Die Ausstellung „Schach und Film“ ist die sechste der im August 2010 gegründeten Schach- und Kulturstiftung G.H.S. Das erste Projekt wurde am 1. Oktober 2011 ebenfalls in Grafing eröffnet, damals im Heimatmuseum. „Von der Krone zum Bürger“ war laut Veranstalter komplexer, vielfältiger und weit größer angelegt. Die jetzige Präsentation in der Stadtbücherei ist demnach überschaubarer, aber bei begrenzterem Sujet aktueller denn je, was man unter anderem an den vielen Exponaten der letzten Monate sieht.
Ziel ist es, eine Lücke zu füllen: Während es schon viele Ausstellungen zu schachgeschichtlichen Themen, zu Bildender Kunst mit Schachmotiven, zu besonderen Figuren gab, ist der Aspekt „Schach und Film“ zwar im Internet auf vielen Webseiten punktuell präsent, ansonsten aber vernachlässigt, obwohl er in Anbetracht neuer Produktionen äußerst wichtig zu sein scheint. Georg Schweiger, Gründer der Stiftung und Vorsitzender der Schachunion Ebersberg-Grafing, sagt zur Motivation der Ausstellung: „In verschiedenen Orten und Kinos sind durchaus Filmvorführungen organisiert worden, in denen Schach eine große Rolle spielte. Was bisher fehlte, ist jedoch eine Ausstellung, in der vor allem mittels Plakaten, Filmstills (Standbilder aus Filmen), Fotos und diverser anderer Sammlerstücke die historische Entwicklung des Motivs bis in unsere Gegenwart im Überblick anschaulich erfahrbar werden kann.“
vom 17. Oktober – 30. November 2025
Ausstellung Schach und Film in der Stadtbücherei Grafing, Grenzstraße 5, 85567 Grafing
Öffnungszeiten:
dienstags 9 – 13 Uhr
mittwochs bis freitags 15 – 19 Uhr
sonntags 9 – 12 Uhr
samstags, montags und an Feiertagen geschlossen
Besondere Veranstaltungen
Freitag, 17. Oktober 2025, um 19 Uhr
Vernissage Grußwort des Ersten Bürgermeisters der Stadt Grafing, Christian Bauer Eröffnungsrede von Georg Schweiger (mit Filmausschnitten zum Thema) Präsentation des Ausstellungskatalogs
Samstag, 15. November 2025, 19 Uhr
„Schach vor 60 Jahren“ Vortrag Dr. Helmut Pfleger mit ausgewählten Partien und Kurzfilmen zu den Lebendschachaufführungen 2005 und 2015 Veranstaltung in der Stadtbücherei Grafing anlässlich des 60jährigen Jubiläums der Schachunion Ebersberg-Grafing
Sondervorführungen von Filmen mit Schachthemen (freier Eintritt)
Capitol-Filmtheater, Grandauerstraße 2, 85567 Grafing:
Mittwoch, 22. Oktober | 19 Uhr Schachnovelle (Verfilmung 2021)
Mittwoch, 29. Oktober | 19 Uhr Bauernopfer – Spiel der Könige (2014)
Montag, 24. November | 19 Uhr Das Wunder von Marseille (2019)

Die Neuverfilmung der Schachnovelle in der ARD-Mediathek. | Screenshot ARD-Mediathek
Die Pressemitteilung zur Ausstellung erklärt weiter:
Einem bekannten Klischee zufolge steht man bei jedem historischen Thema auf den Schultern der Vorgänger, und in der Tat ist sowohl online als auch im Print hervorragende Vorarbeit geleistet: Schon 1995 erschien – allerdings nur auf Italienisch – „Mosse pericolose Gli Scacchi in cent`anni di cinema“ von Ettore Ridola. Bob Basallas Buch Chess in the Movies (2005) war mit seiner Auflistung von circa 2000 Filmen als Nachschlagewerk ein Meilenstein und die Ausgabe 1/2009 des kulturellen Schachmagazins KARL (Hrsg. Harry Schaack) fasste die verschiedenen Gesichtspunkte mustergültig zusammen und bot einen hervorragenden, theoretisch fundierten Überblick.
Der kleine Ausschnitt aus dem Screenshot der Suchmaschine zeigt, was für ein vielfältiges Thema Schach im Film darstellt. | Quelle: Suchergebnis
Seitdem ist einiges geschehen, Schach boomt mehr denn je, und auch im Bereich Film schlägt sich das nieder: Spielfilme wie Die Schachspielerin (2009), Queen of Katwe (2016), Das Wunder von Marseille (2019) setzten neue Akzente, wie z.B. Emanzipation oder Schach als Mittel zu sozialem Aufstieg. Die Netflixserie The Queen`s Gambit (2020) wurde zu einem ungeheuren internationalen Erfolg und löste vor allem bei Frauen und Mädchen großes Interesse am Schach aus, ebenso trug die Serie dazu bei, dass Schach sein „Nerd-Image“ verlor und gleichsam „sexy“ wurde. Im Jahr 2021, also 61 Jahre nach dem Klassiker mit Curd Jürgens und Mario Adorf, gab es eine viel beachtete Neuverfilmung von Stefan Zweigs Schachnovelle.
