Bundesliga: "Teilnahme aus reiner Freude"

von ChessBase
14.12.2009 – Am Wochenende waren die Ruhrvereine Katernberg und Mülheim zu Gast in Berlin. Dabei sorgten die SF Berlin am Samstag gegen Katernberg für einen vor allem auch in der Höhe sensationellen Sieg über Katernberg. Mit 7:1 schickte man die Essener zwar nicht nach Hause, aber immerhin ins Hotel. Am nächsten Tag musste dann Tegel beim 2:6 gegen den gleichen Gegner dafür "büßen". Auch am Vortag gegen Mülheim waren die Tegeler ohne Chance und sind zur Zeit ohne einen einzigen Mannschaftspunkt Träger der roten Laterne. Gegenüber Dagobert Kohlmeyer erläutert Tegel-Chef Manfred Rausch (Bild) das Konzept der "Fahrstuhlmannschaft". "Wir spielen mit Berliner Amateuren aus reiner Freude. Auch so sind die Kosten für jedes Bundesliga-Wochenende für das kleine Vereinsbudget beträchtlich. Nach dem Abstieg erholen wir uns dann eine Zeit lang finanziell in der zweiten Liga." Bericht, Bilder, Ergebnisse...

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Schach im Berliner Norden: „Wir spielen aus reiner Freude“
Von Dagobert Kohlmeyer

Am vergangenen Wochenende war die Hauptstadt wieder Gastgeber von vier spannenden Wettkämpfen in der 1. Schach-Bundesliga. Die beiden Teams SF Berlin und König Tegel empfingen mit Mülheim-Nord (5. im Vorjahr) und Katernberg (11. im Vorjahr) ambitionierte Gegner, die in ihren Reihen u.a. Nationalspieler Daniel Fridman und den deutschen Blitzmeister Klaus Bischoff hatten. Gespielt wurde wie überall am Samstag ab 14 Uhr und am Sonntag ab 10 Uhr. Schauplatz war das Hotel am Borsigturm (Best Western) in Tegel.


Daniel Fridman


Stern gegen Fridman


Daniel Hausrath


Felix Levin


Liwak-Kachibadze

Am Samstag kam es zu zwei deutlichen Ergebnissen. Ein Berliner Team durfte sich gewaltig freuen, das andere steckte eine deftige Niederlage ein. Die Schachfreunde Berlin landeten einen überraschend hohen 7:1-Sieg gegen Katernberg und konnten dadurch wertvolle Punkte im Kampf gegen den Abstieg sammeln.


Igor Glek (Katernberg)


Ilja Schneider (SF Berlin)

Die Tegeler hingegen schafften gegen ersatzgeschwächte Mülheimer nur ein mageres 1,5:6,5. Nach dem Verlauf der einzelnen Partien war für die Nordberliner mehr drin.


Berelovich-Muse

Was Gegenwart und Zukunft seiner „Fahrstuhlmannschaft“ angeht, zeigte sich der Tegeler Vereinsvorsitzende Manfred Rausch ganz realistisch:


Manfred Rausch

„Wir spielen aus reiner Freude in der 1. Bundesliga. Nachdem wir den Aufstieg geschafft haben, nehmen wir diese Chance wahr. Dabei bewegen wir uns im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Ich würde auch aus Prinzip keine anderen Spieler als Berliner einkaufen. Wir zahlen an das Gros der Mannschaft kein Honorar. Das Hotel kam uns als Spielstätten-Sponsor entgegen. Die Internet-Übertragung sowie die elektronischen Bretter kosten auch ihr Geld, da muss man für ein Wochenende etwa 1.000 Euro einplanen. Wir nehmen diese Mittel aus dem kleinen Budget unseres Vereins, aus Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden. Da wir nicht ständig in der 1. Bundesliga spielen, sind die Jahre dazwischen quasi eine finanzielle Erholungspause.“


Carsten Schmidt und Manfred Rausch


Robert Rabiega

Kaum war ein Stunde vorüber, da gab es die erste kleine Sensation. Mit einer Weiß-Niederlage von Klaus Bischoff gegen IM Martin Krämer in nur 20 Zügen hatte an diesem Nachmittag wohl niemand gerechnet. Klaus ist ein Bundesliga-Urgestein und von Beginn an in der höchsten Spielklasse dabei. Viele Jahre spielte er beim FC Bayern, später u.a. bei Tegernsee, derzeit bei Katernberg. Eine Woche zuvor war Klaus zum 11. Mal deutscher Blitzmeister geworden. Der 48-jährige Großmeister zählt diese Titel schon gar nicht mehr, sagte er uns, aber an den ersten erinnert er sich noch gut: „Das war 1981, da diente ich gerade bei der Bundeswehr“.

