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Heute beginnt mit dem WM-Finale in Moskau der Schachhöhepunkt des Jahres. Bei der Eröffnung am gestrigen Abend in der Tretjakow-Galerie betätigten sich Anand und Gelfand als Maler. Nachdem sie ihre Kunstwerke beendet hatten stand fest: der Titelverteidiger führt in der ersten Partie des Matchs die weißen Steine.
Warten und wulfen
Vor dem Ereignis hatten die Götter auch für den Schachreporter die Mühen der Anreise gesetzt. Selbst wenn er den Luftweg zwischen Berlin und Moskau schon häufig zurücklegte, gibt es immer wieder neue Erfahrungen. Neben dem Check-In-Schalter in Tegel fiel mir eine Leuchtschrift auf, die seit drei Tagen Makulatur ist.
Am Dienstagabend hatten die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck mit ernsten Mienen verkündet, dass der Eröffnungstermin 3. Juni für den Großflughafen in Schönefeld nicht eingehalten wird. Kleinlaut nannten sie als Grund Probleme mit dem Brandschutz. Wowereit sprach von keinem guten Tag für Berlin. O-Ton Platzeck: „Ich bin stinksauer.“ Nun soll der neue Airport frühestens Mitte August nach den Ferien eröffnet werden.
Alle Rundfunk- und Fernsehsender brachten die Blamage als Spitzenmeldung, die Zeitungen machten am Morgen damit auf. Es ist nicht das erste Mal, dass der Großflughafen nicht durch den TÜV kam. Baubeginn war vor knapp zehn Jahren, zum wiederholten Mal wurde die Eröffnung verschoben. Ein Spaßvogel twitterte: „Wir können alles, außer fliegen.“
Warten auf den Willy-Brandt-Flughafen. Dessen Brandschutzanlage soll der Fläche nach die größte der Welt sein. Sicherheit geht natürlich vor. Auf ihrer ersten Seite erinnerte die „Süddeutsche“ daran, dass 1996 bei einem Brand auf dem Düsseldorfer Flughafen 17 Menschen an Rauchvergiftungen gestorben sind.
Man wird Tegel also noch nicht so schnell schließen. Dort ist alles kleiner, aber auch übersichtlicher. Probleme gibt es mitunter doch. Inzwischen war die Reihe am Check-in-Schalter nach vorn gerückt. Eine junge Dame prüfte meine Papiere und erklärte freundlich, dass die Maschine überbucht sei. Ich verwies darauf, mein Ticket schon im März geordert und bezahlt zu haben und dass ich jetzt bitte schön befördert werden möchte. Wer will schon zu spät zur WM-Eröffnung kommen. Nach einigem Hin und Her sowie einem Telefonat mit dem Adviser sagte sie: „Wir werden sie upgraden“ und stellte mir eine Bordkarte für die Business Class aus. Ohne Zuzahlung! Ich fühlte mich wie ein kleiner Christian Wulf, hatte aber kein schlechtes Gewissen.
Im Transitraum hieß es dann, der Flug verspäte sich wegen der schlechten Wetterlage in Moskau. Mein Nebenmann sah im ipod nach, im Internet meldete der Flughafen Domodedowo Sonnenschein und 20 Grad plus. Wer verulkt hier wen? Nach 30 Minuten war von Wetterkapriolen keine Rede mehr, wir durften einsteigen. Kein Ruhmesblatt für die Informationspolitik der Lufthansa.
In der Maschine war es dann netter. Schön, dass man als „Upgrader“ die Beine während des Flugs richtig ausstrecken kann und eine viel größere Auswahl an Speis und Trank hat. Es wurden auch diverse Magazine gereicht. „Newsweek“ brachte eine große Geschichte über den russischen Oppositionspolitiker Garri Kasparow. Der war doch mal ein ziemlich guter Schachspieler, wenn wir uns recht erinnern. Vielleicht schaut er beim Match von Anand und Gelfand in den nächsten Tagen sogar vorbei.
