Champions Chess Tour Finale: Carlsen besiegt Nepomniachtchi und sichert sich den Titel

von Stefan Liebig
21.12.2024 – Mit seinem ungefährdeten 4:1-Finalsieg gegen Ian Nepomniachtchi sicherte sich Magnus Carlsen den Titel in den Champions Chess Tour Finals 2024 in Oslo. Wieder einmal war der Turniersieger zu stark für seinen langjährigen Konkurrenten. | Fotos: Chess.com/Maria Emelianova

ChessBase 18 - Megapaket ChessBase 18 - Megapaket

Das Wissen, das Du jetzt brauchst!
Die neue Version 18 bietet völlig neue Möglichkeiten für Schachtraining und Analyse: Stilanalyse von Spielern, Suche nach strategischen Themen, Zugriff auf 6 Mrd. LiChess-Partien, Download von chess.com mit eingebauter API, Spielervorbereitung durch Abgleich mit LiChess-Partien, eingebaute Cloud-Engine u.v.m..

Mehr...

Die beiden überraschend souveränen Halbfinalsieger Magnus Carlsen (3,5:1,5 gegen Maxime Vachier-Lagrave) und Ian Nepomniachtchi (3,5:0,5 gegen Alireza Firouja) trafen im Finale der diesjährigen Champions Chess Tour in Oslo aufeinander. Die beiden Experten für kurze Bedenkzeiten spielten nach demselben System wie im Halbfinale: Sieger wurde, wer als erstes 3,5 Punkte erreichte. Den Spielern standen jeweils 10 Minuten pro Partie zur Verfügung plus 2 Sekunden Inkrement pro Zug.

Finale: Carlsen gegen Nepomniachtchi

Alle Partien Finale/Halbfinale:

Partie 1

Los ging es mit einer extrem soliden Variante der Tarrasch-Verteidigung des abgelehnten Damengambits, in der Carlsen die weißen Steine führte und gegen den isolierten Damenbauern und das Läuferpaar von Nepomniachtchi kämpfte. 

Liveübertragung des Finals: Tania Sachdev, David Howell und James Canty führten sachkundig durchs Finale.

Eine Partie ganz nach dem Geschmack des Norwegers: Man dachte, er könnte lange kneten und am Ende den Punkt einfahren. So lehnte er im 24. Zug eine dreimalige Zugwiederholung und ein damit verbundenes Remis ab. Doch schon überraschend schnell wickelte Carlsen geschickt in ein gewonnenes Turmendspiel mit Mehrbauern ab, das er mit seiner überzeugenden Technik zum Sieg ummünzte. 

Eröffnungslexikon 2024

Das neue ChessBase-Eröffnungslexikon 2024. Mehr Inhalt. Mehr Ideen.
Das hochaktuelle Eröffnungslexikon ist die umfangreichste Sammlung zur Eröffnungstheorie, mit 7679 Eröffnungsübersichten, allen Beiträgen und Artikeln aus über 200 Ausgaben des des ChessBase Magazin und über 40.000 relevanten Partien zu allen Eröffnungen. In über 80 Videos erklären Experten und Großmeister Eröffnungsideen und zeigen die neuesten Trends. Mit verbessertem Zugriff auf alle Inhalte.

Mehr...

Partie 2

Vor Beginn der zweiten Partie diskutierten die beiden Finalisten noch das Endspiel der ersten Runde. Doch dann begann die nächste Runde mit der italienischen Eröffnung. Zwar überraschte Nepomniachtchi mit einem frühen Läufermanöver, doch Carlsen hatte schnell wieder leicht die Oberhand gewonnen. Dies nutzte er, indem er die Rochade aufschob und zu einem überzeugenden Königsangriff ansetzte. Das weiße Gegenspiel im Zentrum erwies sich als zu harmlos – 2:0 für Carlsen nach einem souveränen, überraschend einfachen Schwarzsieg.

Partie 3

Mit dem Rücken zur Wand entschied sich Nepo mit Schwarz in Partie drei für die Sizilianische Verteidigung. Carlsen wählte – wie im Halbfinale gegen MVL – den Alapin-Aufbau, um die schwarze Dynamik einzudämmen. Im Gegensatz zu Partie 1 spielte Nepomniachtchi in dieser Partie gegen den Isolani von Carlsen, der sich sogar noch die Königsbauern verdoppeln ließ. Der Computer bewertete die Stellung ausgeglichen, doch für die meisten Menschen dürfte die weiße Bauernstruktur bedrohlich geschwächt wirken.

