Alles wird gut

von Olaf Steffens
21.11.2023 – Nicht erst seit dem Brexit ist in England vieles anders. Olaf Steffens unternahm eine Reise nach Torqay und nahm am Torbay Chess Congress teil. Und shocking: Es gab drei Runden lang überhaupt keinen Kaffee für die Teilnehmer und dann weit weg. Wie soll man ohne Rauschmittel gut Schach spielen? Hier ist sein Bericht.

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Dieser Bericht erschien auf Olaf Steffens Blog "Vegane Schachkatzen".
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung

Coffees and trophies

„Im Zeitalter der Instrumentalisierung ist der Hobbyist ein Subversiver: er besteht darauf, dass einige Dinge es wert sind, allein um ihrer selbst getan zu werden, auch wenn sie keinen Ertrag bieten in Form von Produktitivät oder Gewinn.“

Oliver Burkeman, Viertausend Wochen

Diese Engländer! Kann man ein Turnier aufsetzen, bei dem es in den ersten drei Runden im ganzen Haus keinen Kaffee zu trinken gibt?

Man kann, und sobald sich der reisende Kaffeehausspieler von diesem slight shock erholt hat, folgt die – überraschende – Erkenntnis, dass es einem auch ohne Kaffee offenbar ganz gut gehen kann am Brett.

Beim Torbay Chess Congress in Torquay an der englischen Südküste holte ich derart zwangs-kaffee-abstinentiert hübsche 3 von 3 Punkten, teilweise glücklich im Verlauf, teilweise schwindelerregend – doch isso, es waren ja meine ersten Schachpartien seit mehr als drei Monaten.

Mit der Bahn nach London: man kommt aus Deutschland ratzfatz hin, wenn die Lokführer gerade nicht streiken.



Der berühmt Blick in den Turniersaal – Mitte November, und schon sehr weihnachtlich

Erst in den letzten zwei Runden ergab sich die schöne Möglichkeit, an der Hotelrezeption einen feinen Kaffee zu beziehen – would you like it with milk? Doch bedeutete das lange Laufwege hinaus aus dem Turniersaal die Treppen hoch zum Empfang – um dort dann zu warten, bis anreisende oder abreisende Hotelgäste ordentlich versorgt waren und man selber an die Reihe kam. Und die Schachuhr tickt. Tricky stuff! 

In diesen beiden von coffeingeprägten Runden füllte ich zwar mein körpereigenes Kaffeereservoir, weniger indes mein körpereigenes Punktekonto und war mit zwei Unentschieden am Sonntag noch ganz gut bedient. 

Was mag uns das sagen, für das eigene Konsumverhalten, und für den Einsatz bewusstseinserweiternder Rauschmittel von Heißgetränken am Schachbrett?

Fair prizing im Mutterland der Basisdemokratie – in jeder Ratinggruppe absolut identische Preisgelder

So schnell kann das gehen – als Turnierzweiter wurde ich umgehend eingemeindet in die Englische Schachföderation. Bye bye, DWZ!

Bei diesem sehr empfehlenswerten und freundlichen fünfrundigen Schachkongress (man beachte die edle Namensgebung!) gab es am Ende leider keine Siegerehrung – was einen durchaus etwas leer zurücklässt. Gerade eben noch analysierte der Turniersieger Stephen Homer mit Gerald Moore seine Partie der letzten Runde, ich schaute etwas zu, da wurde nebenan bereits energisch der Turniersaal abgebaut.

Alle TeilnehmerInnen hatten sich umgehend in den Sonntagabend verabschiedet, eine prize-giving ceremony sah man nicht, damit alle schnell nach Hause können. Keine Trophäen, kein Applaus, keine Fotos. Und das Preisgeld wird dann praktischerweise einfach überwiesen. Ein Modell auch für Bundesdeutschland?

Turnierseite

Und nun kommt Ihr.
In einer von Coffein, nicht aber von wilden Orang-Utan-Motiven ganz freien Zweitrundenpartie ergab sich bei Coast FM Stevens (2170) – David Archer (1950) die folgende Position:

Zuletzt geschah:
9.Sf3-g5, De6-c6
10.Le2-f3, d7-d5
11. Tf1-e1+, Ke8-f8

Gesucht wird der aussichtsreichste Zug für Weiß. Mindgames? Her mit Euren Lösungen!

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Unter allen Einsendungen verlost Olaf Steffens einen brandneune Fritz 19. Einsendeschluss: 28. November 2023


Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919, den MTV Leck, den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen. Von 2012 bis 2021 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen. Bloggt seit 10 Jahren auf www.schach-welt.de und VeganeSchachkatzen.de.