Faszination Fischer
von Johannes Fischer
Bobby Fischers Zug …Lxh2 in der ersten
Partie des WM-Kampfes Spassky gegen Fischer in Reykjavik 1972 ist einer der
berühmtesten Fehler der Schachgeschichte. Und er ist gefilmt worden. Fischer
verlor die erste Partie und verlangte, dass die Kameras, die den ganzen
Wettkampf filmen sollten, entfernt wurden. Das geschah dann auch, weitere grobe
Fehler von Fischer gab es dann auch nicht zu filmen.
Doch der Dokumentarfilm Bobby Fischer
Against the World, der nun am 6. Dezember um 22 Uhr bei Arte unter dem
leicht reißerischen und auch schachlich nicht besonders originellen Titel Zug
um Zug in den Wahnsinn läuft und dann noch eine Woche auf der Arte-Webseite
im Internet zu sehen ist, zeigt Fischers Fehler und seine anschließende
Reaktion. Ohnehin enthält der Film der renommierten Dokumentarfilmerin Liz
Garbus viel faszinierendes und interessantes Filmmaterial über Fischer. Man
sieht Interviews mit Fischer, Fischer beim Fitnesstraining, Fischer wie er
Partien analysiert, Fischer beim WM-Kampf gegen Spassky und vieles mehr.
In loser chronologischer Folge zeichnet der
Film Fischers Lebensgeschichte nach. Wie er mit sechs Jahren als zweites Kind
einer allein erziehenden, exzentrischen Mutter das Schach entdeckte und es in
einer schwierigen Lebenssituation als Zuflucht entdeckte und fortan mit
Leidenschaft spielte und studierte.
Der kleine Bobby
Schwester Joan und und Mutter Regina
Seine Entwicklung zum "Wunderkind", der Ruhm
und die Schwierigkeiten, die mit diesem Ruhm verbunden sind, Fischers Aufstieg
zum Weltmeister, sein Rückzug vom Schach und Fischers zunehmender Wahn.
Begleitet wird das durch Interviews mit
Fischers Weggefährten und Freunden Dr. Anthony Saidy und Larry Evans, aber auch
Garry Kasparov, Susan Polgar und Russell Targ, der Schwager Fischers, kommen zu
Wort. Kurze Statements gibt es auch von Prominenten wie Henry Kissinger oder dem
Wissenschaftsjournalisten Malcolm Gladwell, der durch ein Buch über Überflieger,
besonders erfolgreiche Menschen, bekannt geworden ist.
Kasparov
Saidy
Zugleich zeigt der Film, wie Fischer zur
politischen Figur wurde, welche Rolle Schach und der Wettkampf 1972 im Kalten
Krieg zwischen der Sowjetunion und der USA spielte.
All dieses Material ist fesselnd und gekonnt
präsentiert. Die Synchronisation ist in Bezug auf Schachtermini nicht immer ganz
auf der Höhe – Felder wie "Dame zwei" oder "Springer zwei" gibt es nun einmal
nicht – aber das tut der Faszination dieses Dokumentarfilms keinen Abbruch.
Fischer 1992
und später in Reykjavik
Ob Schachspieler oder nicht: Der Film lohnt
das Anschauen.