"Auf die Dauer hilft nur Frauenpower": 150 Jahre Schachgesellschaft Augsburg 1873

von Pressemitteilung
05.04.2023 – Die Schachgesellschaft Augsburg 1873 ist Schwabens ältester Schachklub. Und seine Damenmannschaft spielt seit den 1990er-Jahren sogar in der Bundesliga. Jetzt blickt dieser Schachklub auf seine wechselvolle Geschichte zurück. Den 150. Geburtstag begeht der Verein am 15. und am 16. April mit einer Jubiläumsveranstaltung im Augsburger Kongresszentrum "Kongress am Park". | Bild: Frauen Team 2. Bundesliga, (v.li.) Maria Horvath, Renata Kosc, Kristin Braun, Olga Kurapova, Sandra Roß, Leonora Weber, sitzend Mitte: Dr. Ulla Münch | Foto: © Klaus Rainer Krieger

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Auf dem Programm stehen ein Simultan- und ein Blitzturnier, Besuche von Schachgrößen, eine Ausstellung, verschiedene Schachaktivitäten für die ganze Familie sowie eine Vorführung der Schachdokumentation "Glory to the Queen". Es ist eine Veranstaltung für alle Fans des königlichen Spiels – und für alle, die von der Netflix-Serie "Das Damengambit" begeistert waren und die Faszination der 64 Felder auf dem Schachbrett live erleben möchten.

Von Großmeister-Gambit bis zu großartigen Georgierinnen – das Jubiläumsprogramm

Das Jubiläumsprogramm startet am Freitag, den 14. April, um 13 Uhr im Foyer des Kongresszentrums "Kongress am Park". Eine Ausstellung informiert über die Geschichte der "Schachgesellschaft Augsburg 1873". Alle Gäste sind eingeladen, sich vor Ort am Schachbrett am "Spiel der Könige" zu versuchen.

Zu Gast ist der Schachtrainer und Schachautor Großmeister Artur Jussupow. Ab 14 Uhr finden im Saal baramundi drei Simultanturniere statt – WIM (Internationale Meisterin der Damen) Ingrid Lauterbach, Großmeister Klaus Bischoff und das 12-jährige Nachwuchstalent Alfred Nemitz treten an jeweils 20 Schachbrettern an. Gäste sind zum Mitspielen (nach Voranmeldung), Zusehen und Mitfiebern eingeladen.

Am Abend des Eröffnungstags wird um 19 Uhr der Dokumentarfilm "Glory to the Queen" gezeigt (Eintritt frei). Die Regisseurin Tatia Skhirtladze steht Rede und Antwort zu ihrem eindrucksvollen Filmporträt über Nona Gaprindaschwili, Maia Tschiburdanidse, Nana Alexandria und Nana Iosseliani: Die vier Georgierinnen errangen vom Beginn der 1960er- bis Anfang der 1990er-Jahre insgesamt 10-mal den Weltmeistertitel. Nona Gaprindaschwili erlangte als erste Frau weltweit den Großmeisterrang.

Das Highlight am Samstag, 15. April, ist ab  10 Uhr das große Jubiläumsturnier im Blitzschach. Zu gewinnen gibt es Preisgelder im Gesamtwert von 1.600 Euro (kein Startgeld).

Der Jubiläumsveranstaltung im Kongresszentrum "Kongress am Park" folgt am Montag, 17. April, der Tag der offenen Tür im Vereinslokal "Mehrgenerationenhaus Herrenbach" (Herrenbachstraße 5, 86161 Augsburg) – ab 16 Uhr für Kinder und Jugendliche beziehungsweise ab 18 Uhr für Erwachsene. 

Alle Infos zum Jubiläumsprogramm und zu den Turniermodalitäten unter:  www.sg-augsburg1873.de (unter "Jubiläum")

Die Damen dominieren am Brett – Vereinsgeschichte im Überblick

Am 7. Mai 1873 kamen im "Café Eisenhut" 25 honorige Herren des gehobenen Augsburger Bürgertums zusammen, um nach dem Vorbild der Turner und Sänger einen Verein für ihr leidenschaftlich betriebenes Hobby zu gründen: Mit diesem Gründungsdatum ist die "Schachgesellschaft Augsburg, gegr. 1873 e.V." – so heute der offizielle Vereinsname – Schwabens ältester Schachklub und eine der ältesten Schachvereinigungen Deutschlands.

Eine erste Blütezeit erlebte der Verein (gegründet als "Schachklub Augsburg 1873") im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts – großen Anteil daran hatte der Vorsitzende Richard Buz: Der spätere MAN-Direktor nutzte seine Verbindungen und knüpfte europaweit sportliche Kontakte. Besuche etlicher bedeutender Größen der Schachwelt in Augsburg waren die Folge. Sportlich goldene Jahre folgten in der Zeit ab den 1930er-Jahren – sie wurden jedoch bald überschattet von der politischen Entwicklung. 

