Big Brother is watching you

von ChessBase
22.11.2007 – Manchen kann man es einfach nicht recht machen. Nachdem die Gastgeber der Jugendweltmeisterschaft nun auch in den anderen Hotels die Paarungen rechtzeitig aushängen und selbst das Internet zu funktionieren scheint, hat der Leiter der deutschen Delegation in Kemer schon wieder ein Haar in der Suppe entdeckt. Er fühlt sich vom allgegenwärtigen Bildnis des Atatürk beobachtet. Außerdem übertragen die Türken vor allem die Partien ihrer Leute ins Internet anstatt sich auf die Spitzenbretter zu konzentrieren. Unser Rat - nicht meckern: anschauen, lernen und dann besser machen. Schon im nächsten Jahr kann der Deutsche Schachbund bei der Schacholympiade zeigen, wo Bartels hier bei uns den Most holt. Und sollte am besten jetzt schon den Druckauftrag für die zwanzig 5x5-Meter großen Konrad-Adenauer-Plakate erteilen. Jörg Schulz berichtet aus Antalya/Kemer.Turnierseite der Jugend-WM...Bericht, Bilder, Partien...

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Atatürk hat’s nicht gehört

Die Partien der ersten drei Runden (cbv)...
(editiert von Reinhold Goldau)

Gestern fuhr mir der Schrecken durch die Glieder. Ich sah schon einen unserer Trainer in der Großraumzelle zusammen mit unserem 17-jährigen Niedersachsen im Regionalgefängnis von Antalya einsitzen. Wobei nicht das geschah, was jetzt eventuell einige vermuten. Nein, die kleinen Engländerinnen waren weit weg. Vielmehr fragte er laut und vernehmlich, wer denn dieses Hausgespenst sei, das überall zu sehen ist. Es hängt in der Hotellobby, in jedem Spielsaal und auch sonst in der Türkei kann man dem Bild nicht entgehen. Überall wird man bewacht von den strengen und wachsamen Augen von Kemal Atatürk, dem Staatsgründer der modernen Türkei, wobei sie nicht mehr so modern ist, wie Kemal sie sich mal gedacht hat. Auf jeden Fall kann man kaum ein größeres Verbrechen begehen, als Witze über Kemal zu machen, und ihn schon gar nicht als Hausgespenst bezeichnen. Vorsichtig schaute ich mich um, aber zum Glück war kein Türke in der Nähe, was überraschend war, denn es spielen so viele in den einzelnen Gruppen mit, dass man eigentlich immer auf welche stößt. Doch Jürgen Delitzsch hat Glück, er darf weiter in seinem 5-Sternebett schlafen, ganz alleine für sich.

Ob Kemal seinen Türken auch geraten hat, immer den eigenen Vorteil zu nutzen, weiß ich ja nicht, aber zum Beispiel bei den Partieübertragungen ins Internet machen sie dies mit Leidenschaft. Normalerweise und so wurde es auch offiziell verkündet, werden die ersten zwei bis vier Bretter der einzelnen Gruppen ins Netz übertragen. So freute sich für Anna Endress vor allem für ihren Trainer zu Hause, dass sie heute im Netzt zu sehen ist.


Anna Endress

Um so verwunderter war sie, als sie ihr Brett suchte und dieses mitten im Pulk der U16 fand. Denn statt ihrer Partie wurde das 14. Brett übertragen. Denn dort spielte eine Türkin. In der U14 wurde sogar das 24. Brett herausgesucht, um übertragen zu werden, eben auch dort ein Türke im Einsatz.

Schade eigentlich, denn es handelt sich ja nicht um eine internationale, offene türkische Meisterschaft, sondern um eine Weltmeisterschaft, auf der eigentlich alle das Recht haben, gleich behandelt zu werden. Lieber Kemal, steht das nicht in deinen Schriften? Aber wie gesagt, gleich und gleich, das hatte ich ja schon gestern thematisiert. Immerhin gab es wie versprochen am gestrigen Abend sogar bei uns im Hotel die Auslosung. Dafür heute keine Bulletins. Man soll ja nicht übermütig werden.

Als mich eben ein Vater fragte, was denn der Delegationsleiter zur heutigen Runde abschließend zu sagen hätte, war ich mir nicht sicher, was ich antworten sollte. Zum einen haben wir mit 15,5 Punkten ein gutes Ergebnis gemacht, andererseits haben wichtige Spieler verloren, wiederum sind natürlich alle 26 Mädchen und Jugend wichtig. Also wie die Runde beurteilen?

