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Das dritte Grenke-Open in Karlsruhe schlug mal wieder alle Rekorde. Mit über 1500 Teilnehmern war es das größte Open Europas. Auf den Superlativ „größtes Open der Welt“ musste kurz vor Drucken der Turnierbroschüre verzichtet werden, da ein Open im indischen Delhi offenbar noch mehr Teilnehmer hatte, B- und C-Turnier wurden dort aber nacheinander ausgetragen.
Das Zuschauerinteresse vor Ort und im Netz war enorm, natürlich insbesondere wegen der gleichzeitig stattfindenden Grenke Chess Classics, bei der die Losfee es so wollte, dass mit Magnus Carlsen und Fabiano Caruana die beiden Protagonisten des nächsten WM-Kampfs gleich in der ersten Runde aufeinander trafen. Mehrmals über das Osterwochenende schaffte es die Berichterstattung vom Turnier bis in die Top-3 der auf Spiegel-Online geklickten Nachrichten.
Zuschauer in Karlsruhe
Zu Beginn der ersten 3 Runden der Classics war der Zuschauerandrang so groß, dass fotografierende Zuschauer den Spielern des Opens in der ersten Reihe zum Teil fast auf der Schulter saßen, so die Aussage eines Betroffenen. Dazu eine Anekdote aus dem Vorjahr vom späteren Turniersieger Nikita Vitiugov (aktuell vor dem Ruhetag geteilter Tabellenführer der Classics), der zum Schiedsrichter ging und sagte: „Ich möchte meinen Turm gerne nach a4 ziehen, nur da sitzt gerade einer“. Ob sich das genauso zugetragen hat, ist nicht ganz klar, schön ist die Geschichte allemal.
Gedränge
Das Open gewann sensationell der 13-jährige Vincent Keymer als Nummer 99 der Setzliste, er gewann die letzten 4 Runden samt und sonders gegen Großmeister und schlug in der letzten Runde Richard Rapport, der mit hohem Risiko voll auf Gewinn spielte und am Ende kühl ausgekontert wurde. Damit qualifizierte sich Vincent auch für die nächsten Grenke Chess Classics – zögert aber aufgrund seiner noch deutlich schwächeren Elo als bei den anderen zu erwartenden Teilnehmern noch, ob er dies wahrnehmen wird. Aber wer weiß, wie seine Elo in einem Jahr aussieht, wenn er so weitermacht.
Vincent Keymer auf der Bühne
In diesem Artikel soll es jedoch um etwas anders gehen, Berichte zum Turnierverlauf an der Spitze gab es schon jetzt genügend.
Für einen Amateurspieler ist es bei so einem Turnier ja das Größte, einmal die Möglichkeit gegen einen Großmeister spielen zu können. Und das schaffte die nominell Setzlistenletzte des A-Opens, die 20-jährige Franziska Fröhlich aus Ulm auf ganz überraschende Weise. Aufgrund der ungeraden Teilnehmerzahl wurde sie in der ersten Runde zunächst als „spielfrei“ geführt, kurz vor Turnierbeginn und nach der Auslosung kamen aber noch einige Teilnehmer, die sich entweder verspätet hatten oder ganz kurzfristig zu einer Teilnahme entschlossen hatte. So weit wie möglich versuchte das Schiedsrichterteam um Jens Wolter diese nachzupaaren. Dadurch spielte Franziska plötzlich gegen einen IM – und gewann gegen den Titelträger gleich mal, sie sagte hinterher, er habe einfach nur schlecht gespielt und sich zusammenschieben lassen. So weit so gut und noch (fast) normal.
Der „Hammer“ kam dann aber in der 2. Runde: als nominell schwächste Gewinnerin der ersten Runde wurde Franziska bei der Auslosung heruntergelost und spielte damit plötzlich gegen den stärksten Remisspieler der ersten Runde, und das war kein geringerer als die Nummer 32 der Setzliste, der Chinese Wang Hao mit einer Elo von über 2700, der in der ersten Runde nicht über eine Punkteteilung herausgekommen war. Damit kam es zur Paarung mit der maximal möglichen Elodifferenz im Turnier von etwa 900 Punkten (nach DWZ war es sogar noch mehr).
Wang Hao
Natürlich verlor Franziska, in einem Tarrasch-Franzosen opferte sie eine Qualität für Aktivität und meinte hinterher, dass gerade gegen einen 2700er die Kompensation für das Opfer nach ungefähr 5 Zügen weg war und sie dann nur noch eine Stellung weniger hatte. Trotzdem ein tolles Erlebnis für die Nachwuchsspielerin. Danach lief das Turnier für beide in die erwartete Richtung, nämlich für Franziska eher in das hintere Turnierdrittel und für Wang Hao nach vorne, mit 7 Punkten landete er am Ende auf dem geteilten 5. Rang.