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Bundesliga in Berlin: Zwei Pokale und Uhlmanns Erinnerungen
Von Dagobert Kohlmeyer
Gastgeber der Runde 4 und 5 in Berlin war am vergangenen Wochenende der SK König
Tegel. Am gewohnten Ort, dem Hotel Am Borsigturm, wurden gemeinsam mit den
Schachfreunden Berlin die Teams aus Hamburg und Dresden empfangen. Die Frage
war, ob sich die Amateur-Truppe aus dem Berliner Norden weiter gegen den von
vielen prophezeiten Abstieg stemmen und ob auch die andere Mannschaft aus der
Hauptstadt möglichst viele Punkte sammeln würde.
Zuschauer waren gern gesehen. Zu Beginn konnten sie auch zwei Pokale bewundern,
die Bundestrainer Uwe Bönsch mitgebracht hatte: den Pott für den Sieg bei der
Team-Europameisterschaft sowie den Mitropa Cup (siehe Fotos). DSB-Sportdirektor
Horst Metzing nahm sie entgegen, und sie werden in der Berliner Geschäftsstelle
des Deutschen Schachbundes einen Ehrenplatz bekommen.
Die Siegerpokale vom Mitropa-Cup (!) und von der Europameisterschaft
König Tegel hatte ja beim Bundesliga-Auftakt in Mülheim einen großartigen Start
hingelegt. Würde es mit den Nordberlinern noch eine Weile so weitergehen?
Wir fragten Teamchef Manfred Rausch, ob er mit seiner Truppe
in dieser Saison mehr Ambitionen als sonst hat: „Nein, wir sind bis jetzt noch
immer eine Fahrstuhl-Mannschaft. In Mülheim waren ja Paarungen der Aufsteiger
gegeneinander. Insofern haben wir vielleicht etwas an der Reihenfolge des
Einlaufs im Abstiegskampf mitgewirkt. Für Dresden war es nach einer etwas
längeren Pause die erste Runde in der 1. Bundesliga. Da ist man natürlich noch
nicht wieder so routiniert, wie wir es waren. Das hat uns dort geholfen. Was
dieses Wochenende angeht, so wussten wir, dass es gegen den Hamburger SK und die
Schachfreunde Berlin auf jeden Fall viel schwerer wird. Zumal uns jetzt keine
Mannschaft mehr unterschätzt. Schon in Mülheim hieß es: ‚Da müssen wir uns gegen
euch ja richtig anstrengen.‘ Also, wir sehen die Dinge weiterhin gelassen und
betrachten unser Gastspiel in der 1. Bundesliga wie früher auch mit etwas
Galgenhumor. Natürlich freuen wir uns über jeden Erfolg.“
Der blieb den Tegelern am Samstag noch versagt. Gegen Hamburg hieß es am Ende
2:6. Am ersten Brett verlor Robert Rabiega recht schnell gegen Anands
WM-Sekundanten Radoslaw Wojtaszek.
Wojtaszek gegen Rabiega
Radoslaw Wojtaszek
Am Nachbartisch unterlag René Stern dem Iraner Eshan Ghaem Maghami. Der Großmeister aus Teheran wollte nach dem Bundesliga-Wochenende schnell in die Heimat zurück, um an der Universität ein neues Studium im Fach internationales Management aufzunehmen. Einen Hochschul-Abschluss im internationalen Recht hat er schon. Am dritten Brett von Tegel gab Michael Richter seine Partie gegen Sune Berg Hansen ab.
Sune Berg Hansen
Lubomir Ftacnik
Muse Ftacnik
Nur Drazen Muse konnte an Brett 7 gegen Dirk Sebastian
punkten.
Der Kampf zwischen den Schachfreunden Berlin und USV TU Dresden endete 5:3 für
die Hauptstädter. Er wurde an den hinteren Brettern entschieden.
Während an den ersten vier Tischen die Punkte geteilt wurden,
mussten die Bretter 5-7 Niederlagen hinnehmen. Nur am Brett 8 verbuchte Paul
Hoffman einen Sieg für die Dresdner. Besonders umringt war das Brett eines
Spielers, der schon längst eine lebende Schachlegende ist. Wolfgang Uhlmann: „Es
macht noch Spaß“
Der Dresdner ist mit 76 Jahren und acht Monaten der älteste Bundesligaspieler
aller Zeiten. Zwei andere Koryphäen blieben unter dieser Rekordmarke. Wolfgang
Unzicker war 73 Jahre alt, als er 1998 seine letzte Partie für PSV Turm Duisburg
spielte. Viktor Kortschnoi spielte Anfang 2006 eine Partie als Gast in der 2.