Hier die Miniatur aus Berlin.


Bischoff gegen Krämer

Bischoff  - Krämer
Berlin 12.12.2009 Damenindisch E12

1.c4 Sf6 2.Sc3 e6 3.Sf3 b6 4.d4 Lb7 5.a3 d5 6.Lg5 Le7 7.Da4+ Dd7 8.Dc2 0–0 9.Td1 dxc4 10.e4 b5 11.g3 Sa6 12.Lh3 b4 13.Se5 De8 14.axb4 Sxb4 15.De2 Sxe4 16.Lxe7 Sxc3 17.bxc3 Sd3+ 18.Sxd3 cxd3 19.Db2 Lxh1 20.Da3 Dc6   0-1

 


Chuchelov

Damit nicht genug der Überraschungen. Schon seit etwa zwei Jahrzehnten in der Bundesliga spielen Igor Glek, Wladimir Chuchelov und Robert Rabiega. Nicht nur Klaus Bischoff, auch diese gestandenen Großmeister verloren am Samstag kurioserweise alle ihre Partien.

SK König Tegel   1½-6½ SV Mülheim Nord 
 1 Rabiega,Rober 0 : 1 Landa,Konstan  5
 2 Stern,Rene    0 : 1 Fridman,Danie  6
 3 Muse,Mladen   0 : 1 Berelovich,Al 10
 4 Von Herman,Ul 0 : 1 Levin,Felix   11
 5 Muse,Drazen   ½ : ½ Hausrath,Dani 12
 9 Sarbok,Torste 0 : 1 Saltaev,Mihai 13
12 Jahnz,Fabian  0 : 1 Schebler,Gerh 14
17 Kachibadze,Ge 1 : 0 Litwak,Alekse 15

 

SF Berlin           7 - 1  SF Katernberg   
 4 Lauber,Arnd   1 : 0 Chuchelov,Vla  2
 5 Polzin,Rainer 1 : 0 Firman,Nazar   3
 6 Kraemer,Marti 1 : 0 Bischoff,Klau  5
 7 Schneider,Ilj 1 : 0 Glek,Igor V    7
 8 Berndt,Stepha ½ : ½ Zaragatski,Il  8
 9 Agopov,Mikail 1 : 0 Thesing,Matth 11
11 Thiede,Lars   1 : 0 Siebrecht,Seb 12
12 Thinius,Marco ½ : ½ Rosen,Bernd   15

 

Das Hotel Am Borsigturm (Best Western) im Berliner Norden bot ein stilgerechtes Ambiente. Zuschauer waren willkommen und der Eintritt frei. Auf der Bundesliga-Webseite wurden die Partien live übertragen. Dafür sorgten Eckhardt Wolkenstein und Christian Eichner vom Team www.liveschach-schau.de. Eine andere Attraktion war der Live-Ticker, um den sich die Schachfreunde Ulrich Geilmann und Wolfram Burckhardt kümmerten. Hier eine kleine Kostprobe vom Sonntag.



Die Internet-Übertragung


Live-Ticker

Aus dem Live-Ticker …

 

Nach dem unerwartet hohen Sieg der Schachfreunde Berlin gegen Katernberg, der selbst die kühnsten Hoffnungen noch übertraf, war die Stimmung beim anschließenden Essen erwartungsgemäß gut, so dass ein gewisser Optimismus auch für den heutigen Kampf gegen die favorisierten Mühlheimer vorherrscht. Interessant entwickelt sich gegenwärtig die Partie von Ilja Schneider gegen Levin, die gerade in eine kritische Phase gekommen ist. Ilja hat einen deutlichen Zeitvorteil, was auf eine gewisse Vorbereitung auf diese Zugabfolge spricht, aber die Wahl der zahlreichen Optionen in dieser komplizierten Stellung fällt nicht einfach.