Von der Verspätung holte der Pilot einige Minuten auf, und wir landeten bei wirklich tollem Wetter in Moskau. Die Parade zum Tag des Sieges auf dem Roten Platz ist vorbei, jetzt kann sich die Schachwelt auf das Match konzentrieren.
Kirsan Ilyumzhinov auf der Pressekonferenz
Boris Gelfand
Sposnor Alexander Filatow
Zur Eröffnung des WM-Finales waren viele bekannte Gesichter zu sehen: die ganze FIDE-Chefetage, eine Menge Journalisten und als Ehrengast Michail Gorbatschow.
Michail Gorbatschow
Hans-Walter Schmitt begrüßt Michail Gorbatschow
Vor 14 Jahren beim WM-Finale Karpow-Anand in Lausanne hatte Iljumschinow ihn auch eingeladen. Auf diese Weise konnte ich zum zweiten Mal in meinem Reporterleben mit ihm sprechen. Der frühere sowjetische Präsident unterstützt auch das Schulschachprojekt der FIDE.
Anatoli Karpow gab sich gestern zur Eröffnung ebenfalls die Ehre.
Anatoli Karpow
Er favorisiert Anand nur leicht. Das letzte WM-Match in Moskau vor 27 Jahren in Moskau spielte eben dieser Karpow selbst, als er seine Krone an Kasparow verlor.
Nigel Short ist seit zwei Tagen auch hier, er wird einige Partien kommentieren. Ich fragte den Engländer im Pressezentrum nach seiner WM-Prognose. Er wiegte den Kopf hin und her und sagte, wenn er viel Geld hätte, würde er es auf Anand setzen, aber auch Gelfand habe seine Qualitäten. Ein Tiebreak sei nicht von vornherein auszuschließen.
Sponsor Andrej Filatow schenkte der Direktorin der Tretjakow-Galerie für ihr Haus ein wertvolles Schachspiel, das aus den Stoßzähnen eines Mammuts gefertigt wurde. Wo er das wohl aufgetrieben hat?
Geschenke für die Galerie
Die feierliche Eröffnung mit den Hymnen Russlands, der FIDE sowie Indiens und Israels fand im Wrubelsaal der Galerie statt.
Michail Wrubel war ein berühmter russischer Maler, der von 1860 bis 1910 lebte. Sein berühmtestes Bild „Der Dämon“ hängt an der Seite im Saal. Mal sehen, ob die beiden WM-Helden uns vielleicht dämonisches Schach mit vielen Finessen bieten werden. Früher war Michail Tal so ein
Dämon. Ihn bezeichnete Anand in der Pressekonferenz als sein Idol. Gelfand legte sich auf keinen Namen fest, er habe von allen Weltmeistern sehr viel gelernt, sagte er.
Die danach folgende Auslosung war sehr originell. Anand und Gelfand wurden von Hauptschiedsrichter Aschot Bardapetjan (Armenien) auf die Bühne gebeten. Dann wurden zwei große Staffeleien enthüllt, worauf jeweils die Fragmente einer Glanzpartie der beiden gegeneinander zu sehen waren. Kurioserweise wurden beide in Biel gespielt.
1993 gewann Gelfand dort mit Weiß beim Interzonenturnier gegen Anand, wofür
dieser sich vier Jahre später an gleicher Stelle, ebenfalls mit Weiß,
revanchierte. Jeder ging zu seinem Partiegemälde, und es galt jetzt, dieses mit
dem Autogramm zu vervollkommnen. Zwei Hostessen erschienen mit schönen
Holzkästen, in denen sich Pinsel und Farbe befanden.
Anand erwischte die weiße Farbe und pinselte seinen Namenszug in die Mitte des Bretts. Gelfands schwarze Farbe war deutlicher zu sehen, er signierte an zwei Stellen der Staffelei.
Der Abend klang mit einem Konzert begabter russischer Künstler verschiedener Generationen aus.
Nach zwei Kindern, die Geige und Klavier spielten, setzte sich der Weltklassepianist Dennis Mazujew ans Instrument und gab dem Auditorium Proben seines großartigen Könnens. Jetzt warten wir alle auf das Konzert der Figuren, das um 15 Uhr Moskauer Zeit (13 MESZ) beginnt.