Prächtiges Saisonfinale der Frauenbundesliga in Lehrte
Die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb der Frauenbundesliga in der Saison 2021-22 ordentlich durcheinander gewirbelt. Wegen unterschiedlicher Schutzmaßnahmen in den verschiedenen Bundesländern konnte das erste Spielwochenende im November 2021 an einigen Spielorten stattfinden, in Leipzig (Sachsen) jedoch nicht. Zudem kam es zu einem Streit mit der Mannschaftsführung von Kisschess, die es für unangebracht hielt, die Saison angesichts der neuen Pandemie-Welle überhaupt zu starten. Der Streit endete schließlich mit einem Rückzug von Kischess. Die Runden drei und vier wurden ans Ende der Saison verlegt. So war das Tabellenbild bis zum Saisonfinale ausgesprochen schief, denn die Teams hatten unterschiedlich viele Matches absolviert. Die Saison mündete aber in ein prächtiges Finale.
Die Bundesliga der Frauen bietet in jedem Jahr einige Spannung, denn hier gibt es gleich mehrere Topteams mit Chancen auf den Titelgewinn. Und außerdem gibt es noch ein paar Favoritenschrecke.
Am vergangenen Mittwoch wurden zunächst die Matches der Einzelrunde ausgetragen, bei der die Reisepartner gegeneinander antreten. Das ist ein ganz besonders spannender Spieltag, denn die vier Topfavoriten reisen auch in Zweipärchen zusammen, Baden-Baden mit Deizisau und Schäbisch Hall mit Bad Königshofen, treffen also an diesem Spieltag zum Teil aufeinander und die ersten Weichen werden gestellt.
Baden-Baden gewann seinen Wettkampf gegen Deizisau mit 4:2. Anna Zatonskih und Josefine Heinemann besorgten die Siegpunkte für Baden-Baden. Den anderen Spitzenkampf gewann Schwäbisch Hall gegen Bad Königshofen. Hier gab es mehr Gewinnpartien, aber das Ergebnis war das gleiche. Alina Kashlinskaya, Meri Arabidze und Ekaterina Atalik punkteten für Schwäbisch Hall, Tatiana Melamed für Bad Königshofen.
Im Duell der abstiegsgefährdeten Teams setzte sich Löberitz gegen Weißblau Leipzig knapp mit 3,5:2,5 durch. Der Sk Lehrte gewann mit dem gleichen Ergebnis gegen den SV Hemer.
Das Duell der Nordlichter gewann der Hamburger SK gegen TuRa Harksheide klar mit 5:1.
Am Donnerstag und Freitag wurde die Runden 3. und 4. ausgetragen, vom Saisonstart vor das zentrale Finale verlegt. Gastgeber dieser und der letzten beiden Runden, ebenso einiger Einzelrunden war der SK Lehrte. Die Stadt bei Hannover war also fünf Tage lang die Hauptstadt des Frauenschachs in Europa.
Der Turniersaal | Foto: Andi Albers
Spannung an den Spitzenbrettern bei Schwäbisch Hall gegen den HSK | Foto: Andi Albers
In der 3. Runde am Donnerstag lieferte der Hamburger SK, als Favoritenschreck ganz besonders gefürchtet, dem Mitfavoriten Schwäbisch Hall einen packenden und lang andauernden Kampf. Schon bald zeichnete sich ein möglicher Sieg für die Hanseatinnen ab, aber die Spielerinnen von Schwäbisch Hall stemmten sich nach Kräften gegen die Niederlage. Nach fünf Stunden Spielzeit war noch keine Partie entschieden. Am Ende ergab die Addition einen 3.5:2,5-Sieg für den Hamburgerinnen. Der Kampf wurde vom HSK an den oberen Brettern gewonnen. Monika Socko gewann gegen Dinara Saduakassova, Padmini Rout bezwang Alina Kashlinskaya und Zsoka Gaal besiegte Nino Batsiashvili.
Zsoka Gaal ist eine 14-jährige Ungarin. Sie gewann 2021 die online durchgeführte U14w-Jugendweltmeisterschaft. Den letzten halben Punkt zum Sieg holte Lyubka Genova gegen Irina Bulmaga.
Im Wettkampf nebenan lief es für Bad Königshofen gegen TuRa Harksheide nur etwa besser. Hier endete das Match mit einem 3:3, wobei alle Partien entschieden wurden, so oder so.
Die Schachfreundinnen Deizisau und Baden-Baden lösten hingegen ihre Aufgaben gegen den Gastgeber SK Lehrte und den SV Hemer. Deizisau gewann gegen Lehrte mit 4:2 und Baden-Baden gewann 5,5:0,5.
Video: Thilo Gubler auf Facebook
Die Schachmiezen Rodewisch gewannen gegen Weißblau Leipzig mit 3,5:2,5.
Am Freitag konnten die Hamburger Reisepartner ihren Erfolge mit vertauschten Gegenerinnen nicht wiederholen. Schwäbisch Hall gewann sehr klar mit 5,5:0,5 gegen Harksheide. Bad Königshofen setzte sich mit 3,5:2,5 knapp gegen den Hamburger SK durch.