Soeben hat Rainer Polzin am 2. Brett mit dem Turm auf a2 geschlagen, worauf das naheliegende Sa3 gefolgt ist, was den Gewinn der Qualität mit sich bringen wird (Db3). Andererseits ist sein Damenflügel entlastet und er kann seine Streitkräfte auf den Bauernvormarsch am Königsflügel konzentrieren. Die Frage wird sein, was sich durchsetzen wird. Der Angriff oder der weiße Materialvorteil.

Nach eineinhalb Stunden scheint sich im Kampf Tegel gegen Katernberg ein minimaler Spielvorteil der Katernberger abzuzeichnen. Allerdings wird an einigen Brettern zurzeit Material ins Geschäft gesteckt, besondere Beachtung verdient dabei die Partie Jahnz - Siebrecht. Hier gewinnt Jahnz die Qualität bei einem Minusbauern, allerdings kann Sebastian Siebrecht dadurch seine Stellung offenbar konsolidieren. Ansonsten nichts Neues im Osten…

Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. In hoher Zeitnot gewinnen fast zeitgleich Sebastian Siebrecht (Zitat: "Irgendwann kam der Mattmodus") und Matthias Thesing, die damit die Katernberger in eine komfortable Führung bringen, zumal auch die Partie von Bernd Rosen sehr aussichtsreich gegen die Tegeler Nachwuchshoffnung Georg Kachibadze steht.

Hier ist „Siebis“ Attacke.

Jahnz – Siebrecht

Sizilianisch B22

1.e4 c5 2.c3 g6 3.d4 cxd4 4.cxd4 d5 5.Sc3 dxe4 6.Lc4 Lg7 7.Db3 e6 8.d5 exd5 9.Sxd5 Sf6 10.Lg5 0–0 11.Td1 Sbd7 12.Se2 a6 13.0–0 b5 14.Sxf6+ Lxf6 15.Ld5 Tb8 16.Lf4 Tb6 17.Le3 De7 18.Lxb6 Sxb6 19.Sc3 e3 20.fxe3 Le5 21.Lf3 Le6 22.Sd5 Sxd5 23.Lxd5 Dh4 24.h3 Lxh3 25.Txf7 Lh2+ 26.Kh1  

26...Lg4 27.Tf4+ Kg7 28.Txg4 Dh5 29.Lf3 Txf3 30.Dc3+ Le5+ 0-1

Am Sonntagnachmittag notierte Schiedsrichter Uwe Bade, der seit 1990 etwa 80 Kämpfe in der Schach-Bundesliga geleitet hat, dann diese Ergebnisse:

SV Mülheim Nord  5 - 3 SF Berlin
 5 Landa,Konstan ½ : ½ Lauber,Arnd    4
 6 Fridman,Danie 1 : 0 Polzin,Rainer  5
10 Berelovich,Al 1 : 0 Kraemer,Marti  6
11 Levin,Felix   ½ : ½ Schneider,Ilj  7
12 Hausrath,Dani ½ : ½ Berndt,Stepha  8
13 Saltaev,Mihai ½ : ½ Agopov,Mikail  9
14 Schebler,Gerh ½ : ½ Thinius,Marco 12
15 Litwak,Alekse ½ : ½ Abel,Dennes   17
 
SF Katernberg    6 - 2 SK König Tegel  
 2 Chuchelov,Vla 0 : 1 Rabiega,Rober  1
 3 Firman,Nazar  1 : 0 Stern,Rene     2
 5 Bischoff,Klau ½ : ½ Muse,Mladen    3
 7 Glek,Igor V   1 : 0 Von Herman,Ul  4
 8 Zaragatski,Il ½ : ½ Muse,Drazen    5
11 Thesing,Matth 1 : 0 Sarbok,Torste  9
12 Siebrecht,Seb 1 : 0 Jahnz,Fabian  12
15 Rosen,Bernd   1 : 0 Kachibadze,Ge 17

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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