Ein gut gelaunter Fabiano Caruana sprach gestern in seinem Video-Podcast C-Squared mit Cristian Chirila über das Clutch Chess Turnier in Saint Louis, die neue Total Chess Weltmeisterschaft in Norwegen und teilte dann seine Beobachtungen zum World Cup. „Der World Cup ist mein Lieblingsturnier“, sagte Caruana, „sowohl zum Zuschauen als auch zum Spielen. Es gibt unglaublich viele Partien, spannende Eröffnungen, enge Matches und viele Tiebreaks. Aber die erste Runde ist selten wirklich interessant. Die meisten Matches sind recht einseitig.“ Doch es gibt auch Ausnahmen. Caruana wies auf den Erfolg des zwölfjährigen Faustino Oro hin, der in Runde eins nach spannendem Kampf im Tiebreak den favorisierten Ante Brkic ausschaltete.
„Ich kann mich kaum erinnern, dass ein so junger Spieler im World Cup mitgespielt hat, geschweige denn die erste Runde überstanden hat. Brkic ist immerhin ein Großmeister, der in seiner besten Zeit um die 2650 lag. Das war ein enges Match, aber der Junge hat gezeigt, was er kann“, meinte Caruana.
In Runde zwei bot Faustino Oro auch dem nominell deutlich stärkeren Vidit lange Paroli: „Vidit ist über 2700 Elo, ein erfahrener Spieler, war schon bei den Kandidatenturnieren, gewann das Grand Swiss – ein Weltklassespieler. Dass Faustino da mithalten kann, ist beeindruckend“, urteilt Caruana. „Faustino ist wirklich stark – daran gibt’s keinen Zweifel.“
Das Aus von Wesley So kam für Caruana sehr überraschend: „Das war wirklich schockierend“, sagte er. „Wesley spielte gegen einen recht unbekannten Gegner, und alles lief gut … bis zu einem einzigen Zug. Danach war das Match praktisch vorbei. Wesley übersah eine taktische Drohung seines Gegners und verlor sofort Material. Und später gibt er in einer Remisstellung auf.“
Eine weitere große Überraschung war das Ausscheiden von Ian Nepomniachtchi: „Ein riesiger Fehler mit den weißen Figuren aus der Eröffnung heraus. Er hat den Läufer auf a6 vergessen. Dann hat er im Grunde versucht, sich irgendwie im Spiel zu halten, und Ghosh hat ihn einfach auseinandergenommen. Er hat sehr gut gespielt, seinen Vorteil genutzt und ihn ausgeschaltet.“
Caruana meinte weiter: „Nepo hat sich hinterher über die Bedingungen beschwert. Ich habe auch von anderen Teilnehmern gehört, dass das Hotel nicht im besten Zustand ist. Ich will keine Namen nennen, aber einige berichteten, dass es sogar Bettwanzen geben soll.“
Zum Ende des Gesprächs ließ sich Caruana auch zu einer Prognose für die möglichen Sieger des World Cups bewegen. Caruana sah Levon Aronian als einen möglichen Gewinner, weil Aronian das Format schon zweimal gewonnen hat. Dann war sein Geheimtipp Peter Leko. „Leko ist ein ganz Großer“, meinte Caruana. Er ruderte dann aber etwas zurück, als ihm auffiel, dass Leko auf dem Weg ins Finale bald auf Arjun Erigaisi treffen würde. Auch Richard Rapport räumte Caruana gute Chancen ein, denn Rapport sei derzeit in guter Form. Schließlich nannte Caruana aber doch Vincent Keymer und Arjun Erigaisi als seine Top-Favoriten. Und am Ende: „Ich entscheide mich für Vincent. Er will diesen Kandidatenplatz. Er hat ihn beim Grand Swiss nur knapp verpasst. Ich denke, er hat gute Argumente dafür, dass er es verdient hat, und das wird ihn antreiben. Also werde ich Vincent wählen, weißt du … Oder vielleicht doch …“