Auf dem richtigen Dampfer

von ChessBase
30.04.2013 –  Früher gehörte Vlastimil Hort zu den besten Spielern der Welt und seine Erfahrung im Simultanschach ist immens. 1977 stellte Hort einen Weltrekord im Blindsimultan auf und 1985 spielte er sehend gegen 636 Gegner simultan. Damals war das Weltrekord. Doch auf einem Dampfer hat Hort noch nie gespielt. Bis jetzt. Dabei erlebte er so manche Tücke der Schifffahrt.  Zum Bericht über Schach auf dem Dampfer...

ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024 ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024

ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan

Mehr...

Gelungene Taufe für Schach auf dem Dampfer
GM Vlastimil Hort spielt auf dem Starnberger See simultan gegen 21 Gegner

Schach ist bekanntlich ein universelles Spiel - man kann es zu Hause am Computer spielen, im Stadtpark mit Freunden oder im Zug, um die Zeit bis zur nächsten Haltestelle zu überbrücken. Doch auf einem See oder Fluss hat in Deutschland bislang noch keine nennenswerte Schachveranstaltung stattgefunden - bis zum vorletzten Wochenende. Und kein Geringerer als Vlastimil Hort, 14-maliger Teilnehmer einer Schacholympiade und langjähriger Co-Moderator der WDR-Sendung "Schach der Großmeister" beseitigte diesen weißen Fleck auf der Schachlandkarte. Der 69-jährige Schachveteran aus der Nähe von Köln spielte auf Einladung des baden-württembergischen Reiseunternehmens Poseidon Seereisen GmbH ein Simultan gegen 21 Gegner auf dem Katamaran MS Starnberg, einem 800 Passagiere fassenden Dampfer aus der Flotte der Bayerischen Seenschifffahrt.


Spielte erstmals in seiner Karriere auf See: Schachveteran Vlastimil Hort (69) im Simultan gegen 21 Gegner.

Bei lediglich sechs Grad Außentemperatur und regenverhangenem Himmel gingen der Großmeister, seine vorwiegend aus dem Münchner Umland kommenden Kontrahenten und weitere rund 30 Passagiere am frühen Samstagnachmittag an Bord des knapp 60 Meter langen Dampfers. Die Schiffsroute führte die Gäste in einer knapp zweistündigen nördlichen Umrundung des Starnberger Sees von Starnberg vorbei am Seegrab des bayerischen Märchenkönigs Ludwigs II, dessen beliebtem Aufenthaltsort, der Roseninsel, und dem Possenhofener Kaiserin Sisi-Schloss zurück an den Starnberger Dampfersteg.


Trübes Schifffahrtswetter am Starnberger See...


...aber rauchende Köpfe auf dem Hauptdeck des Katamarans.

Den vielfältigen Sehenswürdigkeiten entlang des Seeufers konnten aber zumindest die Kontrahenten Horts nur wenig Aufmerksamkeit schenken, denn schon bald machte der Großmeister gegen seine nominell deutlich unterlegene Gegnerschaft (nur ein Teilnehmer wies eine DWZ über 2000 auf) Ernst. Die erste Partie endete nach weniger als einer Viertelstunde durch ein Matt des sechsmaligen tschechischen und dreimaligen deutschen Einzelmeisters. Eine halbe Stunde später gab sich der zweite Gegner Horts in aussichtsloser Stellung geschlagen.


Weiterer Widerstand zwecklos: Die schwarze Stellung bricht unter dem Königsangriff von GM Vlastimil Hort zusammen.