Doch wieder fand der Underdog zwar viele gute Züge, aber nicht den richtigen Dreh, um in einer zum Teil klar gewonnenen Stellung einen durchschlagenden Angriff einzuleiten. Stattdessen endete die Partie nach einem hochklassigen und abwechslungsreichen Kampf mit nur zwei Königen auf dem Brett – 2,5:0,5 für Carlsen.   

Master Class Band 8 - Magnus Carlsen 2.Auflage

Sehen Sie, welche Eröffnungen Carlsen wählt, um seinen Gegner im Mittelspiel strategisch zu überspielen oder ein vorteilhaftes Endspiel zu erhalten.

Mehr...

Partie 4

Klare Ausgangslage vor der vierten Partie: Gewinnt Carlsen mit Schwarz, hat er das Match gewonnenen. Was lässt sich Nepo also einfallen, um seine Aufholjagd zu starten?

Er spielte 1.d4. Carlsen – mit der deutlichen Führung im Rücken – entschied sich für Nimzoindisch und strebte eine symmetrische Stellung an. Zunächst stand er zwar etwas gedrückt, doch durch ...a5 und ...a6 konnte er sich etwas befreien, wenn auch Weiß dank des Läuferpaars dennoch etwas besser stand. Aber Nepo tauschte überraschend schnell die weißfeldrigen Läufer ab, die Stellung war fast ausgeglichen. Carlsen konnte die Stellung weiter vereinfachen und hielt das schwierige Endspiel mit einem Bauern und einer Minute weniger remis – 3:1 für Carlsen.

Partie 5

Zweiter Matchball für Carlsen, jetzt reicht ihm schon ein Remis für den Titel: Wieder 1.d4. Mit ...e6 ging Nepo in die Französische Verteidigung über, die wir zuletzt überraschenderweise zweimal beim WM-Finale zwischen Gukesh Dommaraju und Ding Liren gesehen haben. Schwarz zeigt, dass er auf dem Damenflügel aktiv werden will und treibt den a-Bauern auf die vierte Reihe vor. Carlsen antwortete mit a3 und auf dem anderen Flügel mit h4. Nach der schwarzen Rochade stand der schwarze König dem weißen Angriff fast ohne Figurenunterstützung gegenüber – Spiel auf ein Tor. Diese Chance ließ sich Carlsen natürlich nicht entgehen und überspielte den kopfschüttelnden Gegner problemlos. Der gab nach 23 Zügen auf – Endstand 4:1 für Carlsen, der damit die diesjährige Champions Chess Tour gewonnen hat.

Die Französische Verteidigung - Ein chancenreiches und solides Schwarzrepertoire gegen 1.e4 Band 1 & 2

Dieser zweibändige Videokurs bietet Ihnen ein vollständiges und zuverlässiges Repertoire für Schwarz gegen 1.e4. Erfahren Sie, wie Sie mit der Französischen Verteidigung erfolgreich kontern und Ihre Gegner überraschen können.

Mehr...

Seriensieger Carlsen

Carlsen ist damit der verdiente Sieger dieses Finalmatches, indem er seinem Gegner nur wenige Chancen ermöglichte, die dieser aber nicht zu nutzen wusste. Der Norweger gewann damit das Finale der Champions Chess Tour 2024 in seinem Heimatland und errang somit seinen fünften Champions Chess Tour-Titel in Folge. Carlsen, der der sich über den ersten Preis in Höhe von 200.000 Dollar freuen kann, hat damit jede Ausgabe der Champions Chess Tour seit deren Beginn gewonnen. Es ist sein elfter Turniersieg in diesem Jahr.

Ich denke, dass das Format sehr gut zu mir passt, weil ich meine Gegner in diesen Matches sehr unter Druck setze. Mich in einem Turnier zu schlagen, ist gut möglich, aber mich in einem Match zu schlagen, ist um einiges schwieriger.

Die ersten beiden Partien spielten eine entscheidende Rolle im Match. Carlsen blieb ungeschlagen im Finalmatch. Tatsächlich verlor Carlsen im gesamten Turnier nur zwei Einzelpartien (von 27). Der zweimalige WM-Herausforderer Nepomniachtchi unterlag zu Beginn des Turniers in zwei Matches gegen Carlsen und Firouzja, gewann dann aber die restlichen fünf Matches auf seinem Weg ins Finale. Am beeindruckendsten war sein 3,5-0,5-Erfolg gegen Firouzja im Halbfinale.

Alle Partien Vorrunde

Alle Partien Zwischenrunde

Turnierseite...


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat ihn das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
Diskussion und Feedback Senden Sie Ihr Feedback an die Redakteure