Am Bundesliga-Wochenende: Rekordmeister nur mit sieben Spielern

von André Schulz
09.12.2025 – Normalerweise spielt die OSG Baden-Baden mit vielen Topstars jedes Jahr um die Meisterschaft mit. Am vergangenen Wochenende brachte der Rekordmeister jedoch nur sieben Spieler an den Start – wie konnte das passieren?

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Die OSG Baden-Baden ist dank der Unterstützung durch die Baden-Badener Grenke AG seit zwei Jahrzehnten der Platzhirsch in der Deutschen Bundesliga. Die Meldeliste am Anfang einer Saison war häufig eine auszugsweise Kopie der oberen Plätze der Weltrangliste. Mit 16 Titeln seit der Saison 2005/06 ist die OSG der Rekordmeister. In den letzten beiden Jahren konnten der SC Viernheim und der SK Düsseldorf die Serie unterbrechen. Zuvor war das nur einmal 2015/16 der SG Solingen gelungen.

Auch für die Saison 2025/26 ist die Aufstellung wieder Weltklasse. Das ist für den Kampf um den Titel auch notwendig, denn mit dem SC Viernheim gibt es einen ernsthaften Konkurrenten, während der SK Düsseldorf sich nach dem Rückzug des Sponsors nach dem Titelgewinn aus dem Kreis der Favoriten verabschiedet hat.

Im Unterschied zu vielen anderen Sportarten sind die Spieler in der Schachbundesliga nicht etwa feste Angestellte des Vereins, sondern können beliebig auch in anderen Ligen anderer Verbände spielen. Oder bei Turnieren. Da die Preisgelder für die Topstars in den letzten Jahren zudem explodiert sind, können die Bundesliga-Clubs mitunter nicht mehr mithalten und müssen bei Terminkollisionen zurückstecken.

Im Spielbetrieb des deutschen Vereinsschachs werden die Meisterschaften in der Regel mit acht Spielern bestritten. Am vergangenen Wochenende trat die OSG Baden-Baden jedoch beim Auswärtskampf in Heimbach-Weis-Neuwied an beiden Spieltagen nur mit sieben Spielern an.

Für alle Beteiligten ist dies ein sehr unangenehmer Vorgang. Der Verein, der ein Brett freilässt, erhält an diesem Brett natürlich einen kampflosen Minuspunkt und wird zudem mit einer Geldstrafe belegt. Die vorgesehenen Gegner erhalten am betreffenden Brett einen kampflosen Punkt, kommen aber nicht zum Zug. Unter Umständen sind sie von weit her umsonst angereist.

Am Samstag ließ Baden-Baden das erste Brett frei und meldete dort formal Fabiano Caruana. Deggendorfs Brett eins, der Inder Sunilduth Lyna Narayanan, hatte somit nichts zu tun. Am zweiten Tag wurde das zweite Brett, formal mit Nikita Vitiugov besetzt, freigelassen. Alan Pichot von Bayern München hatte ebenfalls keinen Gegner, hatte dafür aber viel Zeit, sich die übrigen Partien von Anfang an anzuschauen.

Der Mannschaftsführung der OSG Baden-Baden war der Vorfall natürlich peinlich. „Das sollte so natürlich nicht passieren“, sagte Patrick Bittner. In den vergangenen Jahren kam der Rekordmeister schon einige Male wegen des engen Turnierkalenders in Schwierigkeiten, konnte aber aus dem Kader heraus stets noch genügend Spieler an die Bretter bringen – doch diesmal nicht.

Bei der OSG wusste man bei der Vorbereitung auf den Spieltag von einigen Terminkollisionen, wurde aber von der endgültigen Terminierung des Freestyle Grand Slam Finales in Südafrika überrascht. Mit Fabiano Caruana, Levon Aronian, Vincent Keymer und Javokhir Sindarov sind dort gleich vier Topspieler aus dem OSG-Kader involviert.

Alireza Firouzja war bei den Chess Classic in London aktiv, ebenso wie Nikita Vitiugov. Und Maxime Vachier-Lagrave, Nummer sechs in der Meldeliste, spielte in Monte Carlo einen „Wettkampf der Generationen“ gegen Yagiz Kaan Erdogmus. Alexei Shirov befindet sich zurzeit in Argentinien. Vishy Anand und Anish Giri standen aus anderen Gründen nicht zur Verfügung. In Usbekistan hatte gerade der President's Cup begonnen, bei dem Nihal Sarin mitspielte. 