Doch mit zunehmender Spieldauer bereiteten die hochmotivierten Außenseiter dem Großmeister immer mehr Kopfzerbrechen. Zudem brachten Hort das leichte Schaukeln und die Wendemanövers des Schiffes hin und wieder aus dem Konzept. "Ich bin manchmal aus dem Rhythmus gekommen", gab der Schachveteran zu. Folgerichtig gab es nach rund einer Stunde die ersten zählbaren Erfolge auf Seiten der Simultanteilnehmer: Benjamin Aldag (SC Starnberg) und Ulrich Sperber (TSV Gauting) knöpften Hort jeweils ein Remis ab. Der Großmeister ließ sich dadurch aber ebenso wenig beeindrucken wie durch das gelegentliche Anlegen des Schiffes und die Bordansagen des Kapitäns. Hort gewann bis kurz vor Ende der Veranstaltung nahezu alle laufenden Partien und gab lediglich gegen Christoph Humburg vom SC Wolfratshausen ein weiteres Remis ab.


Ließen sich vom Großmeister nicht bezwingen: Benjamin Aldag (links) und Ulrich Sperber (Mitte).

Gleichzeitig sorgte der 69-Jährige mit seinen bekannt lockeren Sprüchen für Unterhaltung bei Gegnern und Zuschauern. So forderte er nach seinem Sieg gegen einen Vertreter der Süddeutschen Zeitung von der Runde "einen großen Applaus für die Presse", den es selbstverständlich gab. Auch eine an den Berichterstatter gerichtete Espresso-Bestellung donnerte Hort durch den gesamten Spielsaal. Doch an einem Brett verging dem Großmeister seine gute Stimmung. Gegen den Jugendleiter des SC Starnberg, Benjamin Wetzel, geriet Hort im späten Mittelspiel zunehmend in die Defensive und musste zwei Bauern ohne jegliche Kompensation geben. Den Zuschauern blieb der überraschende Partieverlauf nicht unbemerkt: sie drängten sich immer mehr um das Brett des Kreisligaspielers, eine Sensation lag in der Luft.


Die Zuschauer merkten, dass GM Vlastimil Hort gegen den Starnberger Benjamin Wetzel (im roten Pullover) immer größere Probleme bekam.

Mit all seiner Routine und begünstigt durch die abnehmende Zahl an laufenden Partien gelang es Hort aber noch, eine drohende Bauernumwandlung seines Gegners zu vereiteln und sich in ein Remis durch Dauerschach zu retten.


Stand kurz vor dem Sieg gegen einen der weltbesten Spieler des 20. Jahrhunderts: Benjamin Wetzel, Jugendleiter des SC Starnberg.

Der Großmeister zollte seinem Gegenüber nach der Partie aber großen Respekt und überreichte ihm ebenso wie zweien der übrigen Remisspieler (Hort hatte nur drei Manuskripte dabei) jeweils eine handsignierte Ausgabe seines Buches "Schwarzweiße Erzählungen". Hort selbst konnte sich beim Wiederanlegen des Schiffes in Starnberg über ein respektables Ergebnis von 17 gewonnenen Partien, vier Remisen und keiner Niederlage freuen. Damit übertraf er das Ergebnis von WM-Herausforderer Viktor Kortschnoi, der 1982 als letzter Weltklasse-Großmeister ein Simultan in Starnberg - wohlgemerkt auf dem Festland - spielte und in 40 Partien drei Remisen und vier Niederlagen zulassen musste. Auch der Kombination Schach auf einem Dampfer konnte der Schachveteran am Ende viel Positives abgewinnen: "Für das Schach war das heute ein guter Tag."

Für Vlastimil Hort war es aber nicht das letzte Schachabenteuer auf See in diesem Jahr. Als VIP-Gast nimmt er im kommenden Herbst (20. September bis 2. Oktober) an einer Schachkreuzfahrt von Venedig nach Barcelona teil. Nähere Informationen hierzu und Anmeldungen sind bis zum 20. Juni beim Berichterstatter unter Tel. 0151/560 27 662 oder per Email (schaefer-matt@gmx.net) möglich.


Ausblick auf das nächste Schachabenteuer von GM Vlastimil Hort auf See - diesmal auf dem Mittelmeer.

Text/Bilder: Matthias Schäfer (Poseidon Seereisen GmbH)

Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

Diskutieren

Regeln für Leserkommentare

 
 

Noch kein Benutzer? Registrieren