Bundesliga, da war er knapp 75 Jahre. Als wir Wolfgang Uhlmann auf seine
Bestmarke hin ansprachen, sagte er: „Na ja. Es macht noch Spaß, aber es ist
natürlich auch anstrengend.“
Vor etwa zwei Jahrzehnten, es war kurz nach dem Mauerfall, spielte Uhlmann noch
in drei Ligen gleichzeitig: 1990 gab es noch seinen DDR-Spitzenklub in Dresden,
dann war Wolfgang etliche Jahre bei der SG Porz in der 1. Bundesliga unter
Vertrag, und er spielte auch in der Staatsliga von Österreich. Das war bei Voest
Linz, wo sein inzwischen verstorbener Schachfreund Heinz Baumgartner die Figuren
setzte. Gern erinnert sich der Dresdner Großmeister an diese Zeit: „Es gab viele
nette Erlebnisse. Immer schön war es, wenn man in einem Team spielte, das gut
harmonierte und auch außerhalb des Spielsaales fest zusammenhielt. Ich erinnere
mich, dass wir mit der Linzer Mannschaft den Wettkampftag oft freudbetont
ausklingen ließen. So haben wir einmal an einem 11. November in Österreich alle
gemeinsam ein Martini-Gansl (Martinsgans) gegessen. Das ist dort an diesem Tag
Tradition. Dazu gab es einen guten Schluck Rotwein. Das war besonders schön und
sprach für den guten Zusammenhalt des Teams.“
Apropos Zusammenhalt. Was sagst du zur Goldmedaille der deutschen Mannschaft bei
der Team-WM?
"Es ist ganz erfreulich für Deutschland, dass nach dem Ärgernis zur letzten
Schacholympiade dieser Erfolg errungen wurde. Er ist besonders wertvoll, weil
das DSB-Team gegen namhafte Mannschaften gewonnen hat. Unsere Truppe war
sicherlich sehr motiviert, wahrscheinlich sogar angestachelt. Sie hat ihre
ganzen Kräfte mobilisiert, um diesen Titel zu holen. Anteil an dem Titel hat
neben den Spielern und Trainern natürlich auch der Sponsor UKA Meißen GmbH, der
die Honorare gestellt hat. Das Unternehmen sponsert ebenfalls unsere Dresdner
Bundesligamannschaft, auch unsere einheitliche Wettkampfkleidung."
Besonders gefreut hat Wolfgang Uhlmann, dass seine Eröffnung Französisch bei der
Team-EM so erfolgreich von Georg Meier, Daniel Fridman und Rainer Buhmann
angewendet wurde. Immer wurde damit ein wichtiger Matchpunkt erzielt.
Dreimal dürfen Sie raten, was der Dresdner am Samstag mit Schwarz spielte, als
sein Berliner Gegner Rainer Polzin 1.e2-e4 zog. Natürlich Französisch. Die
Eröffnung absolvierte der Veteran sehr schnell, bis zur Zeitkontrolle war alles
im grünen Bereich. Dann aber versäumte er es, in ein remisträchtiges
Turmendspiel abzuwickeln. Schließlich verlor Uhlmann einen Bauern, und im
Endspiel erwies sich Polzins Läufer stärker als Wolfgangs Springer. Nach mehr
als sechs Stunden Kampf musste der 76-Jährige kapitulieren. Damit war die
Entscheidung gefallen, denn auch die Bretter 5 und 6 von Dresden hatten bereits
verloren. Tags darauf lief es für Wolfgang Uhlmann und sein Team aber bedeutend
besser.
Sonntag: Hamburg - Dresden 3:5, Schachfreunde Berlin - König Tegel 3,5:4,5
Am Sonntag gab es dann wieder kräftige Überraschungen. Diesmal spielten die
Teams der Partnerstädte Dresden und Hamburg gegeneinander, die sich in der
Bundesliga in einheitlicher Kleidung präsentieren. Die Dresdner tragen dunkle
Jacketts und weiße Hemden, die Hamburger blaue Sweatshirts. Wenn dem
Uhlmann-Team jemand vor diesem Match ein 4:4 oder einen knappen Sieg
vorausgesagt hätte, dann hätte die Truppe das sicher gern unterschrieben. Es kam
aber noch besser. Der HSK gewann nicht eine Partie dieses Duells, sechsmal wurde
der Punkt geteilt. Hamburgs Spitzenbretter Wojtaszek und Ghaem begnügten sich
schon früh mit Remis. Schwarzsiege für Dresden erzielten Raj Tischbierek gegen
Thies Heinemann und Paul Hoffman gegen Steve Berger. Das war die Entscheidung in
diesem spannenden Duell gegen den Abstieg. Der junge Hoffman wurde mit 2 aus 2
zum Top-Scorer seiner Mannschaft.
Auch das Berliner Lokalderby, ein Match mit viel Tradition und Brisanz, nahm
einen unerwarteten Ausgang. Die Tegeler Schützlinge von Manfred Rausch schlugen
die Schachfreunde knapp, aber verdient. Mit den weißen Figuren holten Michael
Richter gegen Rafal Antoniewski und Ulf von Herman gegen Ilja Schneider die
Siegpunkte für König Tegel. Da nützte Rainer Polzins Gewinnpartie gegen Drazen
Muse nichts, um das Blatt noch zu wenden. In der Tabelle liegen die Männer um
Robert Rabiega jetzt auf dem 8. Platz, also weit von einem Abstiegsrang
entfernt. Auch Dresden hat mit nunmehr vier Mannschaftspunkten als Elfter die
Gefahrenzone erst einmal verlassen, nicht jedoch die Hamburger, die derzeit mit
nur 3 Teamzählern auf dem 13. Tabellenplatz rangieren.