Auch die anderen Top-Teams punkteten. Die OSG Baden-Baden gewann gegen SK Lehrte mit 5,5 und die SF Deizisau gegen den SV Hemer mit 5:1.
Ebenfalls mit 5:1 gingen die Rodewischer Schachmiezen gegen die SG Löberitz von den Brettern.
Nach neun von 11 Runden bot sich ein einigermaßen aussagefähiges Tabellenbild. Die OSG Baden-Baden führte ohne Punktverlust mit 16 Punkten, gefolgt von Schwäbisch Hall, die wegen der schmerzhaften Niederlage gegen den Hamburger SK zwei Mannschaftpunkte weniger auf dem Konto hatten. Mit 39.5 Punkten wiesen die Hallerinnen dabei die höchste Brettpunktzahl auf. Auch Deizisau konnte sich mit 13 Punkten noch Hoffnungen machen.
Am Tabellenende sah es für Lehrte und Weißblau Leipzig nicht gut aus. Die Entscheidung über den dritten Absteiger würde wohl zwischen Löberitz und Hemer falls.
Stand vor den letzten beiden Runden
Am Samstag und Sonntag standen aber noch einige Spitzenkämpfe aus, darunter das Match der beiden Spitzenreiter.
Die 10. Runde brachte dann die Entscheidung über die Mannschaftsmeisterschaft der Frauen 2022. Im Match zwischen Spitzenreiter Baden-Baden und Verfolger Schwäbisch Hall kam es an den beiden Spitzenbrettern zu zwei Derby. An Brett eins trafen die Kasachinnen Zhansaya Abdumalik (Baden-Baden) und Dinara Saduakassova (Schwäbisch Hall) aufeinander. An Brett zwei spielten Alina Kaslinskaya (Schwäbisch Hall) gegen Alexandra Kosteniuk (Baden-Baden). Die beiden Russinnin spielten unter FIDE-Flagge und hatten sich beide nach dem Überfall von Russland auf die Uktraine entschieden gegen die Politik ihres Landes gewandt. Kosteniuk lebt schon lange in Paris. Kashlinskaya ist mit Radoslaw Wojtaszek verheiratet und lebt mit ihrem Mann in Polen.
Das kasachische Duell wurde zugunsten von Baden-Baden entscheiden, während das russische Duell an Schwäbisch Hall ging.
Zhanzaya Abdumalik und Dinara Saduakassova lieferten sich ein Theorieduell in der Italienischen Partie.
Zhanzaya Abdumalik | Foto: Thilo Gubler
Den entscheidenden Punkt machte Antoaneta Stefanova an Brett vier gegen Lela Javakishvili für Baden-Baden zum 3,5:2,5-Sieg, da die übrigen Partien remis endeten. Damit stand die Meisterschaft von Baden-Baden vorzeitig fest. Zuletzt hatte das Team der OSG den Titel 2018 geholt. Schwäbisch Hall wurde Vizemeister vor Deizisau und Bad Königshofen.
Kapitän Thilo Gubler mit seinem Meisterteam
Beurkundet!
Der Kampf der Verfolger zwischen Bad Königshofen und Deizisau endete 3:3. Zu einem überraschenden 3:3 kam auch Weißblau Leipzig gegen den Hamburger SK. Die Leipzigerinnen wahrten damit Chancen auf den Klassenerhalt, den Löberitz unterlag Tura Harksheide mit 2:4 und hatte nur noch einen Punkt Vorsprung vor Weißblau und die geringere Anzahl von Brettpunkten. Hemer gewann gegen Rodewisch und sicherte sich damit den Klassenerhalt.
Am letzten Spieltag waren die Messen an der Spitze der Tabelle schon gelesen. Am Ende der Tabelle wurde aber noch um dien Klassenerhalt gekämpft. Kisschess stand nach dem Rückzug als erster Absteiger fest. Der SK Lehrte, mit Nationalspielerin Fiona Sieber am ersten Brett, belegte mit zwei Punkten den vorletzten Platz. Mit einem Sieg konnten die Spielerinnen von Lehrte Löberitz auf dem rettenden 9. Platz noch einholen und Weißblau Leipzig noch überholen. Allerdings sprachen die Brettpunkte gegen einen Klassenerhalt von Lehrte. Mit den Rodewischer Schachmiezen hatte Lehrte zudem einen starken Gegner in der Schlussrunde. Etwas besser waren die Chancen von Weißblau Allianz, die nur einen Punkt hinter Löberitz zurücklagen.
Leipzig kam dann tatsächlich zu einem 3,5:2,5-Erfolg gegen TuRa Harksheide, während Löberitz gegen den Hamburger SK mit 0:6 untergingen. Leiptig und Löberitz tauschten die Plätz. Weißblau Leipzig bleibt in der Liga, während Löberitz absteigt.
Beim Hamburger SK zieht sich Andreas Albers nun nach elf Jahren und zehn Spielzeiten als Mannschaftskapitän zurück.
Endstand
Partien
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