Carlsen gewinnt Clutch Chess International

von André Schulz
15.06.2020 – Das Finale des Clutch Chess Champions Showdown International zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana war eine knappe Angelegenheit. Vor der letzten Partie führte Caruana, doch dann mobilisierte Carlsen alle Reserven. | Foto: St. Louis Chess Center

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Mit Magnus Carlsen und Fabiano Caruana bestritten die aktuelle Nummer eins und Nummer zwei der Weltrangliste das Finale des Clutch Chess Champions Showdown International. Diese beiden Spieler kämpften vor zwei Jahren in London um den Weltmeistertitel, lieferten sich einen Kampf auf Augenhöhe und am Ende entschied Magnus Carlsen den Stichkampf mit Schnellpartien klar für sich. Sollte es noch einmal zu einem WM-Kampf zwischen Carlsen und Caruana kommen - der WM-Kampf scheint einigermaßen fest für für Ende des Jahres in den Vereinigten Arabischen Emiraten geplant zu sein, vorher muss allerdings noch das Kandidatenturnier zu Ende gespielt werden -, dann kann sich Carlsen nicht so sicher sein, dass er Caruana erneut bei kurzen Bedenkzeiten so dominieren würde. Der US-Großmeister hat auch auf den kurzen Distanzen aufgeholt, dass zeigen die jüngsten Online-Turniere und das beweist auch das Finale des St. Louis. Am Ende steht Magnus Carlsen an der gewohnten Stelle des virtuellen Siegertreppchen, aber es war sehr knapp und es war sehr umkämpft. 

Den ersten Tag beendeten die Spieler mit einem Unentschieden 4:4. Der Wettkampftag verlief völlig symmetrisch: Die ersten beiden Partien endeten remis. Von den zwei Partien mit normaler Wertung gewann jeder Spieler eine und von den beiden Partien mit doppelter Wertung ebenfalls, wobei der Weltmeister jeweils vorlegte und Caruana nachzog.

Der Verlauf zweiten Wettkampftages folgte ganz genau dieser Ergebnis-Choreographie, mit einem entscheidenden Unterschied. Magnus Carlsen gewann nämlich gleich die erste Partie.

Nach Beginn mit der Rossolimo-Variante hatte Carlsen am Königsflügel eine Druckstellung erhalten, die er weltmeisterlich ausbaute:

 

25.Tae1 e4 26.dxe4 Se5 27.Le6 Sd3 28.Lf5 [28.Tf1 Sxf2 29.Tfxf2 Txg3] 28...Sxe1 29.Txe1 Td3 30.f4 Dxg3 31.Dxg3 Txg3+ 32.Kf2 Td3 33.Ke2

 

33... c4 [Gut, dass es diesen Deckungszug gibt. Sonst wäre der Turm gefangen.] 34.Tg1 Tf6 35.Tg4 d5 36.a5 b6 37.axb6 Txb6 38.b4

38... cxb3 [Ein weiterer Kraftzug.] 39.Kxd3 b2 40.Txg6+ Txg6 41.Kc2 Tb6 42.Kb1 Kf6 43.Lh7 dxe4 44.Lxe4 a5 45.Lc2 Ke6 46.c4 Kd6 47.f5 Kc5 48.f6 Txf6 49.Kxb2 Kxc4 [Ohne den a-Bauern wäre es remis. Deswegen hat Carslen, dafür gesorgt, dass es ihn noch gibt.]

 

50.Lh7 Tf8 51.Le4 Te8 52.Lg6 Te7 53.Lh5 Kb4 54.Lf3 Td7 55.Lg4 Td2+ 56.Kb1 Td6 57.Kb2 a4 58.Lh5 a3+ 59.Kb1 Td7 60.Lg6 Td1+ 61.Ka2 Td2+ 62.Kb1 a2+ 63.Ka1 Ka3 64.Lc2 Te2 65.Ld1 Tg2 0–1

In der 9. Partie kopierte Carlsen mit Schwarz seinen Aufbau gegen Caruanas Rossolimo-Variante.

 

Aber am Ende mit weniger Erfolg. Diesmal war es Weiß, also Caruana, der als Erster am Königsflügel in Stellung ging.

 

Carlsen verstopfte hier die lange Diagonale mit 26...Te5. Caruana nahm die Qualität weg und führte seinen Materialvorteil zum Sieg, musste aber gegen den besonders in der Verteidigung sehr quirligen Carlsen noch einige Arbeit verrichten.

In der zehnten Partie profitierte Carlsen im Endspiel von einer Nachlässigkeit seines Gegners.

 

44... f5? [Der entscheidende Fehler. Schwarz lässt Turmtausch und den Übergang in ein verlorenes Läuferendspiel zu. 44...Ta4 45.Tb4 Ta3+ 46.Kd4 Lc6 mit gleichem Spiel.]

45.Tb4 Txb4 46.Kxb4

 

46... Kb6 [Nach 46...f4 kommt Schwarz in Zugzwang: 47.Kb5 Lc6+ 48.Kc5 La8 49.Lb5 Kb8 50.Kb6 Kc8 51.a7] 47.Lxf5 Kxa6 48.Kc5 Ka5 49.Le6 d4 50.Kxd4 Lc6 51.Ke5 Lb5 52.Kf6 Lf1 53.Kxg5 Lxg2 54.f4 Kb6 55.Kxh4 Kc5 56.Kg5 Kd6 57.Kf6 1–0

In der 11. Partie wurde dann erneut der "spanische" Aufbau gegen die Rossolimo-Variante diskutiert und ein zweites Mal gewann Caruana diesen Disput.

 

35.Sb8 [Springerstampede im Schwarzen Lager. Schwarz muss hilflos zusehen.] Dd8 36.Sxa6 Lxd5 37.Sc7 Lb7 38.Sxe8 Te7 39.Dxb7 Txb7 40.Sed6 Sf8 1–0

Da diese Partie, wie die folgende auch drei Punkte für den Sieg zählte, musste Carlsen nun Gas geben. Und das machte er auch. Mit den weißen Steinen überrollte er Caruana in einer wilden Englischen Partie förmlich.

Carslen-Caruana, 12. Partie

1.c4 e5 2.Sc3 Sf6 3.g3 Lb4 4.e4 Lxc3 5.bxc3 0–0 6.f3 b5 7.d4 exd4 8.cxd4 bxc4 9.e5 Sd5 10.Lxc4 Lb7 11.Sh3 d6 12.0–0 Sd7 13.Te1 dxe5 14.dxe5 S7b6 15.Lb3 De7

 

16.e6 fxe6 [Das hässliche 16...f6 war nötig] 17.Sg5 Tf6 [17...Lc8 18.Dd3 g6 19.h4 und Weiß ist Chef auf dem Platz.] 18.Dc2 Tg6 [Geboten war 18...g6]

 

19.Txe6 Dxe6 [19...Txe6 20.Dxh7+ Kf8 21.Dh8#] 20.Sxe6 Txe6 21.Lb2 Tae8 22.Ld4 [Die Partie ist gelaufen.] 22...Kh8 23.Df5 Lc8 24.Dh5 c5 25.Lxc5 Te5 26.Df7 Lh3 27.Lf8 Te1+ 28.Txe1 Txe1+ 29.Kf2 Tf1+ 30.Ke2 Sc3+ 31.Kd3 1–0

And the winner is... - wieder einmal: Magnus Carlsen.

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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