Anna Endress wehrte sich wacker gegen einen indischen Angriff, verteidigte sich mit Einsatz und spielte eigentlich gut, als sie dann wie auch Sebastian Kaphle, der ebenfalls eine gute Partie spielte – übrigens als Brett acht im Internet, da er gegen einen Türken spielte – um dann einen Turm einzügig einzustellen.

So waren zwei der Spitzenspieler schon einmal zurückgeworfen. Elena Winkelmann machte es ihnen nach, sie verwechselte einfach in der Eröffnung zwei Springerzüge und schon klappte die Variante überhaupt nicht mehr.


Elena Winkelmann

Einzig Patrick Zelbel setzte sich durch und liegt nun nach seinem Schwedenerfolg mit 3,5 Punkten in der deutschen Mannschaft an der Spitze.

Sehr kämpferisch und mit taktischem Geschick spielen die Mädchen in der U12. Besonders tut sich dabei Daniela Schäfer hervor. Heute musste sie gegen eine Inderin ran und stand sehr bedenklich, um es nett zu formulieren. Doch sie kämpfte und kämpfte, überlebte die gegnerischen Angriffe und drehte Stück für Stück das Heft rum und gewann am Ende noch. Eine feine Leistung von ihr. Hanna Marie Klek holte nach ihrem kleinen Zwischentief auch einen schön herausgespielten Punkt und Filiz willigte in ein Remis ein, nachdem sie eine ins Geschäft gesteckte Figur, für die sie aber nicht recht was bekam, wieder zurückerobert hatte. GM Thomas Pähtz fand dann zwar später in der Analyse den feinen Gewinnweg für sie. Sie jedoch war mit dem Remis erst einmal zufrieden. Mit 3/4 liegt sie ja ach noch gut im Rennen.

Zu ganzen Punkten kamen auch Sebastian Bogner und Ilja Brener, die mit 3/4 ebenfalls wieder aufgeschlossen haben. Hagen Poetsch gibt auf seiner ersten WM in der U16 weiterhin eine gute Figur ab und liegt nach seinem heutigen Erfolg über einen Engländer ebenfalls mit 3 Punkten in der erweiterten Spitze. Da wollte eigentlich auch Julian Jorczik hin, bei dem ist aber derzeit Sand im Getriebe. Heute musste er nach verpatzter Zeitnotphase die Waffen strecken. Aleksyi Savchenko spielte nach spannendem Verlauf Remis und ist mit 2,5 Punkten in Lauerstellung.

In der U14 konnte Felix Graf endlich wieder gewinnen und hat damit hoffentlich den Start für eine Verfolgungsjagd gelegt. Alexander Jussupow verpatzte die Eröffnung und musste wie seine Schwester eine Null einstecken. Anja Schulz schaffte ein gutes Remis und ist mit ihren 2,5 Punkten noch zufrieden.

Philipp Kyas konnte heute wieder gewinnen und ist derzeit mit 3/4 der beste in der U12. Hans Möhn musste auch lange kämpfen in einer wechselvollen Partie, am Ende war er der Strahlende. Mal wieder eine deutsche Paarung in der U10. Jakob Schumacher und Ferdinand Xiong, die außerhalb des Spielsaales ein gefährliches deutsch/chinesisches Doppel im Tischtennis bilden, kämpften lange und ausdauernd um den Sieg, um dann doch den Punkt zu teilen. In die Punkteteilung musste auch Christoph Peil einwilligen, wohingegen Dennis Wagner seinen zweiten Sieg und damit den dritten Punkt einfuhr. Bei Dominik Nöttling sah es lange nicht nach einem Punkt aus, doch in der U10 wechseln halt öfter mal die Seiten und neigt sich die Glückswaagschale mal nach da und mal nach dort. Er war am Ende der Glückliche und gewann.

Auch unsere kleine Paula konnte diesmal wieder ihre Glücksbringerkatzen zu recht als Glücksbringerkatzen – Moritz und Miau übrigens ihre Namen – bezeichnen, sie ließ ihrer Gegnerin keine Chance. Lange Zeit sah es auch noch einem Sieg bei Sonja Maria Bluhm aus, doch sie verlor den Faden und die Partie. Ebenfalls noch oben mit dabei ist Judith Fuchs, von der ich allerdings heute nichts mitbekam, daher sei an dieser Stelle nur ihr Ergebnis hier genannt: Remis und gesamt 3/4.

Jörg Schulz

 

 


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