Besuch bei Mädlers in Dresden
Von André Schulz (Text und Fotos)
Eine Schacholympiade im eigenen Ort ist natürlich für jeden Schachhändler ein Traum. Dieser hat sich nun für das Ehepaar Mädler in Dresden verwirklicht. Nur etwa 15 Straßenbahnminuten von der Schacholympiade entfernt, im Ortsteil Blasewitz hat das Ehepaar Mädler seinen Wohnsitz und dort auf einer ganzen Etage seinen Schachhandel ausgebreitet.
Mit der Linie 6 Richtung Schillerplatz, Station Prellerstraße
Für den gehobenen Geschmack
Unterwegs noch schnell eine Stradivari kaufen
Gibt es sonst kaum noch: Briefkästen
Hier in der Nähe muss es sein. Lauter berühmte Namen
Das ist die Schachvilla
Manfred Mädler ist Ur-Dresdner, hat aber vor dem Mauerbau die damalige DDR Richtung Westen verlassen - "rübergemacht", wie es damals hieß.
In der BRD war er als Fernschachspieler aktiv und wurde der fünfte deutsche Spieler, der den Titel Internationaler Fernschachmeister verliehen bekam. Zuerst in Lübeck und dann in Düsseldorf baute er sich zusammen mit seiner Frau Monika einen Schachhandel auf. Das "Schachhaus Mädler" als Ausstatter von Schachvereinen, Verleiher von Gartenschachfiguren, Buchverleger und natürlich Schachbuchhändler ist ein fester Bestandteil deutscher Schachkultur.
Schachidylle
Als seinerzeit Rattmann Senior seinen Schachbuchhandel in Bergedorf an seinen Sohn übergab, nutzte Manfred Mädler gerne das Angebot und übernahm den antiquarischen Teil des Bücherfundus. So findet man heute also in seiner Schachvilla immer noch viele antiquarische Schätze aus der Geschichte der Schachpublikationen. Unter Sammlern hat sich das natürlich schon längst herum gesprochen und wenn z.B. die Ken Whylld Association in Dresden tagt, ist ein Besuch bei Mädler für jeden Sammler eine unverzichtbare Pflichtaufgabe und das Gedränge in der geräumigen Villa ist groß.
Bücher
Mehr Bücher
Noch mehr Bücher
Auch Nichtsammler kommen aus dem Staunen nicht heraus. Gleich am Eingang empfängt den Besucher eine Fotowand mit Bildern aus alten und noch älteren Zeiten. Die neueren Bilder zeigen Spieler, die einem irgendwie bekannt vorkommen. Einige sind auch 2008 auf der Schacholympiade als Spieler aktiv, wie dieser "Hippie" hier zum Bespiel.
Sind nicht da: Jan Timman und Yasser Seirawan
Er fehlt auch
Aber Moment mal, ist das nicht....?
Lothar Schmid ist als Besucher da
Viktor Kortschnoj spielt mit - na klar
Moment, wir haben noch viel mehr Fotos
Ein paar Schritte weiter hängt an der Wand ein Schachuhrenmuseum mit allerlei Kuriositäten.
Ticktack-Ticktack
Metalluhr
Mehr Wasserwaage als Uhr
Oder in Holz
Ein kurzes Wort zu Schachuhren: Die Zeit der schönen Schachuhren ist leider vorbei. Heute bestimmen die seelenlosen Plastikuhren die Szene und führen zu kuriosen Resultaten. Genau genommen muss sich jeder Spieler vor eine Partie das Manual durchlesen, damit er weiß, wie man die Uhr bedient. Besonders in Zeitnot ist es wichtig, zu wissen, wie man eine Uhr abstellt. Denn bei strittigen Situationen muss die Uhr abgestellt werden - wie geht das - und dann holt man den Schiedsrichter.
Eine der inzwischen gebräuchlichen Digitalplastikbomber hat zudem die unangenehme Eigenschaft, dass der Schaltknopf nach dem Drücken wieder unbemerkt zurückspringt. Man denkt, man hat die Uhr des Gegners aktiviert. In Wirklichkeit verliert man ein paar Minuten später durch Zeit. Der Schiedsrichter wird sich nicht die Mühe machen, die Funktionsweise der Uhr zu untersuchen. Natürlich nicht: er ist ja kein Materialprüfer. Spieler beklagen sich, dass sie schon mehrfach auf diese Weise durch die minderwertige Qualität dieser inzwischen weit verbreiteten Digitaluhr entscheidend benachteiligt wurden.
Abgesehen davon üben Digitaluhren bei Zeitnot kaum eine Alarmwirkung auf den Spieler aus. Der drohende Blättchenfall sorgte früher für kinetische Höchstleistungen bei den Spielern. Die Anzeige der Digitaluhr ist hingegen auch bei höchster Zeitnot kaum anders als sonst - irgendwelche Zahlen halt.
In den verschiedenen Räumen findet man das, was man erwartet, und noch viel mehr:
Pokale
Ein Originalschreibtisch der Schacholympiade Leipzig 1960
Schachnussknacker
Sind in Wirklichkeit ganz winzig
"Eingemachte" Figuren warten darauf, als Ersatz einzuspringen
Stztkasten
Eine von zahlreichen "Krabbelkisten"
Ganze Jahrgänge von Schachzeitungen warten auf den neuen Besitzer
Schmiedemeister Heinrich Mädler hat die Villa seinezeit gebaut
Tja, Handwerk hat goldenen Boden
Monika Mädler ist im Sächsichen Schachverband als Schatzmeisterin aktiv. Gerade rechtzeitig hat man die Arbeit am Buch über die Sächsische Schachgeschichte abgeschlossen, sodass das Buch noch vor der zweiten Schacholympiade in Sachsen nach 1960 erscheinen konnte. Hier wird aber eine Zigarrenzeitschrift präsentiert, die sich mit Schach beschäftigt hat.
Unweit des Mädlerschen Domizils kann der Besucher am Schillerplatz noch das "Blaue Wunder" besichtigen. Eine Metallbrücke über die Elbe, die im Zweiten Weltkrieg knapp der Sprengung entgangen ist.
Elbpanorama