Im April 1933 wurden die deutschen Schachvereine gleichgeschaltet. Der Ehrenvorsitzende des dadurch entstandenen "Großdeutschen Schachbunds" war Propagandaminister Joseph Goebbels. Auch der "Schachklub Augsburg 1873" war gezwungen, das "Führerprinzip" und einen "Arierparagraphen" in die Satzung aufzunehmen. Wie viele jüdische Vereinsmitglieder in der Folge den Klub verlassen mussten, ist nicht bekannt.

1939 musste auch der "SK 1873" die von den Nationalsozialisten vorgegebene Einheitssatzung übernehmen. Ausgerechnet in diese dunklen Jahre fielen sportliche Höhepunkte der Vereinsgeschichte: Durch einen Sieg der Schachgesellschaft gegen "Noris Nürnberg" wurde Augsburg zur bayerischen Schachhochburg. 1943 errangen die Spieler des Vereins den Titel "Großdeutscher Meister".

Der Krieg brachte jedoch das Vereinsleben bald zum Erliegen. Die Bombardierung Augsburgs, bei der auch das Clublokal im Hotel "Kaiserhof" zerstört wurde, bedeutete schließlich den völligen Zusammenbruch. Doch bald nach Kriegsende – schon im Herbst des Jahres 1945 – konnte wieder eine Simultanveranstaltung durchgeführt werden, und kurz darauf fand sich ein neues Vereinsheim in der "Gaststätte Plärrer". Ein Höhepunkt der Nachkriegsjahre war schon 1946 ein internationales Turnier gegen Schachkoryphäen aus dem Baltikum. 1948 beging man stolz das 75-jährige Vereinsjubiläum. 

In den 1950er-Jahren brachte die Eingliederung von Heimatvertriebenen sowie die berufliche Neuorientierung vieler Menschen neue Spieler nach Augsburg und in den Verein. Allerdings wuchs nun mit der Gründung weiterer Schachvereine in Augsburg sowie von Schachvereinigungen in diversen Betrieben auch die Konkurrenz. Der "Schachklub Augsburg 1873" verlor seine Stellung als Platzhirsch. Sportlich wechselvolle Jahre folgten.

Ein herber Verlust war 1959 die Aufgabe des Klublokals in der Plärrergaststätte. In den 1960er-Jahren musste sich der "SK 1873" bayernweit nur gegen Klubs aus München und Bamberg geschlagen geben. Ein Höhepunkt war das Jahr 1963, in dem der Augsburger Wanderpokal "Silberner Turm" nach 13 Jahren endgültig vom "Schachklub Augsburg 1873" errungen werden konnte. 

Spielerisch bedeuteten die 1970er-Jahre einen Aufschwung: Die erste Mannschaft stieg 1975 in die zweithöchste deutsche Spielklasse auf. Die sportlichen Erfolge waren möglicherweise eine Folge der großen Öffentlichkeitswirkung, die das 100. Vereinsjubiläum nach sich zog. In den 1980er-Jahren fand das Nomadendasein in verschiedenen Vereinslokalen ein Ende: Im Augsburger Zeughaus gründete der Schachkreisverband ein Schachzentrum, das auch dem "Schachklub Augsburg 1873" eine neue Heimat mit idealen Räumen und Entwicklungsmöglichkeiten bot.

Durch die Fusion mit dem Verein "Königsspringer Oberhausen" – seitdem heißt der Verein "Schachgesellschaft Augsburg, gegr. 1873 e.V." – wurde 1986 die Basis der erfolgreichen Entwicklung der Damenschachgruppe gelegt – während den Männern große sportliche Erfolge versagt blieben. Die Damenmannschaft stieg pünktlich zum  125. Vereinsjubiläum in die erste Bundesliga auf. Als erster schwäbischer Schachklub überhaupt vertraten die Frauen nun die Fuggerstadt in der obersten Spielklasse: Das war etwas, das nur wenigen anderen Augsburger Sportklubs vergleichbar gelang. 

In der inzwischen seit 150 Jahren bestehenden "Schachgesellschaft Augsburg 1873" sind die Damen auch heute das Aushängeschild: Heute spielen die Augsburgerinnen in der "2. Frauenbundesliga Süd", der zweithöchsten deutschen Spielklasse, und damit weiter auf hohem sportlichen Niveau.

Informationen zur Geschichte der Schachgesellschaft 1873, alte Jubiläumschroniken und eine Trophäensammlung unter: www.sg-augsburg1873.de (unter "Chronik")