Auf Rekordjagd mit der Mega

von Johannes Fischer
28.06.2017 – Die ChessBase Mega Database enthält über 6,8 Millionen Partien, die gesamte Schachgeschichte, von 1560 bis 2016. Und die Mega enthält eine Suchmaske, mit der man viel Spaß haben kann. Zum Beispiel, wenn man auf Rekordjagd geht und nach dem kürzesten Patt aller Zeiten sucht.

Die ChessBase Mega Database 2017 ist die Referenz für jeden ambitionierten Schachspieler: die komplette Schachgeschichte mit 6,8 Mio. Partien von 1500 bis 2016, erstklassig editiert, voller Meisteranalysen und komplett klassifiziert.

Die Mega Database wächst kontinuierlich und wird kontinuierlich erweitert. Natürlich mit aktuellen Partien, aber auch mit Partien aus historischen Turnieren. Den historischen Teil der Mega 2017 hat Gisbert Jacoby bearbeitet und umfangreich ergänzt. Und in dem folgenden Video zeigen Jacoby und Karsten Müller, wie man die Suchmaske nutzen kann, um z.B. die längste Partie oder das kürzeste Patt zu suchen.

Jacoby und Müller beschränken sich bei ihrer Suche allerdings auf historische Partien - das heißt, Partien aus dem Zeitraum 1500 bis 1939. Diese Ergebnisse sind originell und überraschend genug, aber natürlich kann man die Suche auf alle Partien in der Datenbank ausdehnen, zum Beispiel, wenn man herausfinden will, was das kürzeste Patt ist, das je in einer Turnierpartie auf dem Brett stand.

Dazu öffnet man die Mega Database 2017 und ruft dann mit "Liste filtern" die Suchmaske auf. In der Suchmaske setzt man ein Häkchen bei "Patt" und gibt bei "Züge" "0-50" ein. Damit gibt man dem Programm den Auftrag, nach Partien zu suchen, die 50 Züge oder kürzer dauerten und mit Patt endeten.

Sollte diese Suche zu keinem Ergebnis führen, so enthält die Datenbank keine Partien, in denen in weniger als 50 Zügen ein Patt auf dem Brett stand. Dann müsste man die Suche erweitern, indem man die Zahl der Züge erhöht.

Aber in diesem Fall ist das nicht nötig. Nach kurzer Bedenkzeit spuckt das Programm eine Liste mit einer ganzen Reihe von Partien aus.

Diese Liste ordnet man jetzt mit einem Klick auf "Züge" (in der Leiste, die im Bild ganz oben ist) nach der Länge der Partien. Das führt zu folgendem, vielleicht überraschenden, Ergebnis:

Sollte es tatsächlich so viele Partien geben, die schon nach 3, 10 oder 12 Zügen mit Patt geendet haben? Nein, natürlich nicht. Denn wenn man sich die Partien anschaut, so stellt man fest, dass die ersten sechs Beispiele keine vollständigen Partien zeigen, sondern lediglich Partiestellungen. Das erklärt die geringe Anzahl der Züge.

Interessant wird es dann bei der Partie May gegen Loef. Hier waren sich die beiden Gegner offensichtlich bereits vor der Partie darüber einig, dass man nicht jede Partie auskämpfen muss und zeigten anschließend, dass sie wissen, wie das kürzest mögliche Patt aufs Brett gebracht werden kann.

 
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1.c3 a5 2.Qa4 h5 3.Qxa5 Ra6 4.Qxc7 Rah6 5.h4 f6 6.Qxd7+ Kf7 7.Qxb7 Qd3 8.Qxb8 Qh7 9.Qxc8 Kg6 10.Qe6 ½–½
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May,F2241Loef,D2180½–½2001A00SBRhH-ch M

Wie die Liste zeigt, war das allerdings keine besonders originelle Idee. So haben eine ganze Reihe von Spielern unterschiedlicher Spielstärke demonstriert, wie man in 10, 12, 13, 14, 16, 17 oder 19 Zügen Patt setzen kann, wenn der Gegner damit einverstanden ist.

Einen wirklichen Kampf sieht man dafür in einer Partie zwischen Mario Sibilio und Sergio Mariotti, die bei der Italienischen Meisterschaft 1982 in Ravenna gespielt wurde.

 
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1.e4 e6 2.Nf3 d5 3.e5 c5 4.b4 cxb4 5.d4 Nh6 6.a3 bxa3 7.c3 Nf5 8.Nxa3 Nc6 9.Nb5 a6 10.g4 Bd7 11.Bg5 Be7 12.gxf5 axb5 13.fxe6 fxe6 14.Rxa8 Qxa8 15.Rg1 Qa3 16.Bxb5 Bxg5 17.Rxg5 Qxc3+ 18.Kf1 0-0 19.Bxc6 Bxc6 20.Kg2 Ba4 21.Qe2 Bc2 22.Ne1 Be4+ 23.f3
23...Rxf3? Nach einem wilden Partieverlauf steht Schwarz in dieser Stellung auf Gewinn. Und nach 23...Bf5 oder 23...Bg6 hätte Schwarz die Partie wahrscheinlich gewonnen - und so interessant die Partie auch war, so wäre sie vermutlich bald vergessen worden. Aber mit dem Textzug, der Schwarz einen halben Punkt kostet, sicherte sich Schwarz unfreiwillig einen Eintrag in die Geschichtsbücher des Schachs. Was hatte Mariotti übersehen? 24.Nxf3 Bxf3+ 25.Qxf3 Qd2+ Mit diesem Zug gewinnt Schwarz den weißen Turm auf g5 und vereinfacht die Stellung zu einem Damenendspiel mit zwei Mehrbauern. Aber die Sache hat einen Haken... 26.Kh3 Qxg5
27.Qf8+! Dieses Damenopfer erzwingt Patt und Weiß rettet sich ins Remis. Kxf8
½–½
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Sibilio,M2305Mariotti,S2455½–½1982C00ITA-chT 19th

Patt nach 27 Zügen - in einer wirklichen Partie. Ist das tatsächlich das kürzeste in einer Turnierpartie gespielte Patt? Wie man es nimmt. Denn das originelle Ende dieser Partie rief Nachahmer auf den Plan. So orientierten sich Daniel Nedostup und Rafael Barhudrian  in der sechsten Runde des Halbfinales der Meisterschaft von St. Petersburg 2013 am italienischen Vorbild und reproduzierten die Partie Sibilio gegen Mariotti, um ein abgesprochenes Remis nicht ganz langweilig wirken zu lassen. Aber natürlich haben sie damit jeden Anspruch auf Originalität verloren.

Allerdings gibt es noch eine andere Partie, die mit Patt endete, aber offensichtlich ausgekämpft wurde - und diese Partie war sogar einen Halbzug kürzer als Sibilio gegen Mariotti. Gespielt wurde sie 2006 zwischen Louise Beukema und Juliette Falk in der 5. Runde der Holländischen Mädchenmeisterschaft U11 in Waalwijk.

 
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1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.Bc4 Bc5 4.d3 Nf6 5.Bg5 d6 6.Nc3 Bg4 7.Nd5 Nxd5 8.Bxd8 Kxd8 9.Bxd5 Nd4 10.h3 Nxf3+ 11.gxf3 c6 12.Bxf7 d5 13.hxg4 Rf8 14.Be6 Ke7 15.b4 Kxe6 16.bxc5 dxe4 17.fxe4 g6 18.Rxh7 Rh8 19.Rxh8 Rxh8 20.Qf3 b6 21.cxb6 axb6 22.g5 Ke7 23.Qf6+ Kd7 24.Qxh8 Ke6 25.Rb1 Kd6 26.Rxb6 Kc5
Schach ist manchmal wirklich kurios. So hat Weiß in dieser Stellung nur einen einzigen Zug, der nicht gewinnt. Und genau den spielt sie: 27.Qd8?? Patt!
½–½
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Beukema,L-Valk,J-½–½2006C50NED-ch U11 Girls5

Streng genommen ist dies die kürzeste, bekannte und ausgekämpfte Turnierpartie, die mit einem Patt endete. Aber wegen der doch insgesamt geringen Qualität der Partie und dem kuriosen Ende gebührt die Ehre, die kürzeste Pattpartie aller Zeiten gespielt zu haben, eigentlich dennoch Mario Sibilio und Sergio Mariotti.


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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