Betrugsfall bei der Spanischen Mannschaftsmeisterschaft?

von André Schulz
14.10.2024 – Die Durchführung der Spanischen Mannschaftsmeisterschaft ist von der Disqualifikation des für Silla spielenden Großmeisters Kirill Shevchenko überschattet. Nach Beschwerden zweier Spieler war der Schiedsrichter überzeugt, dass Shevshenko seine laufenden Partien auf der Toilette mit einem Smartphone analysiert hat. | Foto: European Chess Union

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Die Spanische Mannschaftsmeisterschaft, deren Ehrendivision derzeit den Titel in der spanischen Exlave Melilla in Afrika ausspielt, ist von einem Betrugsverdacht überschattet. Der 22-jährige Ukrainer Kirill Shevchenko, seit 2023 für den Rumänischen Schachverband spielend, wurde nach zwei Runden von der Meisterschaft ausgeschlossen. Seine beiden Partieergebnisse wurden annulliert.

Shevchenko spielt für die Mannschaft von Silla, gewann seine erste Partie gegen Amin Bassem und besiegte in der zweiten Runde Francisco Vallejo.

Nachdem Shevchenko in der zweiten Runde ungewöhnlich oft seinen Platz verließ, um die Toilette zu besuchen, schöpfte Franciso Vallejo Verdacht und beschwerte sich beim Schiedsrichter. Jedes Mal, wenn Shevchenko von der Toilette zurückkam, machte er mehrere Züge, ohne lange zu überlegen und verschwand dann erneut. Auch Amin Bassem hatte sich schon nach Runde eins über das ungewöhnliche Verhalten von Shevchenko beschwert.

Der Schiedsrichter ging der Sache nach und stellte fest, dass Shevchenko in den Toilettenräumen immer in derselben Kabine verschwand und sich dort auch längere Zeit aufhielt. 

Bei allen Schachturnieren sind die Spieler aufgefordert, ihre Mobiltelefone und alle Geräte, mit denen man von außen etwas empfangen kann, zum Beispiel Smart-Uhren oder auch Smart-Stifte beim Schiedsrichter abzugeben. Außerdem müssen sie sich mit einer Untersuchung einverstanden erklären, falls der Verdacht besteht, dass ein Spieler ein elektronisches Gerät mit sich führt.

Kirill Shevchenko hatte sich deshalb, so der Verdacht, eine besondere Vorgehensweise überlegt, berichtete El Mundo. Schon am Vortag hatte nämlich der Putzservice auf der Toilette des Hotels, in dem sich der Spielsaal befindet ein Mobiltelefon gefunden, an dem ein Zettel befestigt war, mit dem Hinweis: „Nicht berühren! Diese Telefon ist für Notfälle gedacht, wenn Gäste nachts telefonieren müssen." 

Der Putzservice fand dies ungewöhnlich und gab das Telefon an der Rezeption ab. Wie sich später herausstellte, war die Handschrift der Mitteilung mit der Schrift von Kirill Shevshenko identisch und mit dem Stift geschrieben, mit dem er seinen Notationszettel ausfüllt. Nach dem Verlust des ersten Mobiltelefons hatte Shevchenko offenbar ein zweites Smartphone in der Toilettenkabine deponiert.

Nach Anhörung aller Parteien beschloss das Schiedsgericht noch vor der dritten Runde am Montag, Shevchenko von der Meisterschaft auszuschließen und seine Partien für den Gegner als gewonnen zu erklären. Silla hat allerdings Beschwerde gegen dieses Urteil eingereicht, da die Mannschaftsleitung es als nicht 100%-ig erwiesen ansieht, dass die beiden Mobiltelefone tatsächlich von Shevchenko deponiert worden waren. Allerdings wird eingeräumt, dass die Verdachtsmomente gravierend seien.

Kirill Shevchenko bestreitet alle Vorwürfe und hat sein Honorar an seinen Verein zurückgezahlt. Der Spieler ist inzwischen abgereist. Die Mannschaftsführung von Silla bemüht sich derzeit um einen Ersatzspieler, muss bis dahin aber die Wettkämpfe mit einem Spieler weniger bestreiten.

Offizielle Stellungnahme des Spanischen Schachverbandes FEDA zum Vorfall bei der Spanischen Mannschaftsmeisterschaft CECLUB, Ehrendivision

Es wird mitgeteilt, dass heute der Spieler Kirill Shevchenko, ein Mitglied der Mannschaft von Silla-Integrant Col.lectius mit dem Verlust seiner Partien in der ersten und zweiten Runde, sowie mit seinem Ausschluss von der Meisterschaft belangt wird. Der Grund war die Verwendung von mobilen Geräten während seiner Partien.

Die FEDA bedankt sich für die gute Zusammenarbeit mit dem Schachklub vonSilla, Team Silla - Integrant Col.lectius, die zu jeder Zeit die Untersuchung und Lösung dieser unangenehmen Angelegenheit erleichtert haben.

Wir schätzen auch die sorgfältige Arbeit des Schiedsrichterteams und des Schiedsgerichts der Meisterschaft 

Die Ergebnisse der 1. und 2. Runde wurden geändert und lauten nun wie folgt:

Runde 1: SILLA-INTEGRANT COL.LECTIUS, 4 - DUO BENIAJAN COSTA CALIDA, 2
Runde 2: MYINVESTOR CASABLANCA, 4 - SILLA-INTEGRANT COL.LECTIUS, 2

Die FEDA ist fest entschlossen, Betrug im Schach zu bekämpfen und in jedem Fall so energisch wie möglich vorzugehen. Wir bedauern diesen Vorfall zutiefst. 

Ungeachtet der Beschlüsse, die die FIDE-Ethikkommission in diesem Fall von „Cheating“ fassen wird, wird die FEDA alle Disziplinarmaßnahmen ergreifen, die bei diesem unsportlichen Verhalten des Spielers angemessen sind, wobei sie jederzeit sein Recht auf Einspruch und Verteidigung respektiert.

Wir möchten klarstellen, dass dieses individuelle Verhalten nichts mit
mit der tadellosen Leistung seines Vereins und der übrigen Mitglieder der Mannschaft zu tun hat.

Madrid, 14. Oktober 2024.

Der Spanische Schachverband FEDA

Bericht bei El Mundo...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.