ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Nachdruck aus dem neuen Deutschland mit freundlicher Genehmigung.
Lust am Denken
Von Art Kohr
Am Ende triumphieren die besseren Reflexe. „Streckenweise habe ich gar nicht
mehr richtig durchgeblickt“, bilanziert Elisabeth Pähtz, als alles vorbei ist,
„das war ziemlich wild.“ Auch unter Druck kaltblütig zu reagieren, gerade das
jedoch hat die 21-jährige bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber gelernt – die
Erfurterin dient momentan als Obergefreite in der Bundeswehr - , deswegen
pariert Elisabeth Pähtz alle Attacken mit traumwandlerischer Sicherheit und
entscheidet das „1. ND-Damenturnier“ für sich.
Der heftige Schlagabtausch zwischen Deutschlands zweifacher
Juniorenweltmeisterin und der Olympiasiegerin 2006, Inna Gaponenko (30) aus der
Ukraine, ist dramatischer Höhepunkt der Schachgala, zu der das „Neue
Deutschland“ und die Werbeagentur Dorland erstmals in die Räume der
Emanuel-Lasker-Gesellschaft am Leuschnerdamm geladen haben.
Überregionale Medien, die Schachturniere veranstalten, die sind im Ausland
nichts Ungewöhnliches; beispielhaft ist insofern Kopenhagens renommiertes Blatt
„Politiken“ mit seinem alljährlichen „Politikens Cup“. An derartige Vorbilder
knüpft nun die Berliner Tageszeitung „Neues Deutschland“ mit ihrem neu
gestarteten Damenturnier an: eine Initiative, die ND-Geschäftsführer Olaf Koppe
ausdrücklich als Richtungsentscheidung verstanden wissen möchte. „Wir wollen uns
auf dem Markt positionieren als d i e Zeitung in Deutschland, die der
Schachberichterstattung einen wichtigen Platz einräumt“, sagt er am Rand der
Veranstaltung. „Das geschieht mit besonderem Blick auf Schacholympia 2008 in
Dresden – und das Damenturnier heute markiert den Auftakt.“
Ein fachkundiges Publikum, darunter Horst Metzing, Geschäftsführer des Deutschen
Schachbundes, verfolgt den Vierer-Wettkampf. Neben Elisabeth Pähtz und Inna
Gaponenko sind auch die Schweizer Meisterin Monika Seps (20) und die Deutsche
Jugendmeisterin Melanie Ohme (16) aus Leipzig am Start; und ChessBase, das
weltweit größte Schachportal, überträgt die Duelle live ins Internet.
Das Treffen der weiblichen Nachwuchsstars beweist: Es muss nicht immer Fußball
sein, die Aktionen auf den 64 schwarz-weiß karierten Feldern können sich
temporeich entwickeln wie Kombinationen auf dem grünen Rasen. Zumal eine
deutlich verkürzte Bedenkzeit von vornherein keine Langeweile aufkommen lässt:
zehn Minuten pro Match und Kandidatin in der Vorrunde sowie 20 Minuten in den
Finals, danach ist Abpfiff.
Entsprechend schnell nehmen die Partien Fahrt auf, und rückt das Time-out näher,
flitzen die Spielfiguren hin und her über den quadratischen Kampfplatz. Das ist
auch vom letzten Zuschauerrang aus noch gut zu sehen, dafür sorgen
Großdiagramme, die ein Projektor an die Stirnfront des Saales wirft. Public
Viewing, nur dieses Mal im Schach, und Gemma Sedrakjan ist total begeistert:
„Das finde ich super spannend!“ Die hellwache Siebenjährige hat das
ND-Schachrätsel geknackt und eine Gala-Karte gewonnen, zusammen mit mehr als 30
weiteren Lesern, darunter das Brüderpaar Jeremias (7) und Leander Thiele (9) aus
dem thüringischen Bad Frankenhausen.
Die Erwartungen der Fans werden nicht enttäuscht, die Spitzenfrauen vorne auf
der Bühne schenken sich nichts. Monika Seps und Melanie Ohme heizen den
Favoritinnen Elisabeth Pähtz und Inna Gaponenko tüchtig ein. So dass Großmeister
Thomas Pähtz, Vater von Deutschlands Hoffnungsträgerin Elisabeth, ein Wechselbad
der Gefühle durchmacht, während er in einem Nebenraum die Partien kommentiert:
„Ich muss ja neutral bleiben“, sagt er tapfer, „aber das fällt manchmal nicht
leicht.“
Ein emotionaler Spagat, den ihm Tochter Elisabeth dankt: Sie räumt den ersten
Preis ab, ein 1000-Euro-Gutschein vom Sponsor GIS-Reisen inklusive. Die
Zweitplatzierte Inna Gaponenko nimmt’s sportlich: „Das Turnier war sehr
interessant.“ Ein Happy End gibt es für die Leipzigerin Melanie Ohme: Nach
unglücklichen Niederlagen zum Auftakt fängt sie im Schlussspurt Monika Seps doch
noch ab und teilt sich mit der Eidgenössin Platz drei. „Ein versöhnliches
Ergebnis“, sagt Monika Seps. „Ich habe gesehen, dass ich auch gegen derart
starke Konkurrenz Chancen habe“, analysiert Melanie Ohme, „das ist okay.“
Auch die kleine Gemma Sedrakjan strahlt. Sie hat schon die Potsdamer
Stadtmeisterschaft in der Altersklasse U-8 gewonnen, und seit der ND-Schachgala
glaubt sie nun ganz fest daran: „Ich werde Großmeisterin.“
Emanuel Lasker, Namenspatron der Wettkampfstätte und Rekordweltmeister von 1894
bis 1921, hätte das sicher gerne gehört. „Die Lust am Denken“: Dieser Leitspruch
Laskers zieht sich über die Wand neben der Eingangstür. „Die Lust am Denken“:
Mit blitzgescheiten jungen Frauen wie Elisabeth Pähtz und Melanie Ohme und einem
Riesentalent wie Gemma Sedrakjan muss einem um den intellektuellen Standort
Deutschland nicht bange sein.