Clutch Chess, Tag 2: Kasparov baut seine Führung aus

von Stefan Liebig
10.10.2025 – Garry Kasparov ist in Form: Am ersten Tag des Show-Events „Clutch Chess – The Legends“ ging Kasparov knapp mit 2,5:1,5 in Front. An Tag 2 baute Kasparov seine Führung im Duell zweier Ex-Weltmeister auf 8,5-3,5 aus. Er gewann sowohl im Rapid als auch im Blitz mit 1,5-0,5. Da die Punkte an Tag 2 doppelt zählten, gewann Kasparov den zweiten Tag mit 6:2. Doch entschieden ist noch nichts: An Tag drei zählen die Punkte dreifach. | Fotos: Lennart Ootes / Saint Louis Chess Club / ChessBase India

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Tag 2 – Kasparov punktet doppelt mit Weiß

Der zweite Tag des Clutch Chess Legends 2025 zwischen Garry Kasparov und Viswanathan Anand brachte spannendes Schach auf höchstem Niveau und zeigte, warum diese beiden Legenden auch Jahrzehnte nach ihren großen WM-Kämpfen noch elektrisieren können. Nach dem recht ausgeglichenen Auftakt am Vortag gelang es Kasparov, seine knappe Führung auszubauen und sich ein komfortables Polster für den Finaltag zu sichern. Anand kämpfte beherzt, wurde jedoch mehrfach von Zeitnot und kleinen Ungenauigkeiten ausgebremst. Er muss die Hoffnung aber nicht ganz aufgeben, denn am Finaltag geht es um drei Punkte je Spiel.

Ein Fan will die Gelegenheit nutzen und sich das Fischer-Buch aus Kasparovs „Predecessor“-Reihe signieren lassen. | Foto: Lennart Ootes / Saint Louis Chess Club

Garry Kasparov ist nicht nur einer der besten Schachspieler der Welt, er ist auch ein ausgezeichneter Schachtrainer. Im Rückblick auf seine Karriere zeigt der 13. Weltmeister eine Auswahl seiner besten Partien - mit auch heute noch verblüffenden Ideen

Runde 5 und 6 – Schnellschach

Der Tag begann mit einem wahren Drama in der fünften Partie. Anand kam mit Weiß gut aus der Eröffnung, kontrollierte das Zentrum und setzte Kasparov positionell unter Druck. Besonders eindrucksvoll war, wie er mit ruhiger Hand seine Figuren harmonisch entwickelte und Raumvorteil aufbaute. Doch dann geschah das Unerwartete: In einer komplizierten Stellung, in der er klar die Oberhand hatte, ließ Anand seine Uhr ticken – zu lange. Ein Moment der Unachtsamkeit genügte, und die Bedenkzeit lief ab. Ein bitterer Verlust, denn inhaltlich war diese Partie wohl Anands stärkste des Tages. Für Kasparov hingegen war es ein Geschenk, das er sofort dankend annahm. Mit einem Punkt mehr und neuem Selbstvertrauen ging der 13. Weltmeister in die nächste Runde. Er analysiert den Spieltag mit Sagar Shah und sagt, er fühle sich schuldig:

Als Viswanathan Anand auf der europäischen Schachbühne erschien, hatte er in Indien schon einige Erfolge erzielt, die indischen Jugendmeisterschaften und als Jugendlicher auch die Landesmeisterschaften der Erwachsenen gewonnen. Mit gerade einmal 14 Jahren wurde Anand 1984 für die Schacholympiade in die indische Nationalmannschaft berufen. 1987 wurde er Juniorenweltmeister, 1988 verlieh die die FIDE dem 19-jährigen den Titel eines Großmeisters.

In dieser sechsten Partie zeigte sich Kasparov in seiner typischen, pragmatischen Form. Er vermied große Risiken, spielte solide Eröffnungszüge und hielt die Stellung stets unter Kontrolle. Anand versuchte zwar, in der Mitte Gegenspiel zu entwickeln, doch Kasparov ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Nach einer längeren Abtauschphase verflachte die Partie in ein ausgeglichenes Endspiel, und ein Remis war die logische Folge. Für Anand bedeutete das zumindest eine kleine Erholung, doch der Rückstand blieb bestehen.

GM Leinier Dominguez Perez analysiert die Partien live für die Zuschauer. | Foto: Lennart Ootes / Saint Louis Chess Club

Runde 7 und 8 – Blitzschach

Mit den Blitzpartien – den Runden sieben und acht – änderte sich das Tempo, und Kasparov blühte regelrecht auf. In der ersten Blitzpartie profitierte er von einem kleinen Fehler Anands, der eine taktische Wendung übersah. In kaum zwanzig Zügen war die Partie vorbei – ein Musterbeispiel für Kasparovs legendäre Fähigkeit, kleinste Ungenauigkeiten des Gegners sofort zu bestrafen. Die Geschwindigkeit, mit der er den Vorteil verwertete, erinnerte an seine Glanzzeiten in den 1990er-Jahren.

Zwei wahre Schachlegenden in Aktion: Viswanathan Anand und Garry Kasparov. | Foto: Lennart Ootes / Saint Louis Chess Club

Die zweite Blitzpartie verlief deutlich ausgeglichener. Anand, sichtbar bemüht, den Tag nicht mit einem weiteren Verlust zu beenden, spielte konzentriert und hielt die Stellung lange stabil. Kasparov drückte im Mittelspiel, suchte nach Wegen, den König seines Gegners zu belagern, fand jedoch keinen klaren Durchbruch. Hier die Analyse von GM Karsten Müller zu dieser Partie:

Nach einer Stellungswiederholung einigten sich beide auf Remis – ein versöhnlicher Abschluss für Anand, der aber dennoch mit einem spürbaren Rückstand in den Schlusstag geht. Mit 8,5 zu 3,5 Punkten hat Kasparov nach zwei Tagen ein deutliches Übergewicht. Er wirkte über weite Strecken ruhiger, fokussierter und taktisch wacher. Anand hingegen zeigte, dass sein strategisches Verständnis nach wie vor herausragend ist, doch gerade in Zeitnot gerät er häufiger in Bedrängnis. Die Partien zeigten, wie sehr psychologisches Momentum in solchen Schnellschachformaten zählt – ein früher Fehler oder ein unerwarteter Sieg kann ganze Dynamiken kippen.

