Artur Jussupov spielt nicht mehr in der
Nationalmannschaft
Von Axel Fritz und Christian Warneke
Großmeister
Artur Jussupow, der im Jahr 2000 die Deutsche Nationalmannschaft zur
Silbermedaille bei der Schacholympiade in Istanbul führte, hat überraschend
seinen Rücktritt aus dem Nationalteam erklärt.
Am Rande des
Pyramiden-Franken-Cups in Fürth begründete er diesen Schritt mit den
unverhältnismäßigen, für die Zukunft geplanten, Dopingkontrollen des
Weltschachverbandes FIDE. „Man ist an ein FIDE-Tribunal ausgeliefert“, sagte
Jussupow „Das erinnert mich an die stalinistischen Verfahren in den dreißiger
Jahren.“ Der Weltverband habe Dopingkontrollen angekündigt, ohne richtig zu
definieren, was unter Doping im Schach zu verstehen sei. Trotzdem seien bei
möglichen Verstößen Disqualifikationen und hohe Geldstrafen angedroht worden.
„Dopingregeln sind so kompliziert, dass normale Menschen ohne medizinischen
Betreuer sie nicht verstehen und im Schach gibt es keinen Mannschaftsarzt“,
erklärt der Großmeister die Problematik „Ich habe kein Vertrauen in die FIDE.
Das ist momentan keine demokratische Organisation.“ Die drakonischen Strafen
könnten als Waffe gegen die Spieler eingesetzt werden.
Der
Weltverband strebt unter seinem umstrittenen Präsidenten
Kirsan N. Ilyumzhinov die
Aufnahme in die olympischen Sportarten an und sucht den Schulterschluss -
zumindest in Dopingfragen - mit dem IOC. Doch für die olympischen Spiele 2008 in
Peking ist dieser Traum schon geplatzt. Der IOC-Vorstand lehnte vor knapp einer
Woche eine Neuaufnahme ab. „Wir werden wahrscheinlich nie olympisch werden“,
resigniert Artur Jussupow.
Leistungssteigernde Substanzen in Schachsport sind bislang unbekannt.
Untersuchung des Niederländischen Schachbundes ergaben keine Indizien oder
Beweise für die Wirksamkeit von „Hirndoping“. „Sowohl
dämpfende als auch stimulierende Substanzen haben unliebsame Nebenwirkungen, die
einen erwünschten Effekt eher überwiegen“, fasst Dr. Helmut Pfleger seine
Untersuchungsergebnisse zusammen. Der bekannte deutsche Schachgroßmeister und
promovierte Mediziner befasst sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Doping
beim Schachspiel. Nach Meinung von Jussupow gibt es nur ein wirksames Mittel:
„Doping im Schach ist, wenn man
einen Computer benutzt.“
Seine
Entscheidung sei allerdings rein persönlich. „Ich kann junge Spieler verstehen,
die das machen, um Weltmeister zu werden. Ich bin dafür zu alt und habe es nicht
mehr nötig.“ Aus Loyalität zum Deutschen Schachbund habe er sich diese
Entscheidung nicht leicht gemacht: „Ich habe mit dem Bundestrainer Uwe Bönsch
und Geschäftsführer Horst Metzing lange diskutiert.“ Doch selbst die gute
Stimmung im Team und die erfolgreiche Arbeit des Bundestrainers konnten ihn
nicht umstimmen. „Ich bin ersetzbar. Ich hoffe, dass die Leute auf meinem Platz
gut spielen.“ Er habe seine Freiheit zu wählen, genutzt.
Auch
Schachlegende Robert Hübner, der in den siebziger Jahren in den
Kandidatenturnieren zur Weltmeisterschaft bekannt wurde, verzichtet auf Grund
der geplanten Veränderungen auf weitere Einsätze im Nationalteam. Als Vertreter
hat Bundestrainer Bönsch die Großmeister Jörg Hickl und Alexander Graf
nominiert.