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Von Julian Wnuck
Der Höhepunkt des aktuellen Bundesliga-Wochenendes sollte in Solingen stattfinden. In der Klingenstadt trat der amtierende deutsche Meister, die Solinger Schachgesellschaft, gegen den SV 1830 Hockenheim an. Der Kampf der beiden Spitzenmannschaften, die nach Runde 8 die Ränge zwei und drei in der Tabelle einnahmen, versprach ein spannender Leckerbissen zu werden.
Doch die Herbert-Scheidt-Schützlinge mussten durch die Absage ihrer beiden Spitzenbretter bereits im Vorfeld einen empfindlichen Schlag einstecken. Anish Giri und Pentala Harikrishna, die in wenigen Tagen an einem Welteliteturnier im chinesischen Shenzhen teilnehmen werden, haben bereits frühzeitig ihren Flug ins Reich der Mitte angetreten.
Dass solche hochkarätigen Elitespieler unersetzbar sind, wusste man natürlich im Lager des Titelverteidigers, als man gegen die topbesetzten Hockenheimer antrat, die lediglich auf Ex-Weltmeister Anatoli Karpow verzichteten.
Dennoch stand nominell ein etwa gleicher Kampf bevor, lediglich an den Brettern 5 und 8 wiesen die Hockenheimer einen Elo-Vorsprung von 70 bis 80 Punkten auf, doch sollte dies nicht sonderlich ins Gewicht fallen, zumal die Solinger an Brett 7 ihrerseits einen Vorsprung von etwa 70 Punkten aufwiesen.
Relativ schnell endeten die Partien der beiden Spitzenbretter remis, wobei sowohl bei Tomashevsky-Rapport als auch Ragger-Vitiugov eine g3-Variante in der Damenindischen Verteidigung aufs Brett kam.
Evgeny Tomashevsky
Markus Ragger
Während sich an Brett 8 für die Klingenstädter nach einer Eröffnungsungenauigkeit durch Mats Andersen, der mit Weiß gegen Tamas Banusz spielte, ein Stellungsnachteil entwickelte, der immer bedrohlichere Ausmaße annahm, gelang dem Hockenheimer Dennis Wagner an Brett 7 eine schneidige Angriffspartie gegen Großmeister Predrag Nikolić, der einen ganz üblen Tag erwischte und nach 22 Zügen die Waffen strecken musste.
Predrag Nikolic erwischte einen wirklich schwarzen Tag
Der bosnisch-niederländische Großmeister nahm im 14. Zug einen vergifteten Bauern auf g5, auf den er, wie er dem Berichterstatter mitteilte, unbedingt verzichten sollte, denn seine Königsstellung wurde im Nu vollkommen unhaltbar. Der junge Großmeister aus Hockenheim ließ es sich anschließend nicht nehmen, einen sehr sehenswerten Kurzsieg mit Damenopfer abzuliefern, mit dem er seine Mannschaft in Führung brachte.
Das Partieformular eines brillianten Sieges
Nach diesem frühzeitigen und die Moral hebenden Sieg lief es für Hockenheim überall glatt, während der deutsche Meister immer mehr ins Straucheln geriet. Den Rückstand konnte man eigentlich an keinem Brett mehr aufholen, im Gegenteil. Die Weißpartie von Borki Predejović an Brett 4 gegen Rainer Buhmann stand bereits nach der Eröffnung hoffnungslos ausgeglichen, strukturell eher besser für den Hockenheimer Großmeister.
Lediglich die Partien der drei jungen Niederländer Erwin L‘Ami, Robin van Kampen und Jan Smeets boten etwas schwache Hoffnung, das Blatt noch zu wenden.
Robin van Kampen
Allerdings erwies sich diese Hoffnung schließlich doch als eitel, denn der georgische Olympiagoldgewinner Baadur Jobava, der an Brett 3 gegen van Kampen antrat, bewies einmal mehr, warum er beständig dem erweiterten Kreis der Weltelite angehört.
Der für seinen scharfen Stil viel bewunderte Georgier, an dessen Brett sich stets eine große Menschentraube einfand, opferte im Mittelspiel mutig einen Bauern, für den er gewaltige Kompensation erhielt. Jobavas anschließender Schwerfigurenmassierung auf dem Damenflügel konnte van Kampen nichts entgegensetzen und als der Hockenheimer während zunehmender beidseitiger Zeitnot immer mehr Druck aufbaute, platzte dem jungen Niederländer der Kragen und er opferte in der Hoffnung auf Befreiung einen Springer auf d4. Kaltblütig wurde diese Fehlkombination widerlegt und Hockenheim führte mit +2.