Finale – Tag 3

Der dritte und letzte Tag des Matches verspricht dennoch Spannung pur. Durch die spezielle Turnierregel, dass die Partien am Schlusstag dreifach gewertet werden, ist selbst ein deutlicher Rückstand noch aufzuholen. Ein einziger Sieg kann plötzlich drei Punkte einbringen, ein Unentschieden gewinnt an Gewicht. Damit bleibt der Wettbewerb bis zuletzt offen, und selbst Kasparovs komfortabler Vorsprung könnte sich als trügerisch erweisen.

Doch so reizvoll diese Regelung für Zuschauer und Dramaturgie auch ist – sie birgt auch eine gewisse Problematik. Wer über zwei Tage hinweg konstant stärker spielt, könnte am Ende durch ein einziges unglückliches Ergebnis im entscheidenden Moment alles verlieren. Die dreifache Punktewertung sorgt zweifellos für Spannung, doch sie verschiebt den Fokus von langfristiger Leistung hin zu kurzfristigen Momenten. Ein spektakuläres Finale ist damit garantiert – aber die Frage bleibt, ob am Ende wirklich der bessere Spieler gewinnt oder einfach derjenige, der im entscheidenden Moment den glücklicheren Tag erwischt. Die Antwort wird in Kürze geliefert ...

Auf dieser DVD geht ein Expertenteam Kasparovs Spiel auf den Grund. In über 8 Stunden Videospielzeit beleuchten die Autoren Rogozenko, Marin, Reeh und Müller vier wesentliche Aspekte von Kasparovs Spielkunst: Eröffnung, Strategie, Taktik und Endspiel.

Alle Partien:

Interview mit Garry Kasparov nach Tag 2:

Interview mit Viswanathan Anand nach Tag 2:

Drei Tage, zwölf Partien - die Regeln:

Der Saint Louis Chess Club eröffnet im Oktober sein auf 30.000 Quadratmeter erweiterten Campus mit einem Monat voller Schachevents. Den Auftakt macht Clutch Chess: The Legends, ein dreitägiger Wettkampf zwischen Vishy Anand und Garry Kasparov.

Nach der Renovierung verfügt der Schachclub jetzt über einen eigens gebauten Turniersaal, ein Restaurant mit Schachmotiven und modernste Übertragungstechnik.

Im Gespräch mit einem prominenten Zuschauer: Garry Kasparov trifft Fabiano Caruana. | Foto: Lennart Ootes / Saint Louis Chess Club

Der Wettkampf geht über 12 Partien Chess960, gespielt werden abwechselnd Schnell- und Blitzpartien. Sechs der zwölf Partien (Runden 1, 2, 5, 6, 9 und 10) sind Schnellpartien (25+10), die anderen sechs sind Blitzpartien (5+3). Pro Tag stehen vier Partien auf dem Programm.

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Im Jahr 2004 nahm der 13. Schachweltmeister Garry Kasparov einen Bestseller-Videokurs über das Damengambit auf. Nun veröffentlicht ChessBase diesen zeitlosen Klassiker im modernen ChessBase Media-Format - komplett mit brandneuen Trainingsfunktionen. Entdecken Sie ein Meisterwerk der Schachlehre neu!
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Der Preisfonds beträgt $144,000, das nach dem sogenannten "Clutch"-System aufgeteilt wird, das bereits früher in Saint Louis zum Einsatz kam. Siege am ersten Tag sind einen Punkt und 1.000 Dollar wert, am zweiten Tag zwei Punkte und 2.000 Dollar und am dritten Tag drei Punkte und 3.000 Dollar. Bei Unentschieden werden die Punkte geteilt, aber das Preisgeld wird nicht ausgeschüttet, sondern in den folgenden Partien verteilt, in denen es dann um entsprechend mehr geht.

  • 8. Oktober – 1 Punkt für einen Sieg, ½ Punkt für ein Unentschieden
  • 9. Oktober – 2 Punkte für einen Sieg, 1 Punkt für ein Unentschieden
  • 10. Oktober – 3 Punkte für einen Sieg, 1½ Punkte für ein Unentschieden

Dieses Format sorgt dafür, dass kein Vorsprung jemals sicher ist, da sich die Spieler nicht nur an wechselnde Stellungen und Zeitkontrollen anpassen müssen, sondern auch an die zunehmende Bedeutung jeder Partie. Es ist möglich, dass ein Spieler, der zur Halbzeit zurückliegt, sich wieder erholt und das Match mit einem starken Finish gewinnt.

1995: Anand unterliegt Kasparov im Kampf um die Schachkrone. | Foto: ChessBase India

Clutch Chess: The Legends ist ein Wiedersehen zweier Weltmeister, deren Rivalität eine Ära geprägt hat. Kasparov und Anand trafen zwischen den 1990er- und frühen 2000er-Jahren mehrfach aufeinander und haben 1995 in New York einen Wettkampf um die Weltmeisterschaft gespielt – Kasparov gewann 10,5-7,5 (+4, =13, -1).

Saint Louis Chess Club


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat ihn das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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