
Der
Europäische Vereinspokal: Innenansichten des Siegerteams
Text: Irina Sudakova Foto: Elena Mikheeva
“Seht Ihr jetzt, dass Ihr nur in Slowenien spielen solltet?”, meinte Boris Kutin während unsere St. Petersburger Mannschaft in der sechsten Runde des Europäischen Vereinspokals gegen die OSG Baden-Baden spielte. Tatsächlich kamen Wetter, Umgebung, Küche und Getränke Sloweniens den Vorlieben unseres Teams sehr entgegen.
Sattes Sommergrün in Rogaska Slatina
Kurhaus
Schornsteinfeger bringen Glück
Im stilvollen Turniersaal
Seit Juli wussten wir, dass Vassily Ivanchuk beim Vereinspokal nicht spielen konnte, da zeitgleich das Bilbao Masters stattfand, aber wir wollten keinen anderen Spieler ins Team einladen und entschieden uns schließlich dafür, mit nur sieben Spielern anzutreten – und tatsächlich brachte uns die Sieben Glück.
Unser Spitzenbrett Peter Svidler war immer noch sehr erschöpft (drei Mal dürfen Sie raten, warum) und tauchte zwei Tage lang irgendwo unter.
Peter Svidler etwas ausgepumpt
Wir hegen den Verdacht, dass er fast die ganze Zeit geschlafen hat. Aber seine “Aura” strahlte auf alle um ihn herum ab, und die fehlende Energie seines Spiels wurde durch Nikita Vitiugovs +4 und Vadim Zvaginsevs +5 kompensiert – beide erzielten das beste Ergebnis an ihren jeweiligen Brettern und gewannen einen Brettpreis.
Nikita Vitiugov
Seit 2008 hat der Schachverband von St. Petersburg eine Mannschaft zum Europäischen Vereinspokal entsandt. Doch obwohl die Mannschaften immer besser wurden und wir immer unter den ersten Zehn gelandet sind, hinderte uns irgendetwas daran, noch erfolgreicher zu sein.
Maxim Matlakov
Dieses Jahr lagen wir auf Rang Vier der Setzliste, aber aus irgendeinem Grunde zählte keiner der Experten unsere Mannschaft zu den wirklichen Favoriten. Allerdings traten wir dieses Jahr mit einer deutlich jüngeren Mannschaft als in den Vorjahren an, wobei wir jedoch darauf geachtet haben, dass der Kern der Mannschaft aus Großmeistern besteht, die in St. Petersburg wohnen. Die Stimmung in der Mannschaft war gut, überzogene Erwartungen gab es nicht und alle konnten befreit aufspielen.
Wang Hao
Jon Ludvig Hammer
Eljanov, Andreikin, Moiseenko
Radjabov von Socar war der beste Spieler des Turniers
Ugra mit Rublevsky, Dreev, Zhigalko
Richard Rapport aus Ungarn
Nach der dritten Runde lagen wir an der Spitze des Feldes und danach war jede Runde eine Entscheidungsrunde. Denn der Modus des Turniers lässt eigentlich nicht zu, dass man sich nach einer Niederlage noch Hoffnungen auf den ersten Platz macht, obwohl die Mannschaft von Ural 2008 nach einer Niederlage am Ende mit 12 aus 14 doch noch die Goldmedaille gewann.
In Runde 5 mussten wir gegen die sehr starke Mannschaft von Tomsk-400 antreten und Vadim Zvjaginsev (der in Runde Vier als Einziger gewonnen hatte) fand sich gegen Viorel Bologan ziemlich schnell in einer sehr passiven Stellung mit Minusbauern wieder.
Ponomariov und
Inarkiev für Tomsk
Das spornte den Rest der Mannschaft an und drei Siege von Vitiugov, Movsesian und Khairullin sicherten uns den Sieg. Vadim konnte seine Partie noch ins Remis retten und meinte anschließend: “Wo ist das Problem? Gute Stellung, fehlt nur ein Bauer, aber das passiert.” Dennoch baten wir ihn, in den nächsten Runden das materielle Gleichgewicht zu wahren, falls er noch einmal eine solche Stellung spielen müsste.
Das Match in Runde Sechs gegen Baden-Baden endete Unentschieden
Adams und Shirov für Baden-Baden
... und damit sah die Lage an der Tabellenspitze vor der siebten und entscheidenden Runde wie folgt aus: St. Petersburg, 11 (28), Baden-Baden, 11(27), Socar, 10 (27,5), Economist, 10 (27,5), ShSM-64, 10 (27), Mika 10 (25,5) – danach folgten eine ganze Reihe von Teams mit 9 Punkten. Sollten wir unseren letzten Kampf gegen Mika verlieren, würden wir gar nicht mehr unter den ersten drei landen.
Die Spieler von Mika: Sargissian
Andriasian
Pashikian
Doch die erfolgreiche “Strategie” aus der fünften Runde bewährte sich ein zweites Mal – von Beginn an standen wir an einem Brett deutlich schlechter, aber konnten Peters Niederlage mit zwei Siegen ausgleichen. Die letzte Partie des Turniers spielte Sergey Movsesian, dessen Endspielpräzision uns den Gesamtsieg sicherte.
Letztes Jahr hatte der Kapitän des Titelverteidigers Economist Saratov vergessen, den Pokal zum Turnier mitzubringen, also hatten sie gar keine andere Wahl, als noch einmal zu gewinnen.
Saratov, rechts
Wir sollten
ebenfalls ernsthaft überlegen, ob wir unseren Sieg nicht im nächsten Jahr
wiederholen. Und auch wenn man nur das Gewicht des Pokals bedenkt spricht
einiges dafür, die Trophäe in St. Petersburg zu behalten.
Das Frauenturnier gewann das Team von AVS mit Antoaneta Stefanova,
Kateryna Lahno, Viktorija Cmilyte Natalija Pogonina und Mariya Muzychuk.
Antoaneta Stefanova
Viktorija Cmilyte
Nummer eins der Setzliste war eigentlich die Mannschaft aus Monte Carlo.
Cercle d'Echecs de Monte-Carlo mit Yifan Hou und Anna Muzychuk
Anna Muzychuk
Die "Monegassinen" verloren aber schon gleich ihren ersten Wettkampf gegen Giprotechtrans und wurden am Ende "nur" Vierte.
Elina Danielian für Mika
Valentina Gunina
Betul Cemre Yildiz
Die Mannschaft der Oslo Schakselskap: Sylvia Johnsen, Marie Frank-Nielsen,
Yerazik Khachatourian und Ellisiv Reppen
Bilder von der Siegerehrung:
Novy Bor (Dritter) in schwarzen Polohemden
SOCAR, Zweiter (in Jacketts)
St. Petersburg (in Jeans)
Die Globalisierung hat auch Armenien erreicht: Das Team von Mika
Und Rumänian auch: Das ist die Mannschaft von Timisoara
Sieger AVS
Die besten Einzelspieler: Radjabov (m.), Tomashevsky (re.) und Jakovenko
Gruppenbild im Hotel: Sieger St.Petersburg