2025 schaffte es das Thema Schach erstmals in einen Tatort: Am 27. April 2025 sahen den Münchner Tatort „Zugzwang“ 8,66 Millionen Zuschauer, eine Traumquote für die Tatort-Macher. Und fast gleichzeitig – im März 2025 – kehrte Schach nach einer Pause von 40 Jahren wieder ins britische Fernsehen BBC zurück. Das British Chess Magazine (March 2025) berichtete auf einer ganzen Seite über eine neue BBC-Two-Serie in acht Teilen „Chess Masters: The Endgame“ und auch der Guardian schrieb darüber: „The elegance of chess has captured the imagination of primetime television“ (The Guardian Weekly, 21. März 2025). Im gleichen Presseartikel ist sogar zu lesen, dass Emma Stone einen neuen Film produzieren wird „A new film Check mate … is in the pipeline“. Die neueste Überraschung bot die französische Schachzeitung Europe Échecs. Beiliegend zur Sommerausgabe 2025 gab es ein Supplement, eine Broschüre „Les échecs font leur cinéma!“ in der auf 32 Seiten 64 Filme mit Schachbezug vorgestellt werden.
Im September 2025 – kurz vor Drucklegung dieses Katalogs erfuhren wir von einem weiteren neuen Werk, dem holländischen „Filmgids voor Schaakliefhebbers“ von Rob Spaans. Schach boomt weltweit. Manche Schachvereine beklagen zwar immer wieder, dass sie davon nichts merken würden. Dies mag mancherorts so sein, dennoch greift diese Perspektive viel zu kurz. Die 90.000 deutschen Vereinsspieler sind nur die kleine Spitze eines Eisberges, laut Umfragestatistiken spielen Millionen regelmäßig. Vor allem die Zahl derer, die im Internet Schach spielen, nimmt global in ungeahntem Ausmaß zu, fraglos ist Schach eines der am stärksten wachsenden Online-Spiele – ein Online-Phänomen. Selbst Chess influencer haben mittlerweile schon ein Millionenpublikum. Ebenso steigt in den letzten Jahren die Zahl der Teilnehmer an offenen Turnieren an.
Soziologisch verändert sich allerdings der Typ Schachspieler. Schon lange wurde von einer Entbürgerlichung des Schachs gesprochen. Bei Turnieren fällt die Buntheit und Pluralität auf, die Spieler kommen immer mehr aus ganz unterschiedlichen Lebenswelten, schichtübergreifend und generationsübergreifend. Der hohe Anteil von Migranten und vor allem von Jugendlichen zeigt zudem einen rasanten Wandel im Image des Spiels an. So ist es nur logisch, dass auch das Filmschaffen auf diese veränderte Situation reagiert und das Schachspiel unter neuen Gesichtspunkten thematisiert. Grundsätzlich war es schon immer so, dass sich die Schach-Referenz als ikonischer Bestandteil von Filmszenen sehr gut eignet. Schach ist wie kein anderes Spiel global verbreitet und hat eine lange Geschichte, die immer stark mit der gesellschaftlichen Entwicklung verbunden war und weit über das Spiel selbst hinauswies. Allein schon Brett und Figuren dienen als ideales Requisit. Das Schachbrettmuster mit seinen 64 Feldern ist universell bekannt, die Figuren selbst haben in ihrer dreidimensionalen Ausführung eine einzigartige visuelle Qualität. Hauptsächlich eignet es sich als Motiv durch seinen Antagonismus von Schwarz und Weiß, Gut und Böse, es steht für den strategischen Kampf der Gegensätze, den Konflikt, das große Duell.
Ein interessantes aktuelles Beispiel zeigt ein Werbeposter von 2025 mit den beiden Fußballstars Messi und Ronaldo am Schachbrett, aufgenommen von der berühmten Fotografin Annie Leibovitz für die Luxusmarke Louis Vuitton. Die beiden haben in Wirklichkeit nie zusammen Schach gespielt (vielleicht können sie auch überhaupt nicht Schach spielen), die Stellung in ihrer Partie ist aber identifizierbar als eine Position aus einer Partie zwischen Carlsen und Nakamura, den beiden derzeit Führenden in der ELO-Weltrangliste des Schach – eine raffinierte Doppelung der Bildaussage, zumal besagte Partie remis ausging.
