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Die Netflix-Serie "The Queen's Gambit", deutsch "Damengambit", wurde im letzten Jahr zurecht gefeiert. Wahrscheinlich ist es die beste Verfilmung zum Thema "Schach", die jemals gemacht wurde. Die Serie spielt in den 1960er Jahren und ist bis ins kleinste Detail liebevoll ausgestattet. Die üblichen Fehler in Schachverfilmungen wurden dank fachkundiger Beratung – unter anderem von Garry Kasparov – vermieden und für die Präsentation von Blitzpartien setzte man ein Handdouble ein – die deutsche WIM Filiz Osmanodja erledigte diese Aufgabe natürlich fachgerecht, so wie es Schachspieler von Blitzturnieren kennen.
Die vielseitige Hauptdarstellerin Anya Taylor-Joy verkörperte die Figur der Beth Harmon auf herausragende Weise und schaffte es, die Spannungsbögen des Schachspiels, von Triumph bis zur enttäuschenden Niederlage, überzeugend auf ihrem Gesicht abzubilden.
Es ist eine grandiose Serie, die bei Nicht-Schachspielern, Schachspielern und Kritikern gleichermaßen gut ankam und bis dahin zur meist gesehenen Netflix-Serie aller Zeiten wurde, mit vielen Millionen Zuschauern in der ganzen Welt.
Die Serie basiert auf dem Roman "The Queen's Gambit" von Walter Tevis. Tevis hatte ein bewegtes, nicht ganz einfaches Leben, und hat in diesem Roman seine Beobachtungen der Schachszene in Lexington, Kentucky, der späten 1970er Jahre verarbeitet. Er selber hat sich mit mäßigem Erfolg eine Zeit lang im Schach versucht und konnte die typischen Protagonisten der Szene aus nächster Nähe beobachten. Seinem Roman war allerdings kein großer Erfolg beschieden und kein deutscher Verlag machte sich die Mühe, ihn übersetzen zu lassen.
Der Roman "Queen's Gambit" zeigt in dieser Hinsicht auffällige Parallelen zu früheren Romanen von Walter Tevis, die alle ungefähr die gleiche Rezeptionsgeschichte hatten. Sie waren nicht besonders erfolgreich, dann wurden sie grandios verfilmt und infolge dessen wurden auch die Literaturvorlagen zu Bestsellern. Tevis schrieb die Vorlagen zu "Haie der Großstadt" (The Hustler, 1959, verfilmt mit Paul Newman 1961), "The Man, who Fell to Earth" (1963, von Nicolas Roeg mit David Bowie 1976 verfilmt) und "Die Farbe des Geldes" (1984, von Martin Scorsese mit Paul Newman und Tom Cruise 1986 verfilmt). "Haie der Großstadt" und "Die Farbe des Geldes" haben das Billard-Spiel zum Thema, einer weiteren Leidenschaft von Walter Tevis. Während "Die Farbe des Geldes" recht schnell seinen Weg zum Film fand, musste das 1983 erschiene "Queen's Gambit" lange warten, fast 40 Jahre. Und ebenso lange dauerte es, bis eine deutsche Übersetzung erschien.
Johannes Fischer, der Chefredakteur der englischen ChessBase-Nachrichtenseite, ist als Anglist ein großer Kenner der englisch-sprachigen Literatur, besonders natürlich auch der Schachliteratur, und hat seinerzeit auch "The Queen's Gambit" gelesen. So richtig begeistert war er vom Original allerdings nicht und fand die an sich interessante Geschichte etwas "sperrig" erzählt. Vielleicht ist das das Geheimnis hinter den holprigen Rezeptionsgeschichten. Vielleicht war Walter Tevis, 1984 an Lungenkrebs verstorben, ein Mann mit dem Gespür für gute Geschichten, der diese dann aber nicht wirklich adäquat erzählen konnte. Andere haben seine Geschichten aufgegriffen, in ein anderes Medium übertragen und dort dann die ganze Kraft dieser Geschichten entwickelt. Vielleicht ist das aber auch Unsinn und Walter Tevis fand einfach nicht die Anerkennung, die er verdient hätte.
Nun ist beim Schweizer Diogenes Verlag eine deutsche Übersetzung von "The Queen's Gambit" erschienen, von Gerhard Meier übersetzt.
Jeder, der sich einmal damit beschäftigt hat, weiß, dass mit einer literarischen Übersetzung etwas Neues entsteht, mit dem Original natürlich eng verbunden. 1:1-Überstzungen sind nicht möglich, da jede Sprache ihren eigenen Kosmos in Sprachgewohnheiten, Geschichte und Kultur bildet. Manchmal ist es schwierig oder unmöglich, Werke in eine andere Sprache adäquat zu übersetzen, manchmal blüht ein Werk in einer anderen Sprache neu auf.
Dem Übersetzer Gerhard Meier, der vor allem für seine Übersetzungen von Werken aus dem Französischen und Türkischem bekannt ist und für herausragende Übersetzungen ins Deutsche vom Deutschen Literaturfonds 2014 mit dem Paul Celan Preis gewürdigt wurde, ist offenbar eine sehr gute Übersetzung gelungen. Mancher Leser findet die deutsche Version des Romans nun sogar besser als die Netflix-Serie.
Das will allerdings etwas heißen.
Walter Tevis: Damengambit
Diogenes Verlag, Gebunden, 416 Seiten, 24 Euro