Der Solinger Jan Smeets, der an Brett 5 gegen Ivan Sarić die schwarzen Steine führte, verteidigte sich mit einer Russischen Partie, die einen eher ungewöhnlichen Verlauf nahm. Beide Seiten rochierten lang und die Handlung spielte sich überwiegend im Zentrum und auf dem Königsflügel ab, wo Smeets sich einige langwierige Schwächen einhandelte. Die schwierige Stellung wäre möglicherweise zu halten gewesen, aber im 27. Zug unterlief dem Niederländer ein taktischer Bock, der zu partieentscheidenden Materialeinbüßen führte.
L’Amis Versuche, seinen Mehrbauern gegen Csaba Balogh zu verwandeln, den er durch eine Abwicklung in ein Turm-plus-verschiedenfarbige-Läufer-Endspiel erhielt, blieben erwartungsgemäß fruchtlos und die Nachricht, dass Andersen seine Fastverluststellung gegen Banusz überraschend noch ins Remis retten konnte, half den Solingern da auch nicht weiter.
Der vor allem in seiner Höhe überraschende 5,5-2,5-Sieg der Hockenheimer war vollkommen verdient und jederzeit ungefährdet.
Rg. | Team | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | Wtg1 | Wtg2 |
1 | Baden | * | 6 | 5 | 5 | 5 | 5 | 6 | 6½ | 7½ | 6 | 7 | 20 | 59,0 | |||||
2 | Schwaebisch Hall | 2 | * | 4½ | 6 | 4 | 5 | 5 | 7 | 5½ | 5½ | 5½ | 17 | 50,0 | |||||
3 | Solingen | 3½ | * | 2½ | 6 | 5 | 5½ | 5½ | 8 | 6 | 6 | 6½ | 16 | 54,5 | |||||
4 | Hockenheim | 3 | 5½ | * | 3 | 6 | 5½ | 4½ | 6 | 4 | 5 | 6 | 15 | 48,5 | |||||
5 | Muelheim | 2 | 4 | * | 1½ | 4½ | 2 | 4½ | 7 | 5 | 6½ | 5½ | 14 | 42,5 | |||||
6 | Dresden | 3 | 2 | 6½ | * | 4 | 4½ | 4 | 3 | 5½ | 6½ | 7 | 12 | 46,0 | |||||
7 | Bremen | 3 | 3 | 2 | 3½ | * | 4½ | 5 | 5 | 6½ | 6½ | 6½ | 12 | 45,5 | |||||
8 | Hamburg | 3 | 2½ | 2½ | 6 | * | 5½ | 3½ | 5½ | 5 | 5 | 4 | 11 | 42,5 | |||||
9 | Trier | 2 | 4 | 3½ | 4 | 3½ | 2½ | * | 4 | 5 | 5 | 6 | 10 | 39,5 | |||||
10 | Aachen | 1½ | 3 | 2 | 3½ | 3 | 4½ | * | 4½ | 4 | 5½ | 5 | 9 | 36,5 | |||||
11 | Berlin | 3 | 2½ | 4 | 3½ | 4 | 3 | 3½ | * | 5 | 6 | 6 | 8 | 40,5 | |||||
12 | Speyer | 1 | 3 | 5 | 3 | 2½ | 3 | 4 | * | 2½ | 3 | 4½ | 5 | 31,5 | |||||
13 | Griesheim | ½ | 0 | 1 | 1½ | 3 | 3 | 2½ | 3 | 5½ | * | 5 | 4 | 25,0 | |||||
14 | Muenchen | 2 | 2½ | 2 | 3 | 2½ | 1½ | 3 | 2 | 5 | * | 4 | 3 | 27,5 | |||||
15 | Tegel | 2½ | 2 | 2 | 1½ | 1½ | 2 | 3 | 3 | 4 | * | 4 | 2 | 25,5 | |||||
16 | Zugzwang | 1 | 2½ | 1½ | 2½ | 1 | 1½ | 4 | 2 | 3½ | 4 | * | 2 | 23,5 |