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Früher waren Capablanca und Aljechin Freunde, heute sind sie erbitterte Feinde. Beim Turnier in St. Petersburg 1914 haben sie oft zusammen analysiert, beim AVRO Turnier 1938 reden sie nicht mehr miteinander.
Ein Grund für diese Feindschaft ist der Weltmeisterschaftskampf zwischen Aljechin ind Capablanca, der 1927 in Buenos Aires stattfand. Capablanca war klarer Favorit, aber Aljechin gewann den Wettkampf, der über sechs Gewinnpartien ging, überraschend mit 18½-15½. Aljechin gewann sechs Partien, Capablanca drei, 25 Partien endeten mit Remis und Aljechin war neuer Weltmeister.
Seitdem hofft Capablanca auf einen Revanchekampf, aber den wollte Aljechin ihm nie gewähren. Auch im Turnierschach ging Aljechin Capablanca aus dem Weg. Erst neun Jahre nach dem WM-Kampf 1927 trafen die beiden beim Turnier in Nottingham 1936 wieder aufeinander und diese Partie konnte Capablanca gewinnen. Tatsächlich hat Aljechin im Laufe seiner Karriere noch keine einzige Turnierpartie gegen Capablanca gewonnen.
Die Partie zwischen Capablanca und Aljechin in der zweiten Runde des AVRO Turniers endete mit Remis, doch in der Rückrunde gelang Aljechin ein überzeugender Sieg gegen seinen alten Rivalen. Um den Kontakt mit Capablanca auf ein Minimum zu beschränken, hatte Aljechin vor dem Turniersaal gewartet, bis die Runde begonnen hatte, um sich erst dann ans Brett zu setzen.
Die Partie selbst verlief überraschend einseitig. Capablanca geriet in einem Franzosen schon in der Eröffnung in Nachteil und wurde im weiteren Verlauf der Partie immer weiter eingeschnürt. Sein Versuch, sich zu befreien, kostete ihn schließlich Material. Doch in verlorener Stellung wollte Capablanca nicht aufgeben, sondern zog es vor, seine Uhr ablaufen zu lassen und nach Zeit zu verlieren.
Wenn sich Aljechin und Capablanca in Turnieren weiter aus dem Weg gehen, dann war das vielleicht die letzte Partie, die die beiden gegeneinander gespielt haben. Die Gesamtbilanz ihrer Begegnungen fällt dabei mit 9-7 bei 33 Remis zugunsten von Capablanca aus, aber das ist angesichts des verlorenen WM-Kampfs von 1927 natürlich nur ein schwacher Trost für den Kubaner.
Mit 5½ aus 6 ist Reuben Fine phantastisch in das AVRO Turnier gestartet, doch dann verlor er in der siebten Runde gegen Keres und von dieser Niederlage scheint er sich immer noch nicht erholt zu haben.
Reuben Fine: 24 Jahre alt, zwei Mal verheiratet, Buchautor, Psychologe und einer der besten Schachspieler der Welt
Von 1935 bis 1937 hat Fine zahlreiche Turniere in Europa gespielt und 1937 war er Sekundant bei Euwes Revanchekampf um die Weltmeisterschaft gegen Aljechin. Doch danach kehrte er mit seiner holländischen Ehefrau in die USA zurück, um als Psychologe zu arbeiten. Kein Wunder, dass er gerne auf die Psychologie zurückgreift, um Gründe für gutes oder schlechtes Spiel zu finden. Auch seine Siegesserie zu Beginn des AVRO Turniers erklärte er so:
"In der ersten Hälfte des AVRO Turniers habe ich wie ein Besessener gespielt. Subjektiv gab es dafür zwei Gründe. Der eine war, dass ich kurz zuvor die Arbeit am Manuskript von Modern Chess Openings fertig gestellt hatte und eröffnungstheoretisch sehr gut vorbereitet war. Der andere Grund war, dass ich beschlossen hatte, mich vom professionellen Schach zurückzuziehen und mein Studium zu beenden. Ironischerweise hatte ich die Organisatoren sogar gebeten, mich aus meiner vertraglichen Zusage, beim AVRO Turnier zu spielen, zu lösen, aber das hatten sie abgelehnt. Das erlaubte mir, ein Teil der exzessiven Vorsicht, die mich zuvor gelegentlich gehindert hatte, abzulegen."
Doch in seiner Partie gegen Reshevsky ließ Fine die eröffnungstheoretische Vorbereitung im Stich. Fine hatte Weiß und spielte 1.e4, obwohl er im Laufe seiner bisherigen Karriere vor allem 1.d4 gespielt hatte. Für das AVRO Turnier hatte Fine jedoch 1.e4 vorbereitet und war damit auch sehr erfolgreich gewesen. Doch offensichtlich kannte sich Fine in den Feinheiten des Spaniers, der gegen Reshevsky aufs Brett kam, nicht gut genug aus und er geriet schnell in die Defensive und verlor einen Bauern.
Danach verteidigte sich Fine hartnäckig und Reshevsky spielte nicht energisch genug, doch als das Remis zum Greifen nahe war, kam die Partie zu einem irrationalen Ende: Fine überschritt die Zeit.
Auch für den Verlauf dieser Partie und die besondere Natur seiner Partien mit Reshevsky hatte Fine eine psychologische Erklärung:
"Reshevsky und ich sind in zahlreichen Turnieren aufeinander getroffen, sowohl in Europa als auch in Amerika. Doch obwohl wir mit den Besten der Welt auf Augenhöhe spielten, zeichneten sich unsere Partien doch durch eine unglaubliche Serie von groben Fehlern aus. Entweder rettete er sich aus Verluststellung oder ich konnte mich aus Verluststellungen retten. Doch das waren keine versteckten Fehler; viele von ihnen waren so offensichtlich, dass auch ein einfacher Amateur sie hätte sehen können. Psychologen können auf viele andere Situationen im Leben verweisen, in denen man ein ähnliches Auf-und-Ab beobachten kann. Das lässt sich durch das ewige menschliche Problem der Ambivalenz erklären. Jeder wollte den anderen schlagen, doch unbewusst haben sich beide gesträubt, das zu tun."
Wie auch immer: diese Niederlage kostete Fine die Tabellenführung und fünf Runden vor Schluss liegt er jetzt mit 6 aus 9 zusammen mit Keres an der Spitze des Turniers.
Keres spielte mit Schwarz eine strategisch interessante Partie gegen Botvinnik, die jedoch mit einem umkämpften Remis endete.
Savielly Tartakower, der als Journalist beim AVRO Turnier dabei ist, interviewt Paul Keres.
Ein unspektakuläres und friedliches Remis kam hingegen in der Partie zwischen Flohr und Euwe aufs Brett.
A. Aljechin 1-0 J.R. Capablanca
R. Fine 0-1 S. Reshevsky
M. Botvinnik ½-½ P. Keres
S. Flohr ½-½ M. Euwe