So blieben am Ende sieben einsatzfähige Spieler übrig, darunter die Youngsters Bennet Hagner und Timur Kocharin. Bis zum Schluss hatte die Baden-Badener Mannschaftsleitung noch daran gearbeitet, alle Bretter zu besetzen. Nachdem klar war, dass dies nicht gelingen würde, war eine Verschiebung der Wettkämpfe in Heimbach-Weis-Neuwied keine Option mehr. Der SK Düsseldorf hatte im letzten Jahr in ähnlicher Situation die übrigen Teams eines Doppelspieltages in Kirchweyhe zu einer Verschiebung überreden können. Diesmal waren die Vorbereitungen des Wettkampfes beim Gastgeber allerdings schon zu weit fortgeschritten.

Das Baden-Badener Sieben-Mann-Team schaffte am Samstag noch einen knappen Sieg mit 4,5:3,5 gegen Deggendorf. Am Sonntag gab das OSG-Team beim 4:4 gegen Bayern München einen wichtigen Punkt im Kampf um den Titel ab.

„Wir haben daraus gelernt“, sagt Patrick Bittner. „Im nächsten Jahr werden wir bei der Meldung der Spieler die Mannschaft etwas nachjustieren müssen. Wir wollen jetzt mehr auf den Nachwuchs setzen und junge Spieler fördern.“

Für die OSG ist das Bundesliga-Team mit seinen Stars ein wichtiges Aushängeschild. Die Bundesligamannschaft ist allerdings nur eine von 13 Mannschaften im Spielbetrieb der verschiedenen Ligen. Der Verein wächst und hat inzwischen 420 Mitglieder, darunter über 100 Schüler, die Schach lernen wollen. „Schach ist in“, freut sich Patrick Bittner trotz des unglücklichen Bundesliga-Wochenendes.

Aufstellung der OSG Baden-Baden 2025/26

1 Fabiano Caruana SV USA 2795 GM 2743
2 Alireza Firouzja SV FRA 2762 GM 2785
3 Anish Giri SV NED 2760 GM 2798
4 Viswanathan Anand SV IND 2743 GM 2727
5 Levon Aronian SV USA 2729 GM 2706
6 Maxime Vachier-Lagrave SV FRA 2734 GM 2709
7 Vincent Keymer SV GER 2776 GM 2790
8 Javokhir Sindarov SV UZB 2726 GM 2737
9 Richard Rapport SV HUN 2741 GM 2772
10 Nihal Sarin SV IND 2701 GM 2717
11 Nikita Vitiugov SV ENG 2656 GM 2667
12 Rustam Kasimdzhanov SV UZB 2671 GM 2658
13 Radoslaw Wojtaszek SV POL 2667 GM 2649
14 Etienne Bacrot SV FRA 2628 GM 2599
15 Alexei Shirov SV ESP 2610 GM 2609
16 Alexander Donchenko SV GER 2661 GM 2629
17 Bennet Hagner SV GER 2451 IM 2470
18 Timur Kocharin SV GER 2332 FM 2315

3. Runde

OSG Baden-Baden SV Deggendorf
1 GM 2795 USA Fabiano Caruana : + Sunilduth Lyna Narayanan IND 2616 GM 3
9 GM 2741 HUN Richard Rapport ½ : ½ Gleb Dudin HUN 2585 GM 5
12 GM 2671 UZB Rustam Kasimdzhanov 0 : 1 Venkataraman Karthik IND 2589 GM 7
13 GM 2667 POL Radoslaw Wojtaszek 1 : 0 Martin Petrov BUL 2549 GM 8
14 GM 2628 FRA Etienne Bacrot ½ : ½ Egor Krivoborodov GER 2536 GM 9
16 GM 2661 GER Alexander Donchenko 1 : 0 Boban Bogosavljevic SRB 2455 GM 10
17 IM 2451 GER Bennet Hagner ½ : ½ Aleksander Delchev SRB 2423 GM 11
18 FM 2332 GER Timur Kocharin 1 : 0 Nikola Sedlak SRB 2394 GM 12

4. Runde

FC Bayern München 4 4 OSG Baden-Baden
2 GM 2659 AUT Kirill Alekseenko ½ : ½ Richard Rapport HUN 2741 GM 9
5 GM 2597 ESP Alan Pichot + : Nikita Vitiugov ENG 2656 GM 11
6 GM 2587 AZE Nijat Abasov ½ : ½ Rustam Kasimdzhanov UZB 2671 GM 12
7 GM 2537 SLO Jan Subelj ½ : ½ Radoslaw Wojtaszek POL 2667 GM 13
8 GM 2538 AUT Valentin Dragnev 0 : 1 Etienne Bacrot FRA 2628 GM 14
9 GM 2548 ESP Alvar Alonso Rosell ½ : ½ Alexander Donchenko GER 2661 GM 16
11 GM 2503 FRA Joseph Girel ½ : ½ Bennet Hagner GER 2451 IM 17
12 GM 2429 GER Klaus Bischoff ½ : ½ Timur Kocharin GER 2332 FM 18

Ergebnisseite des Deutschen Schachbundes...

Webseite der Bundesliga...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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