Diese Ausstellung zeigt im Kern und überwiegend eine Auswahl von etwa 100 Plakaten und Filmfotos aus der einzigartigen und äußerst umfangreichen Sammlung von Siegfried Tschinkel, zu der noch vieles gehört, was wir hier aus Platzgründen gar nicht zeigen können. Vor allem für die Älteren unter uns bieten die Exponate eine Zeitreise zu grandiosen Filmerlebnissen. Passend für eine Bücherei präsentieren wir auch Bücher, die verfilmt wurden, DVDs und Zeitungsartikel. Die Schachfiguren zu erfolgreichen Filmen aus der Sammlung Walter Rädler runden das Thema ab.
Zu einer Ausstellung in einer Bücherei darf das Druckwerk nicht fehlen: Als etwas Bleibendes publizieren wir diesen Ausstellungskatalog, grafisch wieder schön gestaltet von Ottilie Gaigl, mit vielen Illustrationen und großem Bildteil, mit Aufsätzen von Johannes Fischer (Nürnberg), Siegfried Schönle (Kassel), Siegfried Tschinkel (Eschweiler) und Materialien zum Tatort „Zugzwang“, die der Bayerische Rundfunk zur Verfügung gestellt hat.
--> Auf der Homepage sind weitere, bereits veröffentlichte Kataloge zu sehen und zu erwerben
Das Projekt wäre nicht möglich gewesen ohne die Hilfe von Institutionen und von zahlreichen Personen, denen am Ende des Katalogs eigens gedankt sei. Wenn die Ausstellung das Interesse am Schach weckt oder verstärkt, neugierig macht auf die Art und Weise wie Schach über hundert Jahre hinweg im Film präsentiert wird und Anreize zu eigenen Erkundungen schafft – dann hat sie ihren Zweck erfüllt.
Georg Schweiger, Schach- und Kulturstiftung G.H.S.
Auszüge aus der Satzung vom 29.07.2010:
§2 Stiftungszweck
1.„Die Stiftung hat den Zweck, Kunst und Kultur, Volksbildung sowie Schach im In- und Ausland zu fördern.“
2. Der gemeinnützige Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch die Förderung, Organisation und Initiierung von
– Projekten und Maßnahmen auf dem Gebiet des Schachs (z.B. Schachforschung)
– Projekten und Maßnahmen in den Bereichen Kunst und Kultur (z.B. Ausstellungen, Vorträge, Vergabe von Kunst- und Kulturpreisen, Fachkataloge etc.)
– Projekten und Maßnahmen im Bildungsbereich (Publikationen, Vorträge, Workshops etc.)
Wie wird dieser Stiftungszweck verwirklicht?
Wie die Zwecke der Stiftung verwirklicht werden, zeigt sich am besten an den ersten Projekten: Den Auftakt bildet die Ausstellung „Von der Krone zum Bürger“ – Schach in der höfischen und bürgerlichen Kultur zwischen 1750 und 1850.
Diese erste Ausstellung, die vom 1. Oktober bis 26. Februar im Museum der Stadt Grafing gezeigt wird, vereint eigentlich alle angestrebten Zwecke: Sie zeigt Kunst mit Schachmotiven, genügt wissenschaftlichen und kunsthistorischen Ansprüchen, ist sehr informativ und vernetzt unterschiedliche Bereiche und Aspekte des Themas.
Im Begleitprogramm finden sich die verschiedensten Bereiche der Kultur wie z.B. Film, Theater, Literatur. Es gibt Sonderführungen für Schulklassen und allgemeines Publikum.
Zur Ausstellung wird ein umfangreicher wissenschaftlicher Katalog publiziert.
Für weitere Projekte in der Zukunft gilt, dass die Stiftung laut Satzung „nicht alle Zwecke gleichzeitig und in gleichem Umfang verfolgen“ muss (§2, 4)
Die Stiftung könnte somit z.B. in einem Jahr auch primär ein Projekt der modernen Kunst organisieren, ohne dass im gleichen Jahr eine Maßnahme im Bereich des Schachs durchgeführt wird, oder umgekehrt. Denkbar und möglich ist auch ein Jahr, in dem bereits bestehende Projekte anderer Organisationen/Institutionen gefördert/unterstützt/begleitet werden.
Vorstand
Georg Schweiger, Schachvereinsvorsitzender
Hannelore Sahm, Künstlerin
Stiftungsrat
Hans Kellerer, Steuerberater
Dr. Natascha Niemeyer-Wasserer, Kunsthistorikerin
Walter Rädler, Vorsitzender der Deutschen Schulschachstiftung
Ingrid Wieser-Kil, Künstlerin
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