ich habe gedacht, dies ist mein letztes Jahr U-20, also müsste ich gut
abschneiden, aber ich habe nicht erwartet, hier zu gewinnen. Tatsächlich habe
ich erwartet, unter die ersten fünf zu kommen, mein Verband und mein ägyptischer
Trainer haben allerdings gemeint, ich müsste unter die ersten 15 kommen. Dass
ich das Turnier gewinnen könnte, habe ich in der letzten Runde erkannt, die ich
gewinnen musste, um Erster zu werden.
F: Wie war das bei der Weltmeisterschaft? Erst hast du geführt, dann hast
du zwei Partien nacheinander verloren, aber dann ein Comeback gestartet….
A: Das war wirklich ein großer Erfolg für mich. Ich habe zwei Partien verloren,
eine Partie war leicht Remis und in der zweiten Partie stand ich nach perfekter
Eröffnungsvorbereitung vollkommen auf Gewinn, aber was soll man machen, wenn man
in Zeitnot kommt. Allerdings schaffe ich es meist, ein Comeback zu starten (lacht)..
F: Dieser Sieg war mit Sicherheit das beste Ergebnis deiner jungen Schachkarriere,
oder?
A: Natürlich ist es das beste der besten, aber ich hatte schon ein paar gute Ergebnisse,
z.B. in Reykjavik, wo ich Performance von 2725 erzielt habe.
F: Du hast schon gegen einige der besten Junioren gespielt (okay, nicht
gegen Radjabov, Karjakin, Carlsen); welchen Eindruck hast du von deinen Gegnern?
Du hast in der letzten Runde gegen Georg Meier aus Deutschland gespielt, was hältst
du von ihm?
A: Ich habe keine Angst vor Spielern mit hoher Elo-Zahl. Übrigens habe ich schon
gegen Carlsen gewonnen, mit Schwarz beim Turnier in Reykjavik 2006 (was Susan
Polgar dazu brachte, sich zu fragen, wie ein solch unbekannter Spieler gegen den
Helden gewinnen konnte!!).
Carlsen - Adly zum Nachspielen...
Die letzte Runde war sehr schwer für mich, weil ich hier nicht nur gut Schach
spielen, sondern auch meine Nerven in den Griff kriegen musste, denn nur mit einem
Sieg wurde ich Erster, ein Remis hätte mir den zweiten Platz gebracht, was ich
natürlich nicht wollte. Georg Meier spielt sehr gut, allerdings glaube ich, er
hat das Problem, mit Schwarz zu oft mit Remis zufrieden zu sein. Was übrigens
zu einem Problem bei meiner Vorbereitung führte, denn mein ägyptischer Trainer
gab mir bei unserem Internet-Chat - er konnte beim Turnier nicht dabei sein -
den Rat, Remis zu machen… doch ich hatte das Gefühl, ich könnte gewinnen (lacht).
Georg Meier
Partie Adly gegen Meier zum Nachspielen...
F: Wie verlief deine Schachkarriere: Von wem hast du Schach gelernt, welche
Trainer hattest du in den letzten Jahren?
A: Tatsächlich habe ich mit Fechten begonnen und war darin so gut, dass meine
Fechttrainer mir eine glänzende Zukunft prophezeiten. Aber als ich Schach gelernt
habe, gefiel mir Schach besser und als ich neun Jahre alt war, meinte mein ägyptischer
Trainer, ich würde der erste ägyptische Großmeister werden. Tatsächlich war es
dann mit 16 so weit.
Meine Trainer: 1. Hassan Khaled: Technischer Direktor des ägyptischen Schachverbands.
Ich verdanke ihm sehr viel, da er mein Schachtalent entdeckt hat, als ich jung
war. Auch heute noch hilft er mir im psychologischen Bereich und bringt mich nach
vorne.
2. Igor Rausis: Er trainierte mich 2001 für drei Monate, was mir geholfen hat,
etwas über Weltmeister zu lernen. Allerdings hat er damals nicht geglaubt, dass
ich ein guter Schachspieler werden könnte. Dafür war er 2007 derjenige, der geglaubt
hat, dass ich Jugendweltmeister werden könnte und mir den Rat gab, in der letzten
Runde auf Gewinn zu spielen (lacht).
3. Edvin Kengis: Er trainierte mich 2005 ein Jahr lang und ich verdanke ihm unendlich
viel, da er an mein Schachtalent geglaubt hat, und mir gezeigt hat, wie ich ein
starker Schachspieler werden kann.
F: Wie wurdest du bei der Rückkehr nach Ägypten empfangen? Weiß irgendjemand,
dass du Weltmeister bist?
A: Der Empfang in Ägypten war nichts Besonderes, aber ein paar Medien haben angefangen,
sich für Schach zu interessieren, also hoffe ich, dass dies in Zukunft besser
wird.
F: Ägypten gehört nicht zu den klassischen Schachländern; hat Schach in
Ägypten einen kulturellen Hintergrund oder kulturelle Bedeutung?
A: Schach ist in Ägypten nicht sehr populär, aber als Weltmeister habe ich die
Pflicht, meiner Gesellschaft zu helfen und sie verstehen lassen, wie gut Schach
ist. Mein Traum ist es, dass ich für das Schach in Ägypten einmal das tun kann,
was der große Petrosian für das Schach in Armenien getan hat.
F: Du bist der erste afrikanische Weltmeister, ist das für dich von besonderer
Bedeutung?
A: Ja, natürlich bedeutet es viel für mich, der erste afrikanische und arabische
Weltmeister zu sein. Ich hoffe, das trägt in Zukunft dazu bei, dass Afrikaner
und Araber eine Chance haben, an Weltmeisterschaften teilzunehmen.
F: Ich habe in einer deutschen Schachzeitschrift gelesen, dass du vor ein
paar Jahren zusammen mit ein paar anderen Schachspielern ein Turnier in Nigeria
gespielt hast. Alle von euch haben sich mit Malaria infiziert, aber du hast das
überlebt, weil dein nächstes Turnier in Griechenland stattfand und du dort in
einem guten Krankenhaus warst. Stimmt diese Geschichte?
A: Ja, das geschah leider, als wir an der Afrika-Olympiade teilnahmen. Ich war
schwer krank und bin beinahe gestorben. Vorher wog ich 60 Kilo, nach der Krankheit
32 Kilo, man kann sich also vorstellen, wie schwer die Krankheit war. Zwei Jahre
konnte ich kein gutes Schach spielen, aber der Tod zweier meiner Mannschaftskameraden,
die nicht so schwer krank waren wie ich, hat mich viel mehr erschüttert. Also
Gott sei Dank, dass ich noch am Leben bin.
F: Ich kenne dich seit dem Dubai Open 2004 und ich kann mich nicht erinnern,
dich je nicht in scherzhafter Stimmung sehen zu haben? Kannst du ernsthaft sein?
A: Scherze zu machen hilft mir dabei, mich gut zu fühlen, aber natürlich kann
ich auch ernst sein, vor allem am Schachbrett! Ich möchte keiner dieser Spieler
sein, die psychologische Probleme haben und außer Schach nichts im Leben haben.
Ich ziehe es vor, sozial zu sein und viele Freunde zu haben (lacht).
(Fast) immer guter Dinge: Jugendweltmeister Ahmed Adly
F: Welche Pläne hast du für die Zukunft? Wie wichtig war dieser Sieg für
deine Karriere?
A: Nun, ich hoffe, in Zukunft um die Weltmeisterschaft spielen zu können und zu
den Top Ten im Schach zu gehören. Natürlich ist dieser Sieg sehr wichtig für meine
Schachkarriere, vor allem, weil er es mir jetzt leichter macht, Einladungen zu
starken Turnieren in der ganzen Welt zu erhalten, worüber ich mich sehr freue,
da ich meine Tickets nicht mehr selbst bezahlen muss (lacht).
F: Hast du je ein Turnier in Deutschland gespielt?
A: Leider noch nicht, aber ich träume davon, für eine starke Mannschaft in der
Bundesliga zu spielen, die ich für eine der stärksten Ligen der Welt halte.
F: Ahmed, danke für das Interview und die Zeit, die